Hallo zusammen,
ich hoffe, ich bin hier richtig, (habe dieses Forum eben erst entdeckt) und man kann mir mit meinen spärlichen und laienhaften Angaben, überhaupt recht weiterhelfen... Ich versuch mal, alles zu erklären.
Meine Mutter hatte vor knapp zwei Monaten eine Gehirnblutung. Zum Glück haben die Ärzte sofort auf das richtige getippt und auf dem CT festgestellt, dass sie zwei Aneurysmen im Gehirn hat, von denen eines angefangen hat zu bluten. Bei einer schwierigen OP wurde dann das blutende Aneurysma mit einer Klammer verschlossen. Danach musste sie erstmal im künstlichen Koma liegen. Ein paar Tage später gab es eine Nachblutung, die aber relativ einfach zu behandeln war. (Ich glaub irgendwie mit einem Draht...)
Gut zwei Wochen später hatte sich ihr Körper soweit erholt, dass das Schlafmittel zunächst reduziert und dann ganz abgesetzt werden konnte und sie langsam aus dem Koma erwachte. Sie zeigte dann auch bald erste Reaktionen, verstand offensichtlich was man zu ihr sagte und antwortete auf Fragen mit Nicken oder Kopfschütteln. Auch Hände und Füße konnte sie ein wenig bewegen. Schon bald musste sie auch kaum noch künstlich beatmet werden und konnte mit einer Art Ventil auf dem Beatmungsschlauch im Hals auch recht gut sprechen. Auch Schlucken und somit Essen und Trinken ging gleich sehr gut, auch wenn sie sehr schnell erschöpft war.
Inzwischen ist sie in einer neurologischen Reha (zuerst Frühreha, jetzt aber schon weiterführende Reha) und wird dort sehr gut betreut, versorgt und therapiert. Sie bekommt Ergo-, Physio- und Sprachtherapie und verschiedene Arten von Gedächtnis- und Alltagstraining (wie z. B. Bilder merken bzw. zuordnen, oder Einkaufstraining). Körperlich ist sie noch sehr eingeschränkt, was aber wohl auch daran liegt, dass die Muskeln einfach erst wieder langsam aufgebaut werden müssen. (Keine Lähmungen o. dgl.) Geistig macht sie aber mittlerweile einen sehr fitten Eindruck. Sie weiß noch alles, was zuhause los war, kann sich an alle Personen erinnern und weiß Details über Arbeitskollegen, Verwandte und Bekannte, dass wir manchmal echt staunen. Anfangs war das Kurzzeitgedächtnis noch merklich schlecht. Sie wusste oft schon kurz nach dem Essen nicht mehr, was es gegeben hat, oder nichtmal mehr, dass sie grade eben noch, vor unseren Augen überhaupt gegessen hat. Das hat sich aber jetzt auch schon deutlich gebessert. Anfangs sprach sie auch nur sehr wenig. Auf Fragen gab sie nur kurze Antworten und fragte oder erzählte von sich aus fast gar nichts. Aber auch das ist inzwischen viel besser geworden.
Aber ein etwas seltsames Problem hat sie nach wie vor. Sie meint sehr oft, im Krankenhauspersonal oder anderen Patienten irgendwelche Leute von daheim zu erkennen. Meist Leute aus dem Dorf. Wir wissen nun zum einen nicht so recht, wie wir damit umgehen sollen. Meist versuchen wir, sie mit entsprechenden Tatsachen davon zu überzeugen, dass das nicht sein kann. Wenn sie z. B. denkt, ihr Physiotherapeut sei Herr Sowieso, weisen wir sie drauf hin, dass das doch nicht sein kann, weil der Elektriker ist. Meist hat sie dann eine Antwort parat, wie z. B. "Na wahrscheinlich hat der umgeschult." Oder als sie ihre Zimmernachbarin für Frau XYZ hielt, erinnerten wir sie daran, dass diese doch ABC heißt. Darauf meinte sie: "Dass ist aber Frau XYZ. Sie hat wohl ihren Mädchennamen wieder angnommen."
Ich weiß nicht recht, wie gut dieses (meist sehr sanfte) Korrigieren unsererseits ist. Mich erinnert das z. T. ein wenig an die Demenz meiner Oma. Da haben wir mit der Zeit gemerkt, dass es nicht gut ist, sie dauernd zu verbessern. Sie fühlte sich dadurch einfach noch schlechter. So dumm im Kopf. Es ging ihr meist wesentlich besser, wenn wir sie in dem Glauben lassen konnten, dass das was sie grade sagt auch stimmt. Bei ihr bestand aber ja eh keine Hoffnung, dass sich ihr Geisteszustand nochmal wirklich verbessern würde. Es erschien uns also bei den meisten Sachen sinnlos, sie zu korrigieren. Bei Mama ist das ja nun anders. Da hoffen wir natürlich sehr, dass sich das alles wieder regeneriert. Trotzdem bin ich mir ganz und gar nicht sicher, ob dieses Korrigieren unsererseits dabei hilft. Sie lernt doch auf die Art vermutlich nicht, Leute wieder in die richtigen Schubladen im Gehirn zu stecken. Sie "lernt" wahrscheinlich höchstens, wie "blöd" sie doch ist... oder?
Meine andere Frage wäre, wie man sowas überhaupt therapiert? Sie macht ja schon verschiedene Gedächtnistrainings, aber ich wüsste nicht, dass da was dabei wäre, was ihr hilft, nicht irgendwelche wildfremden Menschen für Bekannte zu halten. Könnte man da evtl. mit Fotos arbeiten?
Mir ist klar, dass man diese Fragen eigentlich am besten dem zuständigen Personal stellen müsste. Termine mit dem behandelnden Arzt hatte aber bisher nur mein Vater. Der stellt da aber eher nicht so hartnäckige Fragen, sondern wartet mehr ab, welche Infos er bekommt. Wenn ich abends komme ist meist niemand mehr da, der kompetent Auskunft geben könnte oder dürfte. Und ich bin auch nicht der Typ, der drauf besteht jetzt endlich mal mit jemandem sprechen zu dürfen. Ich vertrau den Leuten dort. Die machen das glaub ich sehr gut und ich will da niemandem auf die Nerven gehen.
Das mit dem Verwechseln von Personen würde mich aber jetzt doch interessieren und ich hoffe, jemand kann mir hier ein bisschen was dazu sagen, bis ich doch mal die Gelegenheit hat, mit jemand dort zu sprechen.
Danke schonmal für kompetente Antworten.
Liebe Grüße
M.
PS: Das zweite Aneurysma wurde noch nicht behandelt, sondern wird im Moment nur beobachtet.
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