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Hallo, ich bin neu hier und bitte um Rat/Hilfe, ich weiß wirklich nicht mehr weiter.

 

Mein Vater hatte 2014 im Alter von 54 Jahren einen schweren Schlaganfall. Er war nach einigen Wochen Krankenhaus (Koma) in einer Reha Klinik, kam dann im Februar 2015 für einige Wochen nach hause, weil sich die KK mit dem Antrag auf Rehaverlängerung mal wieder Zeit ließ. Schon da jammerte er, dass er nicht mehr in die Klinik möchte und lieber zu hause bleiben möchte. Dass die Klinik ihm helfen würde Besserung in Bewegung etc. zu finden wollte er nicht hören. Trotzdem musste er schließlich bis Februar 2016 in eine neue Klinik. Und schon als er nach diesen wenigen Wochen wieder in die Klinik ging, konnte man bei meiner Mutter (jetzt 52) deutliche Erleichterung spüren. Sie ist die Hauptpflegerin bei uns, sozusagend.

Nun ist mein Vater also seit Februar wieder hier und man kann es nicht anders formulieren: Er terrorisiert meine Mutter.

Man muss ehrlich sagen, dafür, dass er einen solchen schweren Anfall hatte, geht es ihm wirklich gut. Er ist weit entfernt von starker Pflegebedürftigkeit. Er kann Laufen, relativ gut sogar, er kann einigermaßen gut sprechen, auch wenn ihm ab und an Wörter fehlen. Sein rechtes Bein zieht er leicht nach, ist aber trotzdem flott unterwegs. Lediglich seinen rechten Arm kann er gar nicht mehr bewegen. Im Großen und Ganzen durchaus eine sehr gute Grundlage um wieder selbstständig zu werden. Das Schlimme ist aber: Er möchte nicht.

Meine Mutter hat nur einen 450 Euro Job bei dem sie dienstags bis freitags jeweils nur 2 - 3 h arbeitet, heißt also generell hätte sie sehr viel Freizeit, aber mein Vater lässt das absolut nicht zu. Sie steht zur Zeit um 7 Uhr morgens auf um in Ruhe ihre Mutter besuchen zu gehen (was bei ihr seit Jahren ein tägliches Ritual ist, momentan vor allem um mal runter zu kommen), weil er erst um 10 Uhr aufsteht und sie sonst jedes, wirklich jedes mal anpampt, wo sie denn schon wieder so lange war. Selbst wenn sie sich mittags ein, zwei Stündchen hinlegt um sich auszuruhen passt ihm das nicht. Es ist jedes mal dasselbe Spiel: Sie kommt nachhause/steht mittags auf - Er: "Wo warst du schon wieder?/Wieso schläfst du ständig?/Wieso lässt du mich immer alleine?" Er sitzt DEN GANZEN TAG nur vorm Fernseher, schaut dann nur Fußball und geht keine Kompromisse im Fernsehprogramm ein, und verlangt trotzdem dass Mama danebensitzt und ihm Gesellschaft leistet - den ganzen Tag. Er weigert sich sich in der Behindertenwerkstatt anzumelden, er weigert sich irgendwas zu tun um mal wirklich was zu tun zu haben, er möchte offenbar keine Psychotherapie machen (er hatte vorher schon Probleme mit Depressionen) und lässt sich dann noch von vorne bis hinten bedienen. Ihm wird das Essen zu Tisch getragen, ihm wird Wasser nachgeschenkt, ihm wird die Haustür offengelassen wenn er spazieren geht - ansonsten müsste er ja selbstständig einen Schlüssel benutzen (was er kann, das hat er nämlich ein mal sogar gemacht weil niemand zuhause war), er zieht nicht einmal ansatzweise in Erwägung irgendetwas selbstständig zu tun obwohl er wirklich vieles durchaus könnte, wenn er denn wollte.

Letztens hatte er 15 Minuten lang "Hallo? HALLO?" gerufen, bis ich doch mal aufgestanden bin (tu ich normalerweise nicht, weil er meistens nur irgendetwas Unnötiges will was er gut auch alleine machen könnte). Wie sich rausstellte hatte er Kopfschmerzen und um seine Tropfen zu nehmen sollte ich ihm einen Löffel geben - der einen halben Meter neben ihm auf dem Tisch lag! Er hatte also ernsthaft 15 Minuten Zeit Hallo zu schreien, anstatt mal selbst zu versuchen an den Löffel ranzukommen!!

Genauso wenn er in die Küche läuft und da liegt auch nur ein winziges Stück Papier auf dem Boden, fängt er an zu keuchen und zu fluchen, weil er da ja SO schwer vorbeilaufen kann. Er stellt sich wirklich an manchmal, ich hab da ehrlich keine Worte für.

Warum bin ICH nun am Verzweifeln? Wegen meiner Mutter.

Man sieht ihr an wie sie langsam immer mehr daran kaputtgeht. Mein Vater ist nun seit 4 Monaten zuhause und macht ihr seitdem das Leben zur Hölle. Tu dieses, mach jenes, wehe du verlässt das Haus und lässt mich alleine. Er ist nur am Mosern, schreit sie teilweise richtig an bis sie weint.

Einmal schlief meine Mutter im Gästezimmer, weil mein Vater so laut geschnarcht hat dass sie nicht schlafen konnte. Er kam dann mitten in der Nacht ins Gästezimmer und hat sie angebrüllt, wie das sein kann, dass sie ihn einfach alleine im Schlafzimmer lässt. Mitten in der Nacht. Ich war noch wach und habe alles gehört.

Er ist einfach so respektlos und undankbar. Er lässt sich bis zum geht nicht mehr betuddeln und führt sich auf wie ein kleines Kind wenn ihm etwas nicht passt. Pflegeheim können wir uns beim besten Willen nicht leisten, aber das würde er auch 100%ig ablehnen.

Seine gesamte Familie (Geschwister) tun nichts. Wenige von ihnen kommen alle heilige Zeit mal vorbei und machen dann einen auf auf großzügig, weil sie ein mal zu Besuch waren. Ansonsten melden sie sich nie, und wenn, dann nur um meiner Mutter Vorwürfe zu machen, dass sie sich ja nicht gut genug um ihn kümmert. Aber selber kümmern? Kommt nicht in Frage.

Ich habe mich auch schon zur "Pflegehilfe" oder zumindest als Gesellschaft angeboten, wenn Mama mal nicht da ist, damit er sich nicht alleine fühlen muss, aber das lehnt er strikt ab.

Mir wird ständig (von seinen Geschwistern natürlich) vorgeworfen, ich würde mich nicht um ihn kümmern und ich soll meiner Mutter doch helfen wenn die Pflege so anstrengend ist (bitte sarkastischen Ton einfügen). Es stimmt zwar, dass ich mich nicht um ihn kümmere, aber auch nur weil er es nicht will. Es geht ihm auch null darum Gesellschaft an sich zu haben, er möchte Gesellschaft seiner Frau haben - seine Tochter ist offensichtlich nicht ausreichend.

Ich mache mir Sorgen um meine Mutter, ernsthaft. Mein Vater will, will, will und nimmt, nimmt, nimmt - aber gibt NICHTS zurück, außer Geheule und Gepampe ach wie furchtbar alles ist. Meine Mutter und auch ich haben schon so oft versucht ihm klar zu machen, dass wir alle verstehen dass das schwer für ihn ist, aber dass wir alle Menschen sind, dass wir alle ein Recht auf ein eigenes Leben haben, dass Mama daran kaputtgeht wenn er so weitermacht, dass das alles nicht nur für ihn schlimm ist sonder für uns alle, weil wir auch Gefühle haben. Er möchte es nicht hören. Nein, stattdessen sagt er nur "Es geht doch aber vor allem um micht" - wenn Mama dann weinend und völlig verzweifelt den Raum verlässt, ist er auch noch beleidigt weil sie ja so egoistisch ist. Er ist absolut nicht bereit Einsicht zu zeigen, Respekt zu zeigen.

Ich verzweifle daran, wirklich. Ich möchte meiner Mutter so gern helfen aber ich weiß nicht wie. Mein Vater wird niemals mehr selbstständig wenn das so weitergeht, meine Mutter wird vermutlich bald noch Depressionen bekommen, wenn sie das nicht jetzt schon hat. Ich habe Angst um sie, aber ich weiß einfach nicht mehr weiter.

#2

jup11

Quarnbek, Deutschland

Hallo Ellie,

das sind Persönlichkeitsveränderungen bei deinen Vater. Hier findest du vielleicht einige Infos und wie man damit umgeht:

http://www.ruhr-uni-bochum.de/np-ratgeber/persoenlichkeit/PV.pdf

http://www.fragile.ch/uploads/tx_pdforder/Fachinformationsschrift_Nr3_Web.pdf

http://www.fragile.ch/uploads/tx_pdforder/FRA_begleitheft_GZD1_02.pdf

Wenn dein Vater nicht zum Psychologen will, sollte vielleicht deine Mutter gehen und sich beraten lassen.

Jürgen

http://www.schlaganfall-info.de/com/Drei_Jahre_danach.pdf

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