Hallo!
Ersteinmal ich wäre froh gewesen, wenn sich einige Ärzte mit ihren Prognosen zurückgehalten hätten. Ich traf nur einen der wahrheitsgemäß sagte: "Keiner von uns Ärzten kann eine Auskunft dazu geben. Aber Sie sind doch der Experte. Sie verbringen die meiste Zeit mit Ihrer Mutter. Was für ein Gefühl haben Sie?" Ich hatte Schmerzen aber auch Hoffnung. Und daran hab ich mich geklammert.
Zur Verständigung mit unseren Angehörigen. Es hört sich so an als hätte dein Mann, ebenso wie meine Mutter eine Apraxie. Das ist der Ausdruck für eine Störung in der Handlungsplanung. Auch sowas wird besser. Aber solange erschwert es natürlich die Verständigung über Gesten. Und auch das Zeigen auf bestimmte Gegenstände dürfte schwer fallen. Meine Ma brauchte ca. 2 Monate bis sie den Notknopf drücken konnte. Auch wie ein Fahrstuhl bedient wird, war anfangs nicht klar. Das Zeigen auf die Brille oder das Getränk gingen am Anfang immer schief. Mit der Zeit wird es aber besser.
Beispiel zu Anfang der Reha: Eines Tages in der Reha wollte sie etwas sehr dringend und war verzweifelt. Als Geste schlug sie sich immer wieder wie ein Indian vor den Mund. Ich wusste nicht was das heißen soll. Ich habe gefragt: können wir das hier machen. Ja. Immer wieder die Geste. Ich verstehe dich so nicht. Ich will dir ja helfen aber du musst mir zeigen was ich tun soll. Darauf hin ist sie mit meiner Hilfe im Rollstuhl ins Badezimmer gerollert. Hat auf das waschbecken gezeigt, den Kopf runtergemacht und wieder den Indianer gemacht. Haarewaschen? Ja! Ja! Freude Tränen Tatendrang. Es ist nichts einfach. Frau kann aber zum Glück meistens ganz gut zwischen den Zeilen lesen. Der Ausdruck in den Augen ist besonders wichtig.
Das blöde daran, dein Mann weiß ja immer genau was er will und er denkt auch er sagt oder zeigt dir das Richtige. Das ist so als ob du dich im Eifer das Gefechts versprichst, selbst aber Stein und Bein schwörst, dass du doch genau das Richtige grade gesagt hast. Da es zuminest das war, was du gerade gedacht hast. So war/ist es zumindest auch bei meiner Mutter.
Beispiel: Ich frage wie es ihr geht und sie sagt: Naja nicht so! ich frage was denn los ist. Sie schreibt auf "Montag". Es ist aber Freitag. Mit anderen Worten ich verstehe garnichts. Im Laufe das Abends kommen wir immer wieder auf das Thema. Und ich präsentiere immer neue Varianten. Meinst du vielleicht.....Meinst du vielleicht.....Irgenwann Samstag sprechen wir über die Logopädie, da wir Übungen machen. Was habt ihr Freitag gemacht? Sie sagt empört: "na nichts, ich musst ja nur schreiben". Und ich frage: Auch habt ihr einen Test geschrieben? Und Sie original: "Na endlich schnallst du es auch mal! Und Montag wieder!" Sie ist der Überzeugung, sie hätte die ganze Zeit darüber gesprochen aber ich wollte einfach nicht verstehen. Das meint sie aber nicht böse. Das ist ihre Realität.
Geduld und verstehen Wollen. Die Reaktionen möglichst nicht persönlich nehmen. Immer wieder ermutigen. Anfänglich haben wir tatsächlich immer alles auf uns genommen. Tut mir leid ich bin blöd, ich versteh dich einfach nicht. Ob das richtig ist weiß ich nicht. Aber ich hatte immer angst sie ganz zu entmutigen.
Aber es wird einfacher. Mittlerweile kann meine Ma schon viele Dinge spontan äußern. Auch Sachen wie: "Was denkst du über Norwegen?" "Der Sänger ist gestorben!" Oft kann sie die sätze nicht wiederholen und auch nicht weiter ausführen (richtige Gespräche nicht möglich), aber man weiß zumindest was sie gerade beschäftigt und worüber wir sprechen können. Für ein richtiges Gespräch reicht es leider noch nicht. Alltägliche Bedürfnisse gehen hingegen richtig gut. "Hol mal...Kaffee oder Zeichen für Glas" "Mach das Licht...oder das Fenster" Bring mir...Zeichen für Taschentücher" "Kannst du mal eben..." "Du musst mal mit mir...." Da kommt echt mit der Zeit ganz viel und immer mehr.
Leider denkt man immer wieder, jetzt müsste es aber doch schneller gehen. Aber schnell geht hier in der Regel nichts. In kleinen Schritten ans Ziel. Nie aufgeben!
Das wünsch ich uns allen!