#1
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Hallo!

Ich bin 25, mein Dad hatte im November einen sehr schweren Schlaganfall. Die Hauptversorgung der linken Hirnseite war zu lange ohne Durchblutung und er hatte keine "Umleitungen", die dieses Gebiet zumindest ein bisschen versorgt hätten 😕 Das sei sehr selten und daher sei der Verlauf schicksalhaft. Er ist rechts halbseitig gelähmt und hat eine schwere Aphasie. Wir denken er versteht sehr viel. Harn- und Stuhlinkontinent ist er auch. Meine Mum wollte ihn aber daheim haben. Er hat ein neues Rollstuhlgerechtes Bad bekommen, ein Pflegezimmer im Erdgeschoss, sie pflegt ihn rund um die Uhr. Ich habe ihn teilweise mit Lymphdrainage und Krankengymnastik für seinen Arm bearbeitet. Ich bin Kinderkrankenschwester. Über meinen Freund haben wir ihm eine Stammzelltherapie zukommen lassen in der Hoffnung, dass schneller und mehr neue Verbindungen im Hirn entstehen, er also bessere Fortschritte macht. Zusätzlich bringen wir immer den Hund mit, da er immer Hundevernarrt war und ermutigen ihn zur Interaktion mit Emil (dem Hund). Er bekommt Physiotherapie und Logopädie und Ergotherapie. Außerdem ist er Testpilot für die Hausarbeit einer Ergotherapeutin, die zusätzlich zur eigentlichen Ergo kommt und sich mit ihm beschäftigt.

Das Problem: Bei den Therapeuten klappts! Da spricht er, vervollständigt Sätze, benennt Dinge, singt... Sind seine Freunde da spricht er, egal ob sie verstehen oder nicht. Ist er auf der Fastnacht singt er mit und quatscht die Leute voll. Aber mit uns, der Familie unterhält man sich mit Gesten, winkt ab oder nickt. Fordern wir ihn zum reden auf lacht er uns aus. Heute wurde ich böse und war so verzweifelt, dass ich vor ihm geweint hab - er lacht mich aus. Er kann sein gelähmtes Bein bewegen! Wenn man ihm den Schuh anzieht hebt er im Liegen das Bein an. Nun soll er die rechte Fußstütze vom Rolli abnehmen und schreitende Bewegungen mit den Füßen machen. Er verspricht es den Therapeuten in die Hand! Wir machen die Stütze ab - er brüllt rum. Verstehen kann man es nicht aber dass die Stütze wieder dran soll ist klar. Er macht gar nichts! Obwohl er es doch kann! Auslachen kann er uns. In der Frühreha hat er alleine den Transfer von der KG-Liege in den Rolli gemacht und ist auch am Geländer gestanden. Hier lässt er sich schön heben und drücken. Stehen will er gar nicht mehr seitdem er wieder zu Hause ist! Ich habe ihn wörtlich gefragt ob er nie wieder laufen will? - Nein. Ob das schön ist, wenn mama ihm den Hintern abwischen muss? - Ja. Ob alles so bleiben soll wie es jetzt ist und er für immer im Rollstuhl sitzt? - Ja. Ob er in ein Pflegeheim will? - Nein. Aber hierbleiben und nichts tun? - Ja. Ich musste dann heulen und er? Er lacht über mich. Dem Versicherungstyp der gestern da war hat er wohl gesagt er säße nicht auf ewig im Rollstuhl. Meine Mama war selber auch überrascht wie flüssig das kam - da gehts wieder!

Alle sagen wir brauchen Geduld aber ich würde ihn am Liebsten schütteln und ihm eine knallen! Meine Mutter war heute wieder fix und fertig und hat geweint, mein Bruder (26) wohnt zwar noch zu hause aber hält sich aus allem schön raus. Und mich macht es fertig, dass Mama mit den beiden unter einem Dach festsitzt und Papa dann auch noch manchmal so blöd ist. Die Logo hat erstmal 2 Wochen Urlaub und ich befürchte wenn sich nichts an seiner Motivation ändert fangen sie dann auch wieder bei Null an. Mit uns macht er ja nichts - REIN! GAR! NICHTS! Und dabei würden Mama und ich dafür unsere rechte Hand abhacken...

Warum? Gibts sowas öfters? Oder sind wir wiedermal die Ausnahme? Das macht mich echt fertig.

#2
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Hey Schoko!

Ich habe zwar so gut wie keine Erfahrung, doch ich möchte dir versuchen zu helfen das Problem von einer anderen Seite zu betrachten.

erstmal, er macht das nicht absichtlich, es gehört einfach dazu! Ich weß, das ist jetzt nicht wirklich befriedigend aber der Ansatz! Da er sprechen kann ist also etwas anders "defekt".

Probiert es doch mal den Spieß herumzudrehen. das "Spiel" was er spielt könnt ihr doch auch?!

Also, keine Reaktion von euch auf irgendeinen Wunsch von ihm. (ja ich weiß, das wirkt hart, isses aber nicht wirklich!). Sagt ihm, erst wenn er mit euch spricht bekommt er das was er möchte! Bis jetzt will er nur das ihr macht, also anders rum. Jetzt wollt ihr mal und er ist dran!

Weißt du, man kann ein Pferd zum Wasser führen, doch trinken muss es selbst! Doch so einfach ist das für das Pferd im Augenblick nicht, weil er (das Pferd) nicht weiß das es trinken soll! Sagt ihm was er soll.Ich weiß, jetzt gibt es wieder viele andere Meinungen doch versucht es mal. Oder lasst es!

Gruß Jan!

PS.: das hängt alles mit dem Belohnungssystem im Kopf zusammen!

 

#3
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Hallo Schoko, da mein Mann auch genau wie Dein Vater mit den genannten Behinderungen, nach seinem SA so nach  Hause  kam, verstehe ich Eure Sorgen sehr gut. Euch hat man sicher auch gesagt, Ihr werdet sehr viel Geduld brauchen. Dein Vater bekommt durch diese zusätzliche häusliche Ergo, wirklich sehr viele Therapien. Bei meinem Mann war es besonders in den ersten Monaten auch der Fall, nach den Therapien wollte er zu Hause nicht weiter üben. Er brauchte sehr viel Ruhe.  Ich habe Ihn daher bald auch nicht viel mehr zusätzlich ermutigt. Es kam dann nach einer gewissen Zeit von Ihm selber der Wunsch, dies und das auch zu Hause zu üben. Nach gut einem Jahr wollte er dann auch eine 2. Reha und wir konnten diese dann auch zusammen machen. Mir sagte man mal, die Therapien wären nun die frühere Arbeitszeit meine Mannes. Zu Hause braucht er die Möglichkeit, auch wieder neue  Kraft zu tanken. Bei der Pflege hat mein Mann immer, soviel er nur konnte mit geholfen. Heute steckt mein Mann sich immer wieder ein großes Ziel, er möchte wieder laufen können. Sprechen kann er kaum. Er versteht alles und versucht  es entweder auf zu schreiben oder mit malen oder zeigen zu erklären. Bei Deinem Vater ist es ja noch nicht all zu lange her. Es wird sich bestimmt bald  etwas einspielen.

Alles  Gute und viel Geduld auch für Deine Mutter

LG Ingrid                                                                                                                                                                                   

#4
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Hallo Schoko,

 ihr müßt etwas sturer werden.

Er kann ruhig mal merken, daß nicht alles nach seiner Nase geht.

Ich bin selbst betroffen, war über sieben Monate in der Reha, da hab ich manches gesehen und

gehört.

Die Partner lassen sich leicht vom Mitleid beeinflussen und helfen, wo sie nur können.

Leider bleiben sie selbst dabei auf der Strecke.

Na klar braucht man Geduld und ich weiß nicht, was er versteht und was nicht.

Ihr müßt aber auch an euch denken und ruhig mal nicht reagieren, wenn er rumschreit, sondern das

Zimmer verlassen.

Das wir ihn nicht umbringen, aber er muß merken: bis hierher und nicht weiter.

Liebe Grüße und alles Gute wünscht euch Marion (hoffnung)

#5
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hallo  schoko,

ich glaube ohne hilfe eines psychologen kommt ihr da nicht weiter.
ich glaube auch dass er es nicht unbedingt absichtlich macht, bzw sich so verhält,
nur rätselraten und auf verändetrung warten bringt niemanden weiter.

l.g. margy

#6
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Hallo Schoko,

ich weiß nicht, ob das wirklich ein "Spiel" ist, was Dein Vater spielt. Mein Mann hatte ebenfalls im November vergangenen eine Aneurysmaruptur (Gehirnblutung) links (völlig zerstört) und ist seit dem, wie auch Dein Dad, rechtsseitig komplett gelähmt und hat eine schwere Aphasie (Sprach- und Sprechstörung, kann nicht schreiben und durch seine starke Hemianopsie auch nur schlecht lesen). Es gibt Tage oder Zeiten, da kann mein Mann relativ gut und spontan sprechen und mal überhaupt nicht. Das treibt ihn fast in den Wahnsinn, wie er mir immer wieder zwischendurch sagt und sorgt größtenteils für schwere Depressionen und manchmal auch für Aggression. Ich kann Dir dazu das Buch "Das Schweigen verstehen" von Luise Lutz nur wärmstens empfehlen. Für das Nachsprechen, das bennennen einzelner Gegenstände und vor allen Dingen das Singen sind völlig verschiedene Areale im Gehirn verantwortlich. Vor allen Dingen für das Singen, was bei den meisten Menschen von der rechten Gehirnhälfte (also im Falle Deine Vaters und meines Mannes, die noch gesunde Gehirnhälfte) gesteuert wird. Daher können Menschen mit einer Schädigung auf der linken Seite meistens nicht mehr sprechen aber immer noch singen ... und über das Singen auch öfter wieder zum sprechen gebracht werden. Ihm hier böse Absicht zu unterstellen, halte ich für völlig kontraindiziert und verstärkt seine Blockaden in Bezug auf das Sprechen noch. Das merke ich bei meinem Mann sehr deutlich. Ich kann Dir wirklich nur das o.g. Buch und das Buch "Katze fängt mit S an" ans Herz legen, damit Du verstehst, was in einem Aphasiker vorgeht.... Das Unvermögen mit anderen Menschen zu kommunizieren, ist meines Erachtens die Hölle auf Erden und ich verstehe durchaus, dass mein Mann manchmal so nicht weiter leben will, denn es ginge mir nicht anders. Also "spiel" bitte keine "Spiele", sondern beschäftige Dich mit der Materie und unterstütze Deinen Vater ... Sei gewiss, dahinter steckt keine Absicht.

Gruß Monika

#7
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Hallo Schoko,

aus eigener Erfahrung kann ich nur beitragen, das, und da schliese ich mich der Marion an, hin und wieder " weniger " mehr bedeuten kann. Man muß sich selbst in seiner Umwelt neu definieren und das geht nur über Eigeninitiative.

Das gilt, wie ich finde, auch für die Angehörigen.

Manchmal, so muß ich gestehen, ging mir die Fürsorge meiner Frau, die etwas von 24-stündlicher Observation hatte, auf die Nerven, jeder kleinste Laut wurde registriert und hinterfragt.- Da wird man manchmal ungerecht und nervend für Andere.-

Den richtigen Weg miteinander umzugehen zu finden und auch zu gehen ist nicht einfach und professionelle Hilfe (Psychoterapeut) kann sinnvoll sein. Ein Versuch wäre es wert da Dein Vater ja offensichtlich in Bezug auf Profis eine eigene Motivation empfindet und sich anstrengt. Vielleicht läßt sich da einiges zurecht rücken, ich wünsche es Euch und laßt nicht zu, das IHR gefressen werdet, das hilft niemandem.

Mit schönem Gruß und besten Wünschen

Hannes

 

 

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