#1
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Der Alltag

Hallo, ich brauche Euren Rat:

Mein Mann (51) hatte vor 1 Jahr einen Schlaganfall und war anfangs linksseitig komplett gelähmt. Mittlerweile kann er wieder einigermassen laufen und die Bewegungsmöglichkeit  des Armes läuft zwar zäh, aber tendenziell nach oben. Rentner ist er jetzt auch-er bekommt Gott sei Dank die volle Erwerbsminderungsrente, nur Auto fahren darf er (noch) nicht. Er hat Pflegestuife 1 und ich pflege ihn, bin jetzt 41.

Nun zu meinem Problem:

Der Schlaganfall hat die Persönlichkeit meines Mannes sehr verändert . Er war vorher kein Diplomat und Feingefühl kannte er nur manchmal. Jetzt ist es viel extremer. Das Schlimme ist, dass er sich mir gegenüber verbal sehr verletzend und beleidigend verhält. Ich hatte ihm 5 Tage nach seinem Schlaganfall einen Heiratsantrag gemacht (wir sind seit 8 Jahren zusammen) und haben vor 6 Monaten geheiratet. Ein Spruch von ihm war z.B. " Wenn ich nicht krank wäre, wären wir nicht verheiratet" Er bringt ständig solche Sprüche, wo mir echt die Luft weg bleibt. Ich weiß dann gar nicht, ob ich weinen oder ihm eine Szene machen soll. Meistens sage ich gar nichts aber ich merke, dass  ich mich von meinem Mann immer weiter entferne.

Kann ich ihm als "Betroffener" die Wahrheit direkt ins Gesicht sagen? Kann ich ihm sagen, dass er sich verletzend und beleidigend verhält und dass ich möchte dass er vorher überlegt was er sagt?

Ich bin ziemlich ratlos waas ich tun soll.

Bitte sagt mir, was ihr tun würdet.

Lieben dank und bis bald,

Eure lehamiah

 

#2
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Liebe Leha

das ist die berühmte Wesensveränderung:-*das mit dem Spruch ist ziemlich hart--mach ihm klar das der Schlaganfall nicht nur sein Leben verändert hat sondern auch deins--wer pflegt ihn dann wenn Du nicht mehr da bist?mache ihm das Bitte klar--meine Freundin hat mich mit unseren Twins:(nach 2 Jahren Reha verlassen-dadurch lernte ich das Kämpfen--darf sogar wieder ein umgebautes Auto fahren-aber ich habe vorher 2-3 Fahrstunden auf einem umgebauten Auto genommen bevor wir dann zu der Führescheinstelle gefahren sind und alles in meinen neuen Führeschein haben eintragen lassen.Du kannst ihm ruhig sagen was alles verkehrt läuft in eurer Beziehung-wenn nicht must Du einen Schlussstrich ziehen und ihm mal eine Auszeit können und ihn mal machen lassen er für wichtig hält!Gruss von Stephan;)der einen Hirnschlag vor 11 Jahren im Alter von 29 Jahren hatte!

#3
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Hallo Lehemiha,

natürlich darfst du ihm das sagen, wenn er dich verletzt. Du pflegst ihn, du kennst ihn vor und nach dem Schlaganfall. 

Durch den Schlaganfall können Wesensveränderungen auftreten, aber darüber sollte man reden. Ob das Reden alleine hilft oder ob man fachliche Hilfe braucht, ist sicherlich von Fall zu Fall verschieden. Verständlicherweise spielt aber auch ein großer Frust eine Rolle, wenn sich ein Schlaganfallpatient so abweisend gegenüber Angehörigen verhält. Es dauert einige Zeit, bis man vertrauen kann, dass man auch mit den Behinderungen nach einem Schlaganfall geliebt wird. 

Ich hab meinen Mann immer gefragt, ob er mich oder die Kinder verlassen würde, wenn einer von uns so krank wär, natürlich würde er das nicht. Aber ich habe auch oft wie du sicherlich auch oft weinend dagesessen, weil mich mein Mann angegiftet hat. Es ist weniger geworden. Aber es hört glaube ich nie ganz auf, so lässt er manchmal seinen Frust raus. Ich lasse dann aber auch meine Wut raus, denn sonst würde ich platzen.

Ich glaube, dass es die Sache nur noch verschlimmert, wenn man nicht so reagiert, wie man auch gegenüber einem gesunden Partner reagieren würde.

Aber das ist nur unsere persönliche Erfahrung, das bedeutet nicht, dass andere Betroffene nicht fachliche oder medikamentöse Hilfe benötigen.

LG zaubernuss

#4
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Zitat von: lehamiah

Hallo, ich brauche Euren Rat:

 

Kann ich ihm als "Betroffener" die Wahrheit direkt ins Gesicht sagen? Kann ich ihm sagen, dass er sich verletzend und beleidigend verhält und dass ich möchte dass er vorher überlegt was er sagt?

Ich bin ziemlich ratlos waas ich tun soll.

Bitte sagt mir, was ihr tun würdet.

Lieben dank und bis bald,

Eure lehamiah

 

Hallo,

also die Frage beantworte ich mal mit einem klaren JA! Ich bin der Überzeugung dass es nur hilft wenn du ihm klar sagst was er falsch macht.

Insgesamt kann ich da nicht wirklich mitreden, da mein Mann (SA ist 19 Monate her) ... naja wie sagt man so ... lammfromm geworden ist. War er früher schon lieb, wird das heute nach dem SA täglich getoppt.

Trotz alledem hadert er natürlich mit seinem Schicksal (halbseitige Lähmung, Rolli usw. usw.) ... vor ein paar Wochen ist das Sonntags-Ei durch die Küche geflogen.

Ich habe immer gesagt wenn mir was stinkt, nicht paßt oder er sich unfair verhalten hat. Wenn er in der Reha schlechte Laune hatte und das obwohl ich mit raushängender Zunge auf dem Boden kriechend es geradeso geschafft hatte, einen Organisationmarathon hinter mir, das defekte Auto gerade mal eben so mit meiner Schwester getauscht ... dann habe ich aber mal Dampf abgelassen. Und damit bin ich seither sehr gut gefahren. Für uns alle hat sich das Leben völlig verändert. Ich nehme wirklich sehr viel Rücksicht auf ihn, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Und ich glaube das ist gut so.

Was mir aber schon immer gut getan hat, ist einfach mal sagen wie einem gerade zumute ist! Lieber mal ein Wort zuviel, als an Magengeschwüren erkranken ;)... das war schon immer meine Devise!

Aber inwieweit du vielleicht doch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen solltest, kann ich dir nicht sagen. Der Neurologe/Psychologe, den wir für meinen Mann gefunden haben, der hat auch immer ein offenes Ohr für mich, unsere Hausärztin ebenso ... hast du denn da auch Unterstützung?

#5
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Hallo ihr Lieben,

vielen Dank für eure ehrlichen und hilfreichen Worte. Ich werde in Zukunft diese Dinge meinem Mann gegenüber ansprechen und ihm sagen, wie sehr mich das verletzt.

Wir haben einen sehr guten Draht zur Neurologin und ich werde sie nach einigen Dingen fragen - Antideppressiva bekommt er ja schon.

Ich wünsche euch allen ein wundervolles 2012, voller Liebe und und Gesundheit.

Eure lehamiah

#6
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ich versuch mal aus der sicht des zu pflegende nzu erzählen. dazu muss ich ein bisserl ausholen. ich hatte vor 3 jahren einen schlaganfall mit halbseitenlähmung liks und prognose "das wird nix mehr, stellt euch auf ein pflegeheim ein" mein lebensgefäöhrte hat mich trotzdem nachhause geholt. inzwischen kann ich schon wieder mit meinem hund kurze strecken gassi gehen. mei linker arm ist absolut bewegungsunfähig geblieben. aber ich kann zumindest alleoin auf die toiulette, mich waschen, anziehen, mir aus der küche etwad zu essen und zu trinken holen. im grunde hab ich keinen grund zu jammern. ab und zu langweile ich mich obwohl ich gerne stunden lang leseund auch mit dem hund rauskann.

ich merk immer deutlicher mit meiner zurückkehrenden selbständigkreit und meinen wünschen und plänen ist mein lebensgefährte zunehmend überlastet. ich bin ihm wahnsinnig dankbar und weiß alles was gut geworden ist, ist es durch seine hilfe geworden. jetzt hab ich probleme damit ihm zu sagen, was ich wieder selber machen möchte. sowas bekommt er leicht in die falsche kehle. ich hab keinen grund undankbar zu sein und will ihn nicht nerven

#7
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Hallo Lehamiah, ich kann mich da den Anderen auch nur anschliessen. Sicher Dein Mann ist krank, aber es soll auch gut sein, so normal wie nur irgend möglich mit dem Betroffenen um zu gehen. Ich habe meinem Mann auch das eine oder andere Mal gesagt das etwas mir nicht passt. Sehr oft konnte ich dann feststellen, das er sich darauf hin auch richtig bemüht hat, das ab zustellen.

Hallo Mimue, ich möchte Dir sagen das es wirklich zu bewundern ist, wie gut Du mit Deiner Krankheit umgehen tust. Als Angehörige muß ich Dir recht geben, man ist so in seiner Pflegeaufgabe eingewöhnt, das man da auch lernen muß, wieder etwas los zu lassen. Mein Mann macht mir auch schon hin und wieder klar, das er dieses oder jenes jetzt nur noch selber machen möchte. Er fängt dann auch schon einfach damit an und wenn ich dann helfen möchte, bekomme ich unmißverständlich klar gemacht, das er es jetzt macht. Ich könnte mir vorstellen das Dein Partner sich auch freuen wird, wenn er sieht, das Du es jetzt wieder alleine machst.

Viel Glück dabei LG Ingrid

#8
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Also ich würde mit Deinem Mann ganz normal umgehen, so wie auch vor dem Unglück. Und dazu gehört auch, dass man etwas sagen kann und sollte, wenn das Verhalten oder Gesagte unangemessen ist. Ansonsten hat Stephan etwas sehr passendes hierzu gesagt. "...mach ihm klar das der Schlaganfall nicht nur sein Leben verändert hat sondern auch deins--wer pflegt ihn dann wenn Du nicht mehr da bist?" Ich würde sogar soweit gehen und ihm ganz klar und offen sagen, dass ihr nicht zwingend zusammen leben müsstet. Er es gerne auch alleine versuchen könnte - ansonsten gäbe es für solche Menschen wie ihn auch passende Einrichtungen.

Lass Dich bitte nicht unterkriegen und auch Dir alles Gute für 2012.

Gruß Monika

#9
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Hallo nimue, 

deine Anmerkung aus Sicht der Betroffenen hat mich auch noch mal dran erinnert, wie oft ich für meinen Mann so manche Sache "mal eben schnell" mache, anstatt ihm die Zeit zu geben, es selbst in Ruhe zu machen.

Wir müssen wohl beide mehr auf den anderen achten.

LG zaubernuss

#10
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Liebe lehamiah,

ich denke der Grundbaustein für euer harmonisches Zusammenleben ist Ehrlichkeit. Wenn du Wut und Agressionen oder Trauer in dir staust, machst du dich nicht nur unglücklich sondern auch krank. Deine Seele und dein Körper halten das auf Dauer nicht aus. 

Sei ehrlich zu ihm. Streite nicht mit ihm, mach ihm keine Szene, denn jeder Stress ist eine neue SA Gefahr. Aber sei ehrlich und rede mit ihm. Du bist genau so ein Mensch wie er und hast ein Recht auf Rücksichtnahme, trotz dass du kein SA Patient bist. Eine Krankheit darf nie ein Freifahrtsschein für ein Verhalten sein. 

Liebst
lina 

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