#1
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Zusammen,

mein Papa hatte vor ca. 3 Wochen einen leichten Schlaganfall. Wenn man es nicht weiß würde man es nicht glauben da er körperlich auf den ersten Blick in Ordnung ist. Er leidet jedoch an einer linksseitigen Gesichtsfeldeinschränkung auf beiden Augen. Ich weiß, dass das im Vergleich zu anderen Schicksalen vergleichsweise milde ausfällt. Jedoch leidet er sehr darunter da ihm die Ärzte bereits angekündigt haben, dass er vermutlich nie wieder Auto fahren darf. Für einen leidenschaftlichen Auto Fahrer (Sein Mustang ist sein großes Hobby) ist das jedoch eine Katastrophe und ein massiver Einschnitt in sein Leben. Er ist doch erst 57 Jahre alt 😢

Im Internet habe ich mittlerweile viel über die visuelle Restitutionstherapie (Anbieter Nova Vision) gelesen. Wir klammern uns gerade wirklich an jeden Strohhalm.

Gibt es hier jemanden der vielleicht mit dieser Therapie oder einer anderen Erfahrung gemacht hat?


Wir sind für jeden Hinweis und jeden Tipp sehr dankbar.

 

Viele Grüße


Steffi

#2

Etcetera

Basel, Schweiz

Guten Abend Steffi

 

Ich bin mir nicht sicher, ob drei Wochen nach dem Ereignis die Aussage „dass er vermutlich nie wieder Auto fahren darf“ Sinn macht. Drei Wochen sind sehr, sehr kurz.

 

Je nach Einschränkung, muss (für einige Zeit) auf das Autofahren verzichtet werden. Einerseits zum Schutz des Betroffenen, aber auch zum Schutz der potentiellen Unfallopfer. Das ist Realität.

 

Bei einem 57-jährigen werden die Ärzte bestimmt die bestmögliche Therapie zukommen lassen. Vielleicht sollte Dein Vater die ganze Sache nochmals mit dem Arzt exakt besprechen, um allfällige Missverständnisse auszuräumen.

 

Ob eine Therapie nötig ist, ob sie Sinn macht und welche Therapie Sinn macht, sollte Dein Vater so bald wie möglich mit seinem Arzt oder Neurologen besprechen. Je früher eine Therapie begonnen wird, desto schneller und erfolgversprechender ist sie.

 

Gruss aus Basel

Christoph

#3
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Christoph, 

vielen Dank für deine Antwort.

ja die lieben Ärzte. Das Problem ist, dass er immer noch im KH liegt, da der SA vermutlich aufgrund einer Endokarditis (Herzklappenentzündung) ausgelöst worden ist. Er bekommt Antibiotika und aktuell hat man das im Griff. Da dies allerdings das deutlich schwerwiegendere Problem als das Auge darstellt, interessiert sich dafür nicht wirklich jemand. Er hat sich daher einen Augenarzt Termin erkämpft bei welchem ein Gesichtsfeld erstellt worden ist. Ohne Arzt zu sein erkenne sogar ich, dass das sehr sehr schlecht aussieht. Glücklicherweise rennt er nicht ständig gegen Gegenstände und kommt ansich gut zurecht. 

Natürlich würde er niemals Auto fahren solange es nicht sicher ist. Das steht außer Frage. 

Ich habe nur so Angst, dass wir wichtige Zeit verlieren da sich absolut niemand damit beschäftigt oder uns Tipps gibt welche Therapieformen es überhaupt gibt. 

Die behandelnde Augenärztin hat ihm das mit dem Auto fahren gesagt und ist wohl auch nicht wirklich auf Therapien eingegangen. Das wäre alles Geldmacherei und würde eh nichts helfen. 

Das will und kann ich so nicht hinnehmen! Sicherlich ist sein Herz gerade oberste Priorität. Aufgeben werden wir mit dem Auge jedoch erst wenn alles erdenklich mögliche probiert worden ist.

Liebe Grüße 

Steffi 

#4

Etcetera

Basel, Schweiz

Grüss Dich Steffi

Vielleich besteht auch Interpretationsbedarf. Ärzte haben eine andere Perspektiven wie die Angehörigen

Das wäre alles Geldmacherei und würde eh nichts helfen“. Ja, das kann schon sein. Ich bin nicht Arzt und kann nicht beurteilen, ob die „visuelle Restitutionstherapie“ den erhofften Effekt bringen wird. Es werden unzähliche Therapien, Heilmittel und weiss der Kuckuck herumgeboten.

 

Ich hatte einmal (nicht wegen meinem SA) ein Gespräch mit dem Arzt wegen meiner Rechten Hand. Er erklärte mir die mögliche Therapie. Als ich ihn konkret fragte, was die Therapie den bringen würden sagte er: Zwei Wochen früher wiederhergestellt aber 10‘000€ Behandlungskosten.

 

Will heissen, die Therapie verkürzt ledglich die Rekonvaleszenz, ändert aber unterm Strich nichts am Heilungserfolg. In meinem Fall hielt ich es nicht für Sinnvoll.

 

Nochmals meine Empfehlung: Den Artz/die Ärztin befragen und „löchern“ bis wirklich alles klar und verständlich angekommen ist. Andernfalls bleibeen Unsicherheiten und ein unbefriedigendes Gefühl übrig.

 

Übrigens denke und hoffe ich nicht, dass die Ärzte das Problem mit dem Gesichtsfeldausfall zu Gunsten des Herzklappenproblems vernachlässigen, ausser es gibt medizinische Gründe dafür.

 

Gruss

Christoph

#5
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Christoph, 

er liegt auf der Pflegestation mit Ausrichtung Kardiologie. Da is leider absolut nich viel mit seinen Augen. Ich weiß nicht wie es bei euch in der Schweiz ist, aber in Deutschland ist es nun mal so, dass genau das behandelt wird wo es "brennt". Mit gut Glück sieht man den Arzt 5 Minuten am Tag und da bleibt nicht viel Zeit für Fragen. Zudem geben Kardiologen wenig Auskunft zu den Augen 😉

Mittlerweile konnte er zumindest den Wunsch äußern in eine entsprechende Kur mit Ausrichtung auf visuelle Restitution zu wollen. 

Parallel dazu finde ich es jedoch sinnvoll mit anderem Betroffenen zu sprechen um zu erfahren, welche Therapieformen funktioniert haben. Natürlich ist auch das wieder vom Einzelfall abhängig aber häufig kriegt man ja durch "Mund zu Mund Probaganda" Tipps. Welche Rehaklinik ist gut, welche Therapieformen gibt es und so weiter....

Beispielsweise wurde mein Vater nach einer Herzklappen OP in eine Kur geschickt welche absolut nicht auf seine Bedürfnisse ausgerichtet war. Die deutsche Rentenversicherung hat aber nur diese Klinik finanziert...wir sind mittlerweile sogar an dem Punkt, dass wir eine Kur aus eigener Tasche zahlen würden. Hauptsache es wird ihm geholfen und er hat die Möglichkeit optimal auf sein Leben mit diesem "Handicap" vorbereitet zu werden bzw. dieses Handicap optimal zu kompensieren.

viele Grüße 

steffi 

#6
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hi,

frag mal, ob eine Ergotherapeutin von der Klinik zu ihm kommen kann. Und viel kann man auch alleine trainieren oder ihr zwei zusammen. Vorwiegend geht es erst einmal um Kompensationsmechanismen, d.h. er muss den Kopf mehr drehen, um seine fehlende Sicht auszugleichen. Beispielsweise kannst du ihm von unterschiedlichen Seiten einen Ball zuwerfen. Erstmal in dem Bereich, in dem er dich noch sieht, dann bewegst du dich langsam aus seinem Gesichtsfeld. Genauso gut gehen große Zeitungen, die er lesen soll, ohne die Zeitung zu verschieben. Oder Wimmelbilder. Ich hoffe, du verstehst meinen Ansatz.

Wenn es wieder ans Autofahren geht, macht das Ganze bitte über den offiziellen Weg. So ist er im Falle eines Unfalles versicherungstechnisch auf der sicheren Seite.

Bei Fragen kannst du dich gerne an mich wenden. Informationen zur Schlaganfallbehandlung gibt's hier: www.lahsit-schlaganfall-reha.de oder auf unserer Facebookseite.

Liebe Grüße

#7

jup11

Quarnbek, Deutschland

Hallo Stefanie,

aus einer Pressemitteilung (Universitätsklinikum Magdeburg):

Sehfunktion nach Schlaganfall – Wieder sehen dank überlebender Nervenzellen

Forscher aus Magdeburg und Göttingen haben herausgefunden, dass die Wiederherstellung der visuellen Funktionen nach einem Schlaganfall vor allem von der Aktivität der nach Schädigung verbliebenen Bereiche mit Restsehfähigkeit abhängen. Dabei haben sowohl die lokale neuronale Aktivität als auch die Aktivität in der unmittelbaren Umgebung Einfluss auf die Wiederherstellung visueller „Hot Spots“. Damit konnten sie zeigen, dass die Wiederherstellung der visuellen Funktionen durch teilweise überlebende Nervenzellen vermittelt wird. (Restor Neurol Neurosci 2013; 31: 787–803

Patienten mit durch Glaukom, Schädigung des Sehnervs oder einen Schlaganfall beeinträchtigtem Sehvermögen können mittels einer visuellen Restitutionstherapie (VRT) visuelle Funktionen teilweise wiedererlangen. Jedoch ist bisher nicht bekannt, welche Faktoren den Grad der visuellen Erholung bestimmen. Die Forscher des Instituts für Medizinische Psychologie und des Instituts für Informatik der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg führten in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen eine retrospektive Analyse von Gesichtsfeldtests von 32 Schlaganfallpatienten mit Hemianopsie vor VRT und mindestens 6 Monate danach durch. Bei diesem Test wurden visuelle Reize auf einem PC-Monitor präsentiert, welche der Patient bei Erkennen durch das Drücken einer Taste bestätigen musste.

Als Ergebnis entstand eine Gesichtsfeldkarte mit normal sehenden Bereichen, blinden Bereichen und solchen mit Restsehfähigkeit. In diesen „Bereichen des Residualsehens“ war die Reaktionszeit langsamer bzw. die richtige Antwort erfolgte nur gelegentlich. Eine wiederholte Stimulation durch ein tägliches 60-minütiges Training mittels VRT zielte auf diese Bereiche mit Restsehfähigkeit ab, um deren Leistung zu stärken.

Als „Hot Spots“ wurden jene Bereiche definiert, die zunächst im Gesichtsfeldtest vor VRT (Baseline) beeinträchtigt waren, sich dann aber nach dem VRT-Training er holten. Dagegen galten Bereiche, die sich durch VRT nicht erholten als „Cold Spots“. Von fast 11 000 visuellen Punkten der 32 untersuchten Patienten konnten die Forscher 688 als Hot Spots definieren, 3426 als Cold Spots. Der Mittelwert der absoluten Verbesserung durch VRT-Training betrug 6 %.

Die Forscher verwendeten eine computerbasierte Data-Mining-Technologie zur Auswertung großer Datenmengen, um herauszufinden, welche Merkmale der vor dem VRT-Training erstellten Gesichtsfeldkarten eine Vorhersage der Wiederherstellung des Sehens ermöglichen. Sie untersuchten verschiedene topografische Merkmale und fanden heraus, dass Gesichtsfeldbereiche eine höhere Wahrscheinlichkeit zur Bildung von Hot Spots besaßen, wenn sie in der Baseline eine höhere lokale Restsehfähigkeit hatten, mehr Restaktivität in einer räumlich begrenzten Umgebung (5° Sehwinkel) zeigten und näher am blinden Fleck angeordnet waren.

„Unsere Ergebnisse unterstreichen die besondere Rolle dieser Reststrukturen bei der Wiederherstellung des Sehens, das höchstwahrscheinlich durch überlebende Zellen im teilweise geschädigten Hirngewebe vermittelt wird“, so Erstautor Bernhard A. Sabel. Er glaubt, dass die starke visuelle Stimulation während des VRT-Trainings die Wiederherstellung des Sehens durch Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die teilweise geschädigten Sehfelder verbessert. Eine tägliche Wiederholung dieses Trainings hilft bei der Aufmerksamkeit und somit bei der Erholung des Sehverlusts. „Dieses neue Verständnis erlaubt es uns nun, ein Sehtraining im Internet anzubieten“, sagt Sabel.

Ich würde mal zum Augenarzt gehen, um die Restsehfunktion zu prüfen.

VG Jürgen

http://www.schlaganfall-info.de/com/Drei_Jahre_danach.pdf

 

#8
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Jürgen,

vielen Dank. Mit Magdeburg habe ich mittlerweile auch telefoniert. Aktuell sollen wir abwarten bis er bzw. sein Herz wieder fit sind...Dann können wir anfangen zu trainieren 😉

Er soll parallel dazu eine Neuropsychologische Therapie beginnen. Mal schauen ob er das mitmacht 😉

Beim Augenarzt war er. Die haben eine gründliche Untersuchung inkl. Gesichtsfeld vorgenommen. Das linke Auge ist wohl noch "ok" aber das rechte Auge (linke Seite zur Nase hin) sieht verdammt schlecht aus. Alles schwarz 😞 Das ist wohl auch das Problem hinsichtlich dem Auto fahren....

Ich hoffe einfach das Beste...vielleicht hilft ihm eine solche Therapie ja zumindest ein wenig...so wie es war wird es nie wieder..ich denke dessen muss man sich bewusst sein. Aber kampflos aufgeben und akzeptieren kommt aktuell nicht in Frage.

Die Hoffnung stirbt halt bekanntlich zuletzt.

Viele Grüße

Steffi

#9
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Ergo Laborn,

denkst du das ist noch nicht zu früh? Ich habe Angst ihn direkt zu überfordern? Ist Ruhe aktuell nicht am Besten oder denkst du man kann direkt mit einem "einfachen" Training starten.

Natürlich machen wir das mit dem Auto fahren. Mein Papa ist viel zu verantwortungsvoll. Er würde niemals fahren wenn es nicht geht.

 Das mit der Ergotherapie ist ein guter Tipp. Vielen Dank. Ich werde da mal nachhaken

Vielen Dank und liebe Grüße

Steffi

#10
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Natürlich sollte alles ohne ihn zu überfordern stattfinden. Aber was spricht dagegen 20 Minuten am Tag Zeitung zu lesen. Wenn du sagst, das Ball werfen ist zu schwierig, lass das weg (kann man aber auch gut im Sitzen machen). Ich kenn natürlich deinen Vater nicht und kann jetzt schlecht sagen, mach das, das packt er. 

Wegen dem Schlaganfall dürfte es nicht zu früh sein, eher wegen der Endokarditis. Schlaganfallpatienten bekommen auf der Stroke die erste Therapie wenige Stunden nach dem Ereignis.

Liebe Grüße 

6344 Aufrufe | 13 Beiträge