#21
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Ich bin heute wieder ziemlich mutlos.
Eigentlich will ich überhaupt nicht mehr. Egal was.
 
Ich bin schwere Zweckpessimistin und schon öfters positiv überrascht worden. Aber ich glaube nicht daran, dass meine Mutter irgendwann wieder normal wird sprechen können. Ich kann es nicht glauben, weil ich sie in ihrer Hilflosigkeit sehe, wie sie sich schämt, es vor mir und meiner schwester zu versuchen. Meine Mutter ist Lehrerin für ENglisch und Religion, Sprache ist ihre Leidenschaft und ihr Lebeninhalt gewesen. Sie liebte Gedichte und Bücher und solche Dinge. Es ist alles kaputt und es zerreißt mir das Herz sie so zu sehen und dass das alles vorbei ist und nie mehr möglich sein wird. Sie ist jetzt schon traurig und die große Depression wird erst noch kommen wenn man sich so Erfahrungsberichte und Ratgeber ansieht. Sie hat gestern mehrmals versucht uns was zu sagen, weil irgendetwas wohl wichtig war, was wir aber nicht beachtet haben mit der Bezahlung der Reha. Sie hat angesetzt, man sah wie sie sich konzentrierte, aber dann hat sie nur geseufzt und entmutigt den Kopfgeschütttelt weil einfach nichts rauskam. Hallo sagt sie weiterhin auch ohne dass man es ihr vorsagt, Hanna (den Namen meiner Schwester) konnte sie wiederholen und wollte dann selbstständig Lena sagen, es kam aber nur "Lau..." raus und dann hat sie wieder den Kopf geschüttelt. ich kann das wirklich kaum ertragen. Wenn ich bei ihr bin bin ich immer gut gelaunt so gut es geht aber ich muss mich nur kurz abwenden oder nach draußen gehen und mir kommen die Tränen.
#22
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Liebe Lena!
 
Ich kann auch sehr gut nachempfinden, wie es Dir geht. Ich bin zwar "schon" 30, habe aber immer ein sehr intensives Verhältnis zu meinen Eltern behalten und es brach mir das Herz, meinen Vater so hilflos zu sehen (Deutschlehrer und absoluter Bücherwurm) und meine Mutter so unglücklich...
Aber zum Aufgeben ist es noch viel zu früh! Menschen, die ihr Gehirn "fit" gehalten haben, lernen leichter neue Dinge (bestätigte auch unsere Logopädin in der Reha), da hat Deine Mutter also schonmal gute Karten. Frauen lernen sprechen übrigens auch meist besser wieder als Männer. Heißt es.
Weißt Du denn, welche Sorte Aphasie Deine Mutter hat? Es gibt viele verschiedene, Broca- oder Wernicke-Aphasie, dann die schlimmste Version, die globale Aphasie. Die hat meine Papa. Unvorstellbar, dass der Mann, der die tausend Bücher in der Wohnung gekauft hat, jetzt nicht mehr lesen kann...
Aber das Leben geht weiter. Und warum sollte Deine Mutter nicht mehr sprechen lernen?
Ein positives Beispiel zum Aufmuntern: Der Vater meines Freundes hatte mit ca. 50 einen SA, konnte nicht mehr lesen und schreiben, nur schlecht sprechen (Wernicke-Aphasie). Heute merkt man das kein Stück mehr. Er schreibt, liest und spricht ganz normal. Das ganze war viel Arbeit und es hat etwa 3 Jahre gedauert. Aber hey, in drei Jahren ist Deine Mutter 51 - immernoch mitten im Leben!!
Das menschliche Gehirn kann so viel. Und wer sich anstrengt, wird mit viel Geduld wieder einiges erlernen.
 
Ich weiß nicht, ob ich es überlesen habe - aber weißt Du schon, welche Aphasie sie hat? Kann sie lesen oder schreiben?
 
Jedenfalls nicht verzagen, Deine Mutter wird noch viel viel lernen, gar keine Frage!
Und direkt nach einem SA ist die Konzentrationsfähigkeit einfach auch noch nicht so groß. Das wird aber im Laufe der Zeit besser.
 
Viele Grüße und viel Kraft und Geduld!
Ruth
#23
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Mein Vater rief gerade aus dem Krankenhaus an , weil er mit der Logopädin gesprochen hatte und nun draußen stand während sie mit Mama übt.
Also die Logopädin sagt, dass sie sehr begeistert von ihr ist. Dass sie offensichtlich lesen kann ( Karten mit Wörtern den Karten mit entsprechenden Abbildungen  zuordnen kann), auch vieles nachsprechen und verbinden kann. Schreiben ist noch etwas schwer, sie konzentriert sich sehr und schreibt dann Worte nach , aber manchmal macht sie statt einem N ein U, schüttelt dann den Kopf, verbessert es aber es kommt eben immer mal wieder vor. Komplexe Sätze schreiben oder sowas geht nicht, das wär einfach zu viel.
#24
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Hallo Evelyn,
 
nun mal langsam mit den "jungen Pferden". Deine Mutter wird wieder ein selbstständiges Leben erreichen!!! Und auch mit dem Sprechen wird sie zurecht kommen, ist ja gerade erst ein paar Tage her!!!
 
Ich sagte dir bereits, das dauert fast so lange, wie ein Baby braucht, um Sprechen zu lernen.
 
Versucht es mal mit einem Laptop im Spital, vielleich kann sie euch schreiben, was sie ausdrücken will. Ein "Setzkasten" tut es auch. Ein Block und Blei würde sogar eine Therapie bedeuten, um ihren rechten Arm- Hand zu sensibilisieren.
 
Versucht mit ihr zu singen, das können meist Aphasiker, weil dieses Gebiet in einer anderen Hirnregion liegt. Lieder, die sie mit euch gesungen hat, als ihr klein gewesen seid.
 
Also, das Wort "niemehr" streich aus deinem Vokabular.
Wenn Du schon keine Möglichkeit für deine Mutti siehst, wie soll sie da Mut schöpfen!!!
Denk da darüber mal nach.
 
Liebe Grüße Manfred
#25
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Ich find es ein bisschen schwer zu sagen, welche Form der Aphasie das ist. Ich habe mir die Definitionen durchgelesen. Sie versteht uns , je nachdem wie fit oder erschöpft sie ist manchmal auch schnellere und komplexere Sätze. Deswegen ist das mit der globalen Aphasie nicht ganz zutreffend. Allerdings kommt einfach nicht wirklich was aus ihrem Mund raus. Es ist auch noch schwer, da die rechte Gesichtshälfte noch ein bisschen hängt und die Zunge zum Teil noch ein bisschen taub ist (sagt die Logopädin).
 
#26
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@ Manfred:
 
Es ist nicht so, dass ich gar keine Hoffnung habe. Es schwankt und wenn ich bei meiner Mama bin dann bin ich zuversichtlich, versuche sie zu ermutigen und mit ihr zu üben. Wir zeigen ihr alle, dass wir ganz sicher sind, dass sie es schafft. Aber wenn ich dann zuhause ankomme ist das plötzlich wie weggeblasen.
#27
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Hallo Evelyn ;)ich hatte mit 29Jahren einen Hirnschlag ;(erleiden müssen-danach besuchte ich 3 Rehakliniken in 2 Jahren-darunter waren auch unzählige Logopädiestunden-bei meiner Sprachtherapeutin zuhause gab Sie mir ein wenig Eis auf einem Wattestäbchen in den Mund um die bis dahin brachliegenden Nerven im Mund wieder zu aktivieren-es hat erstaunlich gut geholfen-seit meiner letzten Logopädiestunde kann ich wieder Reden wie ein Wasserfall.Gruss vom Odenwald sendet Stephan ;) :)
#28
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Hallo Evelin,
 
nun, du glaubst aber nich wirklich daran, sonst würdest du zu Hause nicht diese Gedanken haben. Glaube uns, deine Mutter wird wieder ein normales Leben führen können, vielleicht nicht so, wie ihr sie kanntet, sie wird "humpelnd" gehen können und mit euch sprechen können, so dass ihr sie versteht.
 
Es braucht Zeit, die sie jede Menge hat, sie ist ja erst 40+!!!
 
Liebe Grüße Manfred
#29
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Hallo Evelyn,
 
das mit der Vorstellung ist wirklich schwer, dass etwas wieder wird, wenn man den Ist-Zustand sieht. Das
hatte ich bei meinem Mann auch. Nimm Dir ein Heft und schreibe jeden Tag auf, wie der Zustand Deiner Mutter
ist, was sie kann, was hinzu kommt. Dann schau nach 1-2 Wochen zurück und dann wirst Du die Fortschritte
sehen und Du wirst denken " ach, da ging das nicht, da ging das noch nicht"!
Wir haben im Bekanntenkreis zwei Frauen, davon war eine die Grundschullehrerin meiner Tochter. Beide hatten
mit Anfang 50 einen sehr schweren Schlaganfall mit Totalausfall der Sprache. Beide sprechen heute wieder ganz
normal, Du würdest es nicht hören. Aber es hat seine Zeit gedauert. Nur bei der einen fehlt der Dialekt, den hat sie nicht mehr neu erlernt, sondern spricht heute astreines Hochdeutsch.
;)
LG Steffi

Wir sind nur zu Besuch auf dieser Welt, also machen wir das Beste draus.....
#30
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Hallo Evelyn & Steffi,
 
ja, das hängt auch mit den Stimmbändern zusammen, die rechte Seite ist ja gelähmt und das muss genau so therapiert werden, wie das Gehen.
 
Wenn das rechte Stimmband nicht schließt, kann kein Ton kommen, deswegen spritzen Ärzte Cholagen in die Stimmbänder wenn da Probleme auftreten.
Nun weiß ich aber nicht, wie das bei Schlaganfall- Patienten ist. Sprecht einmal mit euren Ärzten darüber.
 
Liebe Grüße Manfred

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Manfred_Mader« (11.10.2007, 06:42)
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