#1
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Wie geht es den Pflegenden mit der Pflege ohne absehbares Ende?

Hallo, nachdem ich meinen schwer Schädel-Hirn-Verletzten Mann seit gut 7 Jahren zuhause und alleine pflege, würde es mich doch sehr interessieren, was ihr "Langzeitpflegenden" so für tägliche Erfahrungen damit macht, jeden Tag auf´s Neue die Pflege an euren lieben Angehörigen aufzunehmen, ohne Aussicht auf baldige Genesung und/oder dem traurigen Ableben des Angehörigen und der traurigen Leere danach?

#2
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Hallo, ihr lieben Pflegenden,

nachdem ich diesen Thread eröffnet habe, möchte ich von euch u.a. gerne erfahren, wie ihr euren Langzeit-Pflegealltag so strukturiert und/oder organisiert habt.Welche Hilfen oder Unterstützung habt oder hattet ihr, wer hat euch beigestanden, euch begleitet oder seid ihr ganz alleine so wie ich und möchtet euch einfach nur informieren, wie andere es hinkriegen mit der Langzeit-Pflege. Unter Langzeit-Pflege verstehe ich eine Pflege, die mindestens seit 2-3 Jahren kontinuierlich anhält, oder in der Vergangenheit angehalten hat. So, nun seid ihr dran. Nur Mut und keine falsche Bescheidenheit! Eure Magdalena

#3
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Als ich vor ca. 7 Jahren anfing meinen Ehemann zu pflegen, erkrankte etwa zeitgleich der Lebensabschnittsgefährte meines Schwiegermonsters unheilbar an schwarzem Hautkrebs. Ich kann mich noch gut erinnern, dass mein Schwiegermonster darüber besorgter war, als über den Unfall ihres Lieblingssohnes, der auch darauf wartete, dass sie ihm vielleicht ein bischen beisteht. Dafür hatte die Gute aber keine Zeit. Sie war nur am Jammern und Klagen über die Ärzte, die die Diagnose bei ihrem Partner falsch und zu spät gestellt hatten. Innerhalb eines Jahres nach Ausbruch der Krankheit wurde also der Lebensgefährte zum Pflegefall und meine Schwiegermutter hatte einen Rund-um-die-Uhr- Pflegedienst, nebst Hausarzt, der ihr immer wieder bestätigte, dass sie sich um ihren Sohn nicht zu kümmern bräuchte, der hätte ja eine Altenpflegerin zur Frau, an ihrer Seite.

Jeden Abend rief mich die Schwiegerkuh an und jammerte mir die Ohren voll, wie schlecht es um ihren Schatz bestellt sei. Die Uhrzeit war ihr dabei vollkommen gleichgültig, sie rief auch mitten in der Nacht an, wenn ihr Liebster sich z.B. die Windeln abgerissen hatte und ins Bett pinkelte. Ich muss noch dazuschreiben, dass die Schwester meines Mannes, ihr Tag für Tag hilfreich zur Seite stand und ihr z.B. bei der Pflege und dem "Hausputz" tatkräftig zur Seite stand. Ist ja auch in Ordnung, wenn Angehörige sich um Angehörige kümmern. Nur das Fatale an dieser Geschichte ist, dass in der ganzen Zeit, in dem der LGF meiner SchwieMO  rund um die Uhr Betreuung hatte, ich hier ganz alleine dastand und immer hoffte, dass eines Tages doch die Familie mal für mich und meinen kranken Mann da sein würde. Aber dem war nicht so. Innerhalb eines Jahres verstarb der arme Mann aber nicht zuhause, sondern in einem Hospiz. Danach hörte ich von meiner Schwiegermutter immer nur Ausreden. Sie müsse jetzt trauern, sie müsse jetzt verreisen, um sich was gutes zu tun und ausserdem könne sie mit ihrem schwerbehind. Jungen sowieso nichts mehr anfangen, man könne sich mit dem eh nicht unterhalten. Also war ich die ganze Zeit als es ihr schlecht ging nur ein Mittel zum Zweck.

Nach dieser Erfahrung kündigte ich meiner Schwiegerkuh fristlos und pflege fortan meinen Mann alleine. Dass mein Mann sehr verletzt wurde durch seine eigene Mutter, brauch ich hier nicht extra zu erwähnen.

#4
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Hi Magdalena,

na, alles klar bei dir? Habe deine Nachrichten gelesen, verstehe nicht, warum sich hier so wenig outen, ich meine Angehörige, wie sie eigentlich mit der Situation fertig werden?

#5
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Hallöle Tanjala,

gratuliere ,Du hast jetzt doch hergefunden. Ich hoffe mal, das so nach und nach doch noch Beiträge kommen werden, wenn nicht, ich hab` soviel zu berichten, dass ein Forum allein gar nicht reicht. Wenn ich so daran denke, wen ich schon alles gepflegt habe: meinen Mann, meinen Hund, meine Katzen, wenn sie krank waren, meine Schwiegerkuh, wenn sie "Spunk" hatte, meine Mutter als Kind, wenn sie überlastet mit ihren 7 Kindern und alkoholabhängigen Männern war, meinen Sohn, den ich heute noch psychologisch begleite, ist auch eine Art von Pflege, meine Ex-Nachbarin, die mit 83 Jahren verstarb, ganz allein, weil sie niemanden mehr hatte, etc, etc. Vielleicht wurde mir das Helfen schon in die Wiege gelegt, denn ich habe ab meinem 7. Lebensjahr anderen Menschen immer irgendwie "geholfen". Bin halt eine Helferin, aber so lustig ist das nicht. Ich denke, ich muss immer wieder schauen, dass ich mich selber nicht zu sehr verausgabe, denn das ist die Gefahr beim Helfen. Dann ist frau/mann ganz schnell ein hilfloser Helfer und das bringt keinem was, ausser Frust und Tränen, so wie mir jetzt vor ein paar Tagen wieder voll bewusst wurde.

 

#6
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Liebe Magdalena,

gutes Thema und ich antworte heute abend, wenn ich mit meinen fast 2 Jahren noch im Rahmen liegen und du überhaupt Menschen wie mich meinst, aber ich denke schon.

Micha kommt heute aus dem KH und ich bin heute mittag beschäfigt. Heute abend habe ich mehr Zeit.

LG

Denise

#7
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Mensch Denise,

so wörtlich solltest Du das auch wieder nicht nehmen. Klaro hast Du was zu berichten und wir sind schon gespannt, was Du uns hier zu berichten hast. Lass` Dir Zeit, nicht hudeln, das gibt nur schlampige Kinder. Schönen Abend Dir und Deinem Männe.

LG Magdalena

#8
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Hallo Magdalena, mein Mann ist im Februar 2007 sehr schwer erkrankt, die Ärzte gaben keine 5 Cent für sein Leben. Das erste Jahr war die Hölle. Ich habe allerdings schon in der Klinik, und Reha sehr genau hingesehen, war täglich dabei, habe nach Möglichkeit bei allen Therapien mitgewirkt und habe mir ziemlichh viel angeeignet, was ich zuhause mit meinem Mann umsetze, zusätzlich sind Ergo-, Logo-, Physio- und Lymphtherapeuten mit an Bord. Ab nächste Woche beginnt eine zusätzliche Therapie bei einer Neuropsychologin, von ihr erhoffe ich, das sie meinem Mann die Ängste nimmt. Vormittags habe ich eine Helferin für 3 Stunden, sie deckt fast meine Arbeitszeit ab, ab 11.45 Uhr bin ich mit meinem Mann beschäftigt. Seit Beginn des Jahres habe ich durch den "Familienentlastenden Dienst" einen Studenten, der einmal die Woche für ca 3 - 4 Stunden kommt (in dieser Zeit kann ich Gartenarbeit erledigen, oder auch mal radfahren oder was auch immer). Diese Hilfe wird von der Pflegekasse bezahlt (Zuzahlung jährlich maximal ca 1500 Euro durch die Kasse). Meine Söhne bitte ich nur in ganz seltenen Fällen um Hilfe, sie haben ihr eigenes Leben. Wenn sie kommen, kommen sie gern und sind ungezwungen. Ich möchte das gute Verhältnis nicht mit ständigen Verpflichtungen belasten. Wenn sie sich mit ihrem Vater beschäftigen tun sie es sehr liebevoll und das soll so bleiben.

Ich bin manchmal genau so untendurch und wünschte mir oft wieder ein sorgloses Leben. Nun haben wir kein sorgloses, wir haben ein anderes Leben. Da mein Mann, abgesehen von seiner Angst und sich dadurch nichts zutraut, sehr gut bei den Therapien mitmacht, er auch immer wieder Fortschritte macht, hält mich das auch am Ball. Doch manchmal denke ich - bleibt das jetzt so für den Rest meines Lebens? Mein Mann ist ja auch nicht mehr mein Mann wie er es einmal war, ich vermisse vieles in dieser Hinsicht, im Gegenteil, er schmiegt sich oft an mich wie ein kleines hilfesuchendes Kind. Da kommen einem kaum noch Gedanken an Liebe zwischen Mann und Frau in den Sinn, hier ist nur noch der Beschützerinstinkt gefragt. Keine Ahnung wie weit er noch in den nächsten Jahren (J A H R E N.....) Fortschritte macht, ob wir es schaffen einen kleinen Spaziergang ohne Hilfsmittel zu machen. Vielleicht ist es gut, nicht in die Zukunft blicken zu können. Ich will mich auch nicht beklagen - ich liebe meinen Mann und bin sehr glücklich das er überlebt hat. Aber so ist das ja immer, bekommt man den kleinen Finger, will man die ganze Hand und so geht es wohl allen die hier im Forum schreiben.

Ich hoffe es geht Ihnen wieder besser, schließen Sie einmal kurz die Augen, entspannen Sie kurz und spüren sie  eine ganz liebe Umarmung die ich eben rüberschicke - gute Nacht - helamaus

#9
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Zitat von: helamaus

Hallo Magdalena, mein Mann ist im Februar 2007 sehr schwer erkrankt, die Ärzte gaben keine 5 Cent für sein Leben. Das erste Jahr war die Hölle. Ich habe allerdings schon in der Klinik, und Reha sehr genau hingesehen, war täglich dabei, habe nach Möglichkeit bei allen Therapien mitgewirkt und habe mir ziemlichh viel angeeignet, was ich zuhause mit meinem Mann umsetze, zusätzlich sind Ergo-, Logo-, Physio- und Lymphtherapeuten mit an Bord. Ab nächste Woche beginnt eine zusätzliche Therapie bei einer Neuropsychologin, von ihr erhoffe ich, das sie meinem Mann die Ängste nimmt. Vormittags habe ich eine Helferin für 3 Stunden, sie deckt fast meine Arbeitszeit ab, ab 11.45 Uhr bin ich mit meinem Mann beschäftigt. Seit Beginn des Jahres habe ich durch den "Familienentlastenden Dienst" einen Studenten, der einmal die Woche für ca 3 - 4 Stunden kommt (in dieser Zeit kann ich Gartenarbeit erledigen, oder auch mal radfahren oder was auch immer). Diese Hilfe wird von der Pflegekasse bezahlt (Zuzahlung jährlich maximal ca 1500 Euro durch die Kasse). Meine Söhne bitte ich nur in ganz seltenen Fällen um Hilfe, sie haben ihr eigenes Leben. Wenn sie kommen, kommen sie gern und sind ungezwungen. Ich möchte das gute Verhältnis nicht mit ständigen Verpflichtungen belasten. Wenn sie sich mit ihrem Vater beschäftigen tun sie es sehr liebevoll und das soll so bleiben.

Ich bin manchmal genau so untendurch und wünschte mir oft wieder ein sorgloses Leben. Nun haben wir kein sorgloses, wir haben ein anderes Leben. Da mein Mann, abgesehen von seiner Angst und sich dadurch nichts zutraut, sehr gut bei den Therapien mitmacht, er auch immer wieder Fortschritte macht, hält mich das auch am Ball. Doch manchmal denke ich - bleibt das jetzt so für den Rest meines Lebens? Mein Mann ist ja auch nicht mehr mein Mann wie er es einmal war, ich vermisse vieles in dieser Hinsicht, im Gegenteil, er schmiegt sich oft an mich wie ein kleines hilfesuchendes Kind. Da kommen einem kaum noch Gedanken an Liebe zwischen Mann und Frau in den Sinn, hier ist nur noch der Beschützerinstinkt gefragt. Keine Ahnung wie weit er noch in den nächsten Jahren (J A H R E N.....) Fortschritte macht, ob wir es schaffen einen kleinen Spaziergang ohne Hilfsmittel zu machen. Vielleicht ist es gut, nicht in die Zukunft blicken zu können. Ich will mich auch nicht beklagen - ich liebe meinen Mann und bin sehr glücklich das er überlebt hat. Aber so ist das ja immer, bekommt man den kleinen Finger, will man die ganze Hand und so geht es wohl allen die hier im Forum schreiben.

Ich hoffe es geht Ihnen wieder besser, schließen Sie einmal kurz die Augen, entspannen Sie kurz und spüren sie  eine ganz liebe Umarmung die ich eben rüberschicke - gute Nacht - helamaus

 

#10
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Hallo helamaus,

zunächst einmal wollte ich Dir nur sagen, dass wir uns hier Dutzen, denn wir sitzen doch alle im selben Boot. Leider weiss ich jetzt noch nicht an was genau Dein Mann erkrankt ist, aber das spielt im Moment keine soo wichtige Rolle. Kann Dir nur zustimmen, dass ich oft auch den Eindruck habe, dass mein erwachsener Ehe-Mann, oft in die Rolle des abhängigen Klein-Kindes rutscht und mich dann auch wieder verunsichert damit. Ein Teufelskreis ist das manchmal für mich/uns. Mein Mann ist Schädel-Hirn-verletzt, aber nicht "blöd" wenn ich das mal so salopp formulieren darf und ich denke, dass er es schon sehr genau mitbekommt, was um ihn/uns herum so vor sich geht und doch habe ich ab und zu wieder Zweifel, inwieweit er es denn jetzt tatsächlich genau mitbekommt. Das verunsichert mich schon auch oft. Da ist dann viel Geduld und Feingefühl nötig, um diese Situationen nicht eskalieren zu lassen. Leider habe ich nicht immer die nötige Geduld und das nötige Fingerspitzengefühl um ihm immer und jederzeit gerecht zu werden, aber das kann glaube ich, auch niemand von mir verlangen, denn ich bin ja auch nur Mensch. Die Mann/Frau beziehung zwischen uns ist schon lange in eine gewaltige Schieflage gerutscht, das läßt sich bei so einer Krankheit auch gar nicht vermeiden, denke ich. Diese Krankheit hat in unserer Beziehung eine Art Collateralschaden verursacht, das meine ich jetzt nicht sarkastisch (oder doch?) Ich weiss nicht, wie ich es sonst beschreiben könnte. Jedenfalls ist sehr viel kaputt bzw. verlorengegangen und das nicht nur in unserer Beziehung, sondern sehr wahrscheinlich in den allermeisten Ehen oder Beziehungen, wo die Krankheit halt Regie führt. 

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