#41
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Weißt du, Sepp6, für einen vermutlich doch nicht mehr ganz jungen Mann bist du doch ein bemerkenswert eindimensionales und vor allen Dingen selbstfokussiertes und -gefälliges Geschöpf.

Die grundsätzliche Aussage, man müsse sich nur mal zusammenreißen und dann würde alles schon wieder klappen, so nach dem Motto "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied" ist ja für Schlaganfallopfer nur sehr eingeschränkt gültig und sicher keine umfassende Weisheit, die Betroffenen mit schweren Krankheitsverläufen gerecht wird. Daß diese einfache Rechnung für dich aufgegangen ist, ist zu einem großen Teil Glücksache. wobei ich gerne zugestehen will, daß deine Fortschritte natürlich auch etwas mit deinem starken Willen zu tun haben werden. Aber eben auch mit der Ausgangsposition, der du dich nach deinem Vorfall stellen musstest.

Meine Freundin hatte vor jetzt ziemlich genau zwei Jahren im Alter von gerade mal 31 Jahren eine Hirnblutung, gefolgt von einem schweren Hirninfarkt. Als Folge davon leidet sie unter einer globalen Aphasie und einer rechtsseitigen Hemiparese.

Eines kann ich dir ganz sicher sagen: sie will nicht nur, sie WILLWILLWILL ihre Fähigkeiten zu sprechen und zu laufen und zu lesen und umfänglich zu leben zurückgewinnen, aber allein damit ist es eben nicht getan. Das Gehirn ist so stark geschädigt, daß der Genesungsprozess viele Jahre andauern wird und vielleicht sogar das ganze Leben von Therapien und immer wieder neuen Anstrengungen geprägt sein wird, Dinge zu lernen, die man zuvor wie selbstverständlich beherrscht hat. Und das kostet nicht nur ein paar Monate Kraft, das erfordert, den Willen zum Fortschritt über viele Jahre aufrecht zu erhalten. Es erfordert auch die Fähigkeit, in der Eingeschränktheit genügend Lebensfreude zu finden, um weitermachen zu können und zu wollen. Denn anders als bei dir wird es bei ihr vermutlich nie mehr genau oder zumindest sehr ähnlich wie früher sein.

Sie kann jetzt wieder ca. zweihundert Meter sehr langsam mit einer Krücke gehen, sich halbwegs selbstständig im Rollstuhl bewegen, sehr sehr viele Wörter sprechen (semantisch geht's noch nicht so gut) und auch sonst viel in Ihrem Alltag selbst bewältigen.

Aber ganz ohne Hilfe geht's eben noch nicht. Und ganz ohne Frust auch nicht.

Ich bin sehr froh, daß sich bis auf ein paar Arschgesichter alle unsere Freunde auch tasächlich als Freunde erwiesen haben, und uns nach wie vor einbeziehen, uns besuchen, gemeinsam etwas mit uns unternehmen und ihr immer das Gefühl geben, ganz selbstverständlich dazuzugehören. Vor kurzem waren wir sogar in der Live-Music-Hall in Köln beim Konzert - das hätte ich vor einem Jahr noch nicht für möglich gehalten.

Froh bin ich auch darüber, daß es dir anscheinend so schnell wieder sehr gut gegangen ist, in deiner scheinasketischen Ich-Welt wäre für einen hilfebedürftigen Kranken wohl auch kein Platz. Ich drücke die Daumen, daß das auch so bleibt.

Und wie man an meiner Kleinen sieht: das Gehirn ist das ganze Leben lang lernfähig. Vielleicht gilt das ja am Ende sogar für deins....;)

Grüße an alle!

 

 

#42
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

@ Sepp6

es heißt doch wie in guten als auch in schlechten Zeiten I)

Oder hab ich da etwas falsch verstanden:(!

Ich käme niemals auf die Idee meinen Mann "hängen" zu lassen!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Lg Yvonne

#43
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo, ich bin ganz neu hier.

Ich pflege meinen Mann jetzt 2,5 Jahre.

Ich bin körperlich und seelisch so am Ende.

Ich kann und will die Krankheit einfach nicht akzeptieren.

Mir wurde einen Reha verordnet und meinem Mann auch, aber ob sie genehmigt werden steht noch in den Sternen.

Ich kann meine Reha nur antreten, wenn mein Mann auch eine bekommt.

Vlgr.

#44
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Traumfänger,

ich sag einfach mal HERZLICH WILLKOMMEN!!!!

Für die Reha drücke ich euch die Daumen!

Darf man fragen wie sehr dein Mann betroffen ist?

 

#45
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Kathrin, (oder soll ich dich mit Claire ansprechen?)

Vielen Dank für die Willkommensgrüße und natürlich auch fürs Daumendrücken.

Er hat ne Hemi re und globale Aphasie.

Seine Schädeldecke müssten sie damals entfernen, nach einem halben Jahr kam sie wieder drauf.

Er kann nichts alleine machen, braucht meine Hilfe rund um die Uhr,

Das Problem ist auch er wiegt gute 140 kg und ich 60 kg.

Mache alles alleine und fühle mich oft sehr alleine mit der ganzen Situation.

Unsere Tochter ist 12 Jahre und kommt auch total zu kurz.

Vlgr.

#46
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Traumfänger,

Kathrin ist völlig okay!

Naja mein Manns ein SA ist gleich 2 Jahre her, daheim ist er nun ein gutes Jahr.

Ich hatte Anfang des Jahres ein brutales Tief. Dies hing sehr viel mit den Depri-Schüben meines Mannes zusammen! Ich war an einem Punkt, wo ich nicht wußte was ich machen soll, wenn er noch einmal in so ein Loch fällt.

Leider ist er dann sehr schwer an einer Lungenentzündung erkrankt, wurde erneut in ein Koma gelegt. Ich habe wirklich nicht gewußt woher ich die Kraft hierfür hernehmen soll. Meine Angst dass er es dieses Mal nicht schafft, war riesig. Ich muss zugeben größer wie damals mit dem SA! Man funktioniert, es geht immer irgendwie weiter. Aber in dieser Zeit habe ich gemerkt dass auch ich irgendwann an meine Grenzen komme. Seitdem nehme ich ein Anti-Depri, hiermit geht es mir deutlich besser. Auch gehe ich nun zum Psychologen. Ich die sowas immer für sich ausgeschlossen hat. Aber es tut mir wirklich gut.

Ich weiß nicht inwieweit du da Unterstützung hast!? Unsere Reha wurde abgelehnt. Inzwischen möchte mein Mann auch nirgends mehr hin, was nach wiederholtem KH-Aufenthalt etc. auch nur verständlich ist. Unsere Tochter ist 18! Sie ist auf dem Weg zum Abi und allein dadurch ist ihre zeitliche Verfügbarkeit stark eingeschränkt. Aber auch sie ist gewachsen an allem und sicher anderen 18-jährigen weit voraus. Ich versuche alles, damit sie nicht hinten an stehen muss, was mir durch ihr Verständnis leicht gemacht wird. Sie ist mir eine riesige Hilfe ... was ich nicht pflegetechnisch oder so meine. Manchmal bin ich so froh dass sie sich einmischt und Menne auch mal den Kopf wäscht, mir mal zuhört und mich aufbaut. Da bin ich ganz arg stolz auf sie.

Das ist mit einer 12-jährigen sicherlich noch etwas schwieriger!

 

#47
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo traumfänger,

bei uns siehts ähnlih aus. Schlaganfall vor drei Jahren. Linsseitige Lähmung und durch die Medis starke Gewichtszunahme. Unsere Kinder sind jetzt 13 und 16 und mein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber ist riesengroß. 

Da mein Mann leider keinen Antrieb hat, die Möglichkeiten , die er hat, zu nutzen, um wieder auf die Beine zu kommen, ist der Frust und die Wut auch bei mir und den Kindern mittlerweile riesengroß. Wir sind auch völlig erschöpft und hätten eine Kur, in der auch mal was für uns geacht wird, bitter nötig, gibts aber leider nicht. Da mein Mann auch über 130kg wiegt, hat sich meine Arthrose sehr verschlechtert, vom Arzt gabs nur ein Rezept für ein starkes Schmerzmittel und die Aufforderung, selber Übungen durchzuführen denn Krankengymnastik schreibt er nur alle zwei Jahre auf. 

Ich habe leider auch kein Rezept, wie wir als Angehörige das schaffen sollen, manchmal gehts mir phychisch gut, manchmal denke ich, dass dieser ganze Alptraum erst dann für mich aufhört, wenn einer von uns beiden stirbt. Und zwischen diesen Extremen schwanke ich, ein gesundes Mittelmaß finde ich leider nicht. Ich weiss, das klingt schrecklich, aber mir geht es heute nun mal beschissen.

lg zaubernuss

#48
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Zitat von: zaubernuss

Hallo traumfänger,

bei uns siehts ähnlih aus. Schlaganfall vor drei Jahren. Linsseitige Lähmung und durch die Medis starke Gewichtszunahme. Unsere Kinder sind jetzt 13 und 16 und mein schlechtes Gewissen ihnen gegenüber ist riesengroß. 

Da mein Mann leider keinen Antrieb hat, die Möglichkeiten , die er hat, zu nutzen, um wieder auf die Beine zu kommen, ist der Frust und die Wut auch bei mir und den Kindern mittlerweile riesengroß. Wir sind auch völlig erschöpft und hätten eine Kur, in der auch mal was für uns geacht wird, bitter nötig, gibts aber leider nicht. Da mein Mann auch über 130kg wiegt, hat sich meine Arthrose sehr verschlechtert, vom Arzt gabs nur ein Rezept für ein starkes Schmerzmittel und die Aufforderung, selber Übungen durchzuführen denn Krankengymnastik schreibt er nur alle zwei Jahre auf. 

Ich habe leider auch kein Rezept, wie wir als Angehörige das schaffen sollen, manchmal gehts mir phychisch gut, manchmal denke ich, dass dieser ganze Alptraum erst dann für mich aufhört, wenn einer von uns beiden stirbt. Und zwischen diesen Extremen schwanke ich, ein gesundes Mittelmaß finde ich leider nicht. Ich weiss, das klingt schrecklich, aber mir geht es heute nun mal beschissen.

lg zaubernuss

Hallo Zaubernuss,

eigentlich hab ich jetzt im Internet nur die Telefonnummer von einem Spargelbauern in unserer Nähe gesucht, dabei werfe ich natürlich auch immer hier einen Blick rein, und jetzt muss ich eben schnell antworten.

Mach dir keine Sorgen, dass irgendetwas schrecklich klingt. Es ist schrecklich. Das hat sich ja nun im Laufe unserer Diskussionen herausgestellt, dass wir gefangen sind in diesem Hamsterrad von Helfen, Unterstützen und "Ichkannnichtmehr".

Ich habe bei mir festgestellt, dass ich am Anfang, als meiner aus dem Koma über den Rollstuhl und den Rollator wie durch ein Wunder wieder auf seinen Beinen stand, felsenfest davon überzeugt war, dass ich mein Leben lang dafür dankbar und damit zufrieden sein werde, wenn ich nur wieder mit ihm auf dem Balkon eine Tasse Kaffee trinken könne. ( Puh, langer Satz...)

Jetzt, nach ein-einhalb Jahren kann ich mir nicht mehr vorstellen, wie wir das "restliche" Leben fröhlich meistern sollen.

Das versteht aber niemand in meinem Umfeld mehr, weil mein Mann halt steht und sich auch kopfmäßig vieles verbessert hat, gegenüber der akuten Zeit. Aber jede kleinste Kleinigkeit hängt doch an mir, so wie bei dir sicher auch.

Meiner fragt mich manchmal, wie er mir helfen kann. Dann sag ich, indem du mal einen Staubsauger nimmst, oder ein Staubtuch.  Ja, natürlich, mach ich, lautet dann die Antwort - und dann kommt es : du musst es mir nur sagen !

Und dafür kann er wahrscheinlich nichts, das ist diese reduzierte Wahrnehmung, dieses Aufmerksamkeitsdefizit.

Früher war er - bereits im Vorruhestand - der Fels in der Brandung. Hat eingekauft, gekocht, sich um die Autos, den Garten gekümmert, um technische und handwerkliche Dinge bei uns, der Tochter, meiner Mutter.

Mein Tag reicht gar nicht, um Geld zu verdienen, alle Pflichten zu erfüllen und noch neben den Therapien und Arztbesuchen auch noch etwas "schönes" zu machen.

Wenn ich jetzt in der Wettervorhersage schon höre, es wird ein wunderschönes Pfingstfest, nehmen Sie Ihr Rad, setzen Sie sich in einen Biergarten, fahren Sie ans Wasser - dann könnte ich nur noch heulen.

Deshalb versteh ich das alles so gut, was ihr schreibt, aber ich möchte auch wirklich niemanden runterziehen, der alles nicht so negativ sieht.

So, jetzt muss ich gucken, dass ich wegkomme, sonst ist der Spargel aus.

( Meiner liegt natürlich noch, ich mach dann jetzt mal Frühstück ! ) :)

Liebe Grüße vom WiWu ( gefrustet )

 

 

 

 


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Winterwunder« (26.05.2012, 11:28)
#49
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Winterunder,

vielen Dank für dein Verständnis.

Zitat Winterwunder:

Ich habe bei mir festgestellt, dass ich am Anfang, als meiner aus dem Koma über den Rollstuhl und den Rollator wie durch ein Wunder wieder auf seinen Beinen stand, felsenfest davon überzeugt war, dass ich mein Leben lang dafür dankbar und damit zufrieden sein werde, wenn ich nur wieder mit ihm auf dem Balkon eine Tasse Kaffee trinken könne. ( Puh, langer Satz...)

Genauso geht es mir auch. Aber damals wusste ih eben auch noch nicht, wie umfangreich die Folgen eines Schlaganfalls sind. Es geht über eine Halbseitenlähmung weit, weit hinaus.

lg zaubernuss

#50
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Winterunder,

vielen Dank für dein Verständnis.

Zitat Winterwunder:

Ich habe bei mir festgestellt, dass ich am Anfang, als meiner aus dem Koma über den Rollstuhl und den Rollator wie durch ein Wunder wieder auf seinen Beinen stand, felsenfest davon überzeugt war, dass ich mein Leben lang dafür dankbar und damit zufrieden sein werde, wenn ich nur wieder mit ihm auf dem Balkon eine Tasse Kaffee trinken könne. ( Puh, langer Satz...)

Genauso geht es mir auch. Aber damals wusste ih eben auch noch nicht, wie umfangreich die Folgen eines Schlaganfalls sind. Es geht über eine Halbseitenlähmung weit, weit hinaus.

Wenn ich jetzt in der Wettervorhersage schon höre, es wird ein wunderschönes Pfingstfest, nehmen Sie Ihr Rad, setzen Sie sich in einen Biergarten, fahren Sie ans Wasser - dann könnte ich nur noch heulen.

Mein Sohn hat nächste Woche Abschlussball. Letzte Woche gabs ein Auffrischungsabend für die Eltern, damit sie auch mal mit ihren Kindern tanzen können. Hab ich mitgemacht. Mein Mann blieb zu Hause mit dem Wissen, dass das nie wieder geht und das ich dort als einzige alleine ohne Partner bin. Ausser mir lauter glückliche Paare auf der Tanzfläche. Für ihn war es schrecklich, mir nicht helfen zu können und ich hab eine Stunde lang verkrampft versucht, nicht zu heulen. Und nächste Woche noch den Ball überleben. 

Das schlimme ist, immer wenn man mal glaubt, man hat den Alltag im Griff, kommen solche Situationen, die einem den Boden unter den Füßen wegziehen. Aber mich hat das darin bestärkt, dass ich mit niemand anderem als meinem Mann tanzen möchte.

lg zaubernuss

31742 Aufrufe | 107 Beiträge