Hallo zusammen,
nun ist Ben schon einige Monate zuhause. Obwohl eigentlich alles gut geregelt ist und sich mehr oder weniger eingespielt hat, fühle ich mich im Dauerstress und kann keine Freude mehr empfinden.
Es hat vielleicht damit zu tun, dass ich unterschätzt habe, wie langsam es mit der Genesung vorangeht. In der Klinik ist man in einer sicheren, aber auch aus dem Alltag herausgehobenen Umgebung. Im Hintergrund war bei mir immer die Hoffnung, es könnte zuhause wieder teilweise wie früher werden. Und dann natürlich der Stress, weil immer etwas zu regeln ist, ich ständig irgendjemandem hinterhertelefoniere und mit den übertriebenen Erwartungen von Bens großem Freundeskreis konfrontiert bin. Da er prima reden kann, geistreich und schlagfertig ist, denken alle, es wäre so wie früher, und haben kein Verständnis dafür, dass ich nicht den ganzen Tag glücklich durch die Wohnung tanze. Sie sehen ja nicht, dass er im Alltag noch so hilflos ist und nichts für sich selbst regeln kann. Ja, ich bin unglaublich dankbar dafür, dass sich Ben entgegen aller Prognosen so gut entwickelt hat. Dennoch ist es nun ein sehr hartes Leben. Ich wäre so gerne mal wieder locker und entspannt, würde mich gerne mal wieder richtig freuen und lachen ... Es kommt mir vor, als hätte man mir die Fähigkeit, Freude zu empfinden, gestohlen ... Kennt ihr dieses Gefühl?
Und so oft kommen zurzeit alte Erinnerungen hoch, an tolle Reisen und entspannte Abende mit Ben. Oder spontane Restaurantbesuche, abends nach dem Essen noch in eine Bar gehen, Ausflüge machen etc. Wenn es überhaupt möglich ist, ist es ein Kraftakt. Ich habe so sehr das Gefühl, im falschen Leben zu sein. Als hätte man den Film unseres Lebens in der Mitte zerschnitten und eine falsche Fortsetzung daran geklebt. Ich wünschte, wir könnten aus all dem aussteigen ...
Nun habe ich genug gejammert, vielen Dank fürs Lesen und einen schönen Sonntag!
Christine