den beiden Mädels kann ich mich nur anschließen.
Bei mir sind sämtliche Bekannte/Freunde meines Mannes weg gebrochen. Der eine, der noch blieb war schon früher aufgrund der Entfernung nur noch ein telefonischer Kontakt, aber dieser ruft als einziger noch regelmässig an.
Und mein Mann hatte einen großen Bekanntenkreis mit einigen sogenannten Freunden. Von diesen Freunden rennen hier welche durch die Gegend und behaupten mit uns noch Kontakt zu haben und zu wissen wie es uns geht. Das erfährt man, wenn man beim Einkaufen auf Menschen trifft die eher einen losen Kontakt zu meinem Mann hatten und halt einfach nur fragen wie es ihm geht. Diese "Freunde" haben sich seit über einem Jahr nicht mehr blicken lassen. Der letzte Anruf erfolgte Mitte des Jahres. Zum runden Geburtstag meines Mannes hat man noch nicht einmal mehr gratuliert.
Lediglich ein Mensch hat mich überrascht. Überrascht deshalb, weil zu ihm der Kontakt sehr sehr oberflächlich war. Ausgerechnet dieser Mann meldet sich immer wieder einmal und wenn er sich meldet sind es keine oberflächlichen Gespräche.
Lange Rede, kurzer Sinn. Da ist niemand mehr aus früheren Zeiten und ich möchte, ehrlich gesagt, auch mit diesen Menschen keinen Kontakt mehr.
Das war für mich eine ziemlich harte Lektion die mir das Leben erteilt hatte. Dass ein Teil weg brechen wird war mir klar. So ist das immer in Krisenzeiten. Aber dass nichts mehr bleiben wird, damit habe ich nicht gerechnet.
Meine Mutter, inzwischen verstorben, machte mir in der schlimmsten Phasen meines Mannes noch Eifersuchtsszenen. Echtes Interesse daran wie es ihm geht war da auch nicht zu erkennen.
Ja, da muss man dann alleine durch. Vor allem emotional.
Mir haben in den ganz harten Zeiten eher fremde Menschen kleine Hilfestellungen gegeben. Da war der Nachtportier der Uni, der mich nie sofort zum Auto gehen lies wenn ich von der Intensivstation runter kam. Der erst einmal fragte wie es heute war, der mir Mut gab und von seinem Bruder erzählte und mich auch mal kurz umarmte.
Da war die Ärztin die mich vor der OP meines Mannes aufklärte. Die unendlich viel Geduld mit mir hatte, ehrlich war und dennoch Mut gab.
Da war ein Pfleger in der Reha, der mir Mut zusprach als die Ärzte mir nach 3 Tagen Reha eröffneten: Suchen sie für ihren Mann einen Pflegeplatz. Das wird ein Schwerstpflegefall. Den können sie nicht alleine zu Hause versorgen.
Und da kam dann dieses Forum ins Spiel. Ich habe hier Unterstützung erhalten als ich ziemlich fertig war. Gerade auch von Betroffenen. Mir hat man damals wirklich hier den Rücken gestärkt und dafür bin ich sehr dankbar.
Es gab Phasen im Krankheitsverlauf meines Mannes, da bin ich nachts in den Wald gefahren und habe geschrien was die Lunge her gab. Der Druck musste raus und es war ja niemand da der zuhören und in den Arm nehmen wollte.
Später dann kam ein realer Kontakt hier in der Gegend zustande der inzwischen in mein Leben gehört und mein Leben bereichert. Ein weiterer virtueller, der noch nicht so lange Bestand hat, aber ähnlich intensiv ist. Beide Kontakte zeichnet auch die gegenseitige Wertschätzung aus - was in unserer Zeit grundsätzlich selten und ein besonderes Geschenk ist.
Ich habe dieses Jahr etwas zurück geblickt. Zurück auf 3,5 Jahre und ein wenig auch auf mein Leben an sich. Dabei habe ich festgestellt, dass ich inzwischen zwar deutlich weniger Kontakte als früher habe. Aber die, die ich habe, die empfinde ich als wertvoller, schön und warm.
Im Grunde hatte ich Glück im Unglück und als die Kontakte begannen weg zu brechen und ich das realisierte, da hatte ich wirklich zu knabbern und dachte, dass sich das nie wieder ändern wird. Ich habe damals jeden Tag "Rotz und Wasser" geheult. Diese Gefühl der völligen Einsamkeit.. grauenhaft.
Aber was ist statt dessen?
Es entstanden neue - und ich erlebe erstmalig ein Miteinander das mich so sein lässt wie ich bin und die genau das, was andere anstrengend fanden, als Bereicherung begrüßen.
Liebe Anabel, Du schreibst, Du bist ein gläubiger Mensch. Vertraue darauf, dass sich das Leben auch wieder zum Guten hin entwickeln wird. Vermutlich anders als Du es Dir wünscht, dafür mit neuen Facetten mit denen Du vermutlich noch nicht einmal geliebäugelt hättest. Er wird es richten, wir müssen "nur" in der Lage sein das Schöne und Wertvolle zu erkennen und ab und zu aus unserer Komfortzone heraus kommen. Ja, das ist schwierig. Besonders wenn man sich eigentlich etwas anderes gewünscht hätte.
Die neuen Kontakte waren möglich, weil ich ja auch neue Wege beschritten habe. Wäre noch alles wie vor dem Schlaganfall, ich hätte sie nie kennengelernt.
Ich wünschte mir, ich hätte Deinen Glauben. Ich habe damals ziemlich gehadert.