Hallo Kathrin,
gute Idee mit deinem Thread. Ich hab eigentlich immer ein schlechtes Gewissen, wenn ich "jammer", weil es mir als Angehörigen eben besser geht als einem Schlaganfall-Erkrankten. Mir hat es in der Krankenhauszeit gut getan, wenn der Neuropsychologe sich Zeit für mich und meine Kinder nahm und einfach nur sagte, dass er verstehen kann, dass es uns schlecht geht. Mehr brauchten wir gar nicht. Kein Mitleid. Einfach nur Verstehen. Es ist absolut nicht hilfreich, wenn irgendjemand das "Leiden" vergleichen will, und einstuft, wem geht es besser, schlechter, wer bewältigt seine Situation besser oder schlechter. Es wird immer Situationen im Leben geben, die der eine mit links bewältigt und die einen anderen völlig am Boden zerstören.
Ich denke, dass es vollkommen richtig ist, wenn du deinem Mannauch klar machst, dass du seine Hilfe brauchst. Mein Mann hat die ersten 1,5 Jahre nach seinem Schlaganfall wegen seiner Hüftverkalkung sehr starke Schmerzen gehabt und im Grunde genommen diese Zeit komplett verloren. Erst nach der Hüft-OP konnte und musste er richtig Gas geben.
Er hatte auch oft den Gedanken, dass er uns nicht zur Last fallen will und daher in ein Pflegeheim will. Ich hab ihn dann auch ganz brutal gefragt, ob er mich und die Kinder wirklich für so mies hält, dass wir ihn so fallen lassen, weil ich eben durch die Therapeuten wusste, dass er noch vieles erreichen kann, natürlich durch sehr viel anstrengende Arbeit. Ich habe das Glück, dass unsere Tochter ihn sehr pragmatisch behandelt, genauso wie die Therapeuten. Wenn er sich beklagt, dass er etwas nicht kann, dann sagt sie einfach:"Na dann musst du das eben lernen!" Er grinst dann und macht. Wir als Ehepartner haben leider das Problem, dass alles, was wir machn und sagen, emotional belastet ist.
Natürlich gibts auch Grenzen. Mein Mann hatte einmal einen Zimmernachbarn, der schon nach 8 Wochen nach seinem Schlaganfall wieder laufen konnte, sich alleine anzog und alleine zur Toilette ging. Er warf meinem Mann dann vor , dass das natürliche Instinkte in jedem Menschen seien, so eigenständig zu sein, Und wer das nicht macht, der will einfach nicht. Ich denke mal, dass dieser Mann auch vor seinem Schlaganfall schon so ein Miststück war. Genauso muss ich oft gegen dumme Bemerkungen von Aussenstehenden angehen, die nicht begreifen, dass ein Schlaganfall nicht nur bedeutet, dass der linke Arm und das linke Bein nicht zu benutzen sind. Mein Mann hat einen Neglect, Wahrnehmungsprobleme, Konzentartions- und Reaktionsschwächen. Wir haben in der hausarztpraxis schon mehrmals eine querschnittsgelähmte Patientin gesehen. Das ist ein ganz anderes Krankheitsbild mit ganz anderen Alltagsproblemen. Aber viele menschen können das nicht unterscheiden.
Ich wünsche euch, dass dein Mann diesmal schneller Fortschritte macht, damit er so einen richtigen Anschub bekommt. Mein Mann hat jetzt nach drei Jahren endlich die Möglichkeit im Laufe dieses Jahres das Laufen am Stock zu lernen. Letzte Woche hat er mit seiner Therapeutin das Hochkommen vom Boden trainiert, da er ja vielleicht mal hinfallen wird. Mit viiiiiel Unterstützung von zwei Therapeuten und Bärenkräften von seiner Seite. Aber er hat in den letzten drei Jahren einige Patienten erleben müssen, die das viel eher und schneller konnten. Er musste jetzt drei Jahre darauf warten. Aber jetzt habe ich endlich mal Gefühl, dass er selber auch mal nach vorne schauen kann.
Schade, dass ihr so weit weg wohnt (in unserer alten Heimat), sonst könnten die beiden sich mal austauschen. Mein Mann kann leider nicht so viel schreiben. lesen geht super, aber fürs Schreiben längerer Texte fehlt im die Konzentration.
lg zaubernuss