#1
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Hallo zusammen

ich möchte mir einfach mal etwas von der Seele schreiben und wenn anschließend der ein oder andere etwas dazu "sagen" kann/möchte, wäre es natürlich um so besser.
Mein Zwillingsbruder (37) wurde am 19. Mai 08 in einer 12 stündigen OP von seinem Olfaktorius Meningeom "befreit". Leider erlitt er während der OP 3 kleinere Hirninfarkte, einer davon in Stammhirn Nähe (genaueres weiß ich jetzt leider nicht). Der Tumor war sehr groß (Tischtennisballgröße).
Er wurde 2,5 Wochen im künstlichen Koma gehalten und ist nun ab dem 5.Juni dabei, sich von all dem zu erholen.
Er blieb noch 2 Wochen auf der Intensiv und ist nun seit 1,5 Wochen zur Reha - also insgesamt seit 3,5 Wochen aus dem künstlichen Koma.
Er hatte vor der OP massive Sehstörungen - Sehvermögen von 10%, da der Tumor auf die Sehnervkreuzung drückte und die Sehnerven sich entzündet hatten. Heute wissen und erleben wir glücklicherweise, dass er wieder sehen kann - das größte Geschenk!
Die linke Halbseitenlähmung .... mhm. Das linke Bein kann er nun auch wieder etwas bewegen. Gestern ging er mit HIlfe der Krankenymnastikerin ein paar Schritte - lediglich das Fußgelenk war durch eine Bandage gestützt .

Aus der linken Schulter heraus "kommt ein wenig" - die linke Hand reagiert jedoch überhaupt nicht. Er spürt allerdings Berührungen.

Was mich persönlich jetzt so fertig macht ist die große Frage, ob sich das alles wieder erholen kann. Er halluziniert, weiß nicht wieso er dort bei der Reha ist, weiß an einem Tag von seiner Tochter, am nächsten Tag leugnet er sie....er weint viel und wirkt manchesmal sehr hilflos (was er ja auch tatsächlich ist!). Von der Klinik in Flechtingen bin ich nicht gerade begeistert. Gestern als ich hinkam saß mein Bruder im Rollstuhl wie abgestellt in der Wartezone - zusammen mit älteren Patienten.Die Ärtzin war heute, als ich telefonische Auskunft erbeten habe, sehr unfreundlich. Es kam mir vor, als würde ich sie durch meinen Anruf belästigen. Wir wohnen allerdings 1,5 Autostunden entfernt und arbeiten vollzeit, so dass wir nur mittwochs und am Wochenende zur Klinik fahren können.
Mein Gefühl sagt mir, ich müsste öfter dort sein. Damit mein Bruder nicht wie abgestellt in der Wartezone steht.
Es ist irgendwie alles so belastend - an manchen Tagen könnte ich verzweifeln und es tut mir weh, meinen Bruder so zu sehen.
Ich habe auch Angst davor, dass sich sein Gedächtnis nicht wieder erholt. Das dieses Halluzinieren nicht aufhört, er sein Zeit und Raumempfinden verloren hat....
Ich weiß, dass beschädigte Hirnregionen durchaus kompensiert werden können. Das Verknüpfungen neu angelegt werden etc. Und dennoch hätte ich gerne jemanden an meiner Seite der nur einmal sagt: Es wird alles gut. Als Angehörige fühle ich mich alleine gelassen mit meinen Gedanken und Ängsten. Dabei bräuchte ich gerade jetzt viel Kraft um meinen Bruder unterstützen zu können.
Ich möchte hier kein Mitleid einkassieren sondern hoffe einfach, das es unter euch Menschen gibt, die mich verstehen - und mir bzw. uns ein bisschen Mut machen können.
Sorry, wenn alles ein bisschen durcheinander geschrieben ist....wer noch fragen hat, möge sie stellen.
Ich warte dann mal auf eure Antworten...

VG
Chantay
#2
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Unbekannt

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Hallo Chantay,
 
begrüsse Dich im Forum. Dein Bruder ist ja noch sehr jung und wird auch gute Chancen haben sich im Laufe der Zeit, von seinen gesundheitlichen Problemen auch wieder zu erholen. Das haben andere hier im Forum auch geschafft, lass im ganz einfach Zeit, sprich im Mut, Ehrgeiz und Geduld zu, die wird er brauchen und Du in den nächsten Monaten auch.  Es brauch auch alles seine Zeit um zu Heilen und sich wieder zu finden, oder sich zu regenerieren. Seit für in da und helft Ihn in dieser Zeit über die vielen Probleme hinweg und geht im die Kraft irgendwann wieder auf eigenen Füssen zu stehen.
 
 
Man darf sich nie entmutigen lassen.
 
 
Liebe Grüsse von Rüdi
 
 
:)
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal bearbeitet, zuletzt von »caveman« (26.06.2008, 18:52)
#3
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Hallo Chantay,
 
ich würde mir erstmal Sorgen um dich selber machen, du bist ja seine Zwillingsshwester und könntest das Selbe in deinem Kopf haben.
 
Auf alle Fälle, hat dein Bruder Chanchen, dass er mit guter Reha, ein halbwegs normales Leben wieder bekommt.
 
Liebe Grüße Manfred
#4
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Unbekannt

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Hallo Chantey!
 
Auch von mir ein herzliches Willkommen hier.
 
Da hat Dein Bruder aber schon eine Menge mitmachen müssen, ich kann gut verstehen, dass Du traurig und verzweifelt bist.
 
Zu den Halluzinationen kann ich leider nichts sagen, aber da sich die anderen Behinderungen doch ganz gut zurück entwickeln könnte ich mir gut vorstellen, dass sich auch dieses wieder bessert. Könnte es vielleicht sein, dass Dein Bruder ein Problem mit dem Kurzzeitgedächtnis hat? Das kommt nämlich auch bei vielen SA-Patienten vor.
 
Zur Situation in der Klinik:
 
Macht am besten vor Eurem nächsten Besuch einen Termin mit der Ärztin und sprecht dann vor Ort mit ihr ab, dass sie Euch auch telefonisch Auskunft geben soll. Als mein Vater in der Reha war hatten wir das Glück, einen Arzt zu haben, der sich in dieser Hinsicht sehr kooperativ verhalten hat. Mein Pa war auch ca. 100 km von uns entfernt und auch uns waren höchstens 2 Besuche in der Woche möglich.
 
Das "Abstellen" im Rolli fand ich auch immer furchtbar, wir haben das auch öfters erlebt. Es gibt halt nicht genügend Zivis, die mit den Patienten auch mal nach draußen fahren. Andererseits sieht Dein Bruder so mal was anderes und ist nicht nur auf sein Zimmer beschränkt. Kann er mit seinen Augen lesen oder fernsehen, um sich etwas zu beschäftigen?
 
Ansonsten kann ich Rüdi nur zustimmen. Gebt Deinem Bruder das Gefühl, für ihn da zu sein, sucht Kontakte auch zu den Pflegern und Therapeuten, achtet darauf, dass sein Therapieplan durchgeführt wird und kämpft um jeden Tag Reha, die er bekommen kann. Ach ja, ist er in einer Neurologischen Reha? Dann sind dort doch sicher noch mehr jüngere Patienten, vielleicht kann man die Pfleger dahingehend motivieren, dass er mit denen im Aufenthaltsraum sitzt und nicht mit den "Alten".
 
Viele liebe Grüße und alles Gute für Euch!
 
Babsie
#5
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Unbekannt

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hallo chantay,

wenn bei deinem bruder sich alles so verhält wie bei einem schlaganfallpatienten kann ich mitreden,
ich hatte vor etwas mehr als vier jahren eine stammhirnblutung und konnte nach zwei wochen als man mich aus dem koma holte, nur die augen bewegen.
heute mache ich die ersten gehversuche. auch ohne hüftköpfe, die ich vor drei jahren verlor.
auch wenn einige sagten den typ kannst du in die tonne klopfen geht es beständig irgendwie aufwärts.
es sind viele kleine schritte manchmal auch rückschritte.
man muss sich klar werden, dass es nie wie vorher wird,
aber bedenke, dass mit dem tumor gar nichts mehr geworden wäre.
ich wünsch euch viel kraft und gedult. herzlich willkommen im forum.

margy

margy hat seine geschichte und viel mehr aufgeschrieben unter www.margy-plauen.de
#6
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Unbekannt

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Hallo Chantay,
erstmal herzlich willkommen im Forum!

Ich kann Dich sehr gut verstehen, denn die "Geschichte" meiner Mama ist der von Deinem Bruder sehr ähnlich. Dein Bruder ist erst seit 1,5 Wochen auf Reha. Gib ihm Zeit, es wird Besserung zu sehen sein....aber das kann daaauuuueeeeern.
Meine Mama hat letzte Woche die ersten klitzekleinen Fortschritte gemacht und ist seit dem 21.05 auf Reha. Allerdings ist sie schon 61 Jahre alt und ich denke, je älter desto langsamer die Fortschritte / Besserung.
Du (und auch Dein Bruder) wirst sehr viel Geduld brauchen.
Das Kurzzeitgedächtnis ist bei meiner Mama auch betroffen. Heute hatte ich zum ersten mal den Eindruck, das sie sich wirklich an ihr Mittagessen erinnern konnte - es aber leider noch nicht in Worte fassen kann. Wie gesagt, man braucht echt viel Geduld.

Meine Mama hat die Lähmung auf der rechten Seite und kann ihr Bein + den Fuß ein klein wenig bewegen. Mit der Hand klappt das leider noch nicht so "gut". Hatte diesbzgl heute ein kurzes Gespräch mit einem Mitarbeiter aus der Orthopädiewerkstatt:
Dieser hat mir erklärt, dass der gelähmte Arm und auch die Hand meist am längsten benötigen, um sich zu erholen. Das scheint auch auf deinen Bruder zuzutreffen. Also mach dir bitte erstmal keine Sorgen!

Das mit dem "Rollstuhl abstellen" kenne ich auch von meiner Mama. War das erste mal auch schockiert, obwohl Mama ja auch zu den älteren Patienten gehört - nur ist meiner Meinung nach das Alter dabei egal!! Abgestellt ist nunmal abgetellt - egal wie alt! Das zu sehen schmerzt die Angehörigen und erzeugt ein schlechtes Gewissen. Meine Anfahrt ist leider auch ziemlich lang (ca.2 Std) und ich kann sie deshalb nur 2-3 x
unter der Woche besuchen. Dafür bin ich dann am Wochenende etwas länger bei ihr und genieße die Zeit mit ihr dann umso mehr.

So eine arrogant wirkende Ärztin hat meine Mama leider auch, aber diese unschöne Situation :( habe ich mit dem Oberarzt besprochen. (Nachdem ich viel Zuspruch aus diesem Forum und den wirklich lieben Mitgliedern erhalten habe.) Hatte ein wirklich nötiges und informatives Gespräch mit ihm. Wir sind so verblieben, dass ich mich bei weiteren Fragen direkt an ihn wenden kann - hatte zwar seitdem erstmal keine Fragen mehr, aber ein deutlich "besseres" Gefühl - soweit man davon überhaupt sprechen kann.


Ich wünsche Dir und Deinem Bruder viel Geduld, Kraft und Mut! Sei für ihn da, sprich ihm viel Mut zu. Er soll kämpfen, es rentiert sich wirklich!

Liebe Grüsse Biggi
Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal bearbeitet, zuletzt von »Biggi« (27.06.2008, 22:53)
#7
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Hallo

und entschuldigung, das ich mich jetzt erst wieder melde.
Vielen Dank für eure Antworten, euren Zuspruch.

Das ich auch einen Hinrtumor haben könnte, da ich die Zwillingsschwester bin, schiebe ich mal ganz weit weg. Klar hatte ich anfangs kurz daran gedacht. Aber da es nicht erblich bedingt ist müsste der "Zufall" schon mehr als blöde sein. Und wenn ich doch einen Hirntumor haben sollte so würde ich es jetzt nicht wissen wollen.

Mein Bruder ist in der Neurologischen Reha.Soweit ich das bislang beobachten konnte, sind die anderen Patienten leider alle deutlich älter. Aber ich werde übermorgen nachfragen, was er nach den Therapien bis zum Abend macht. Wo er sich aufhält. Ein Einzelzimmer ist auf Dauer vielleicht gar nicht so glücklich - obwohl er Fernsehen kann und auch zeitschriften von uns bekommt.

biggi, deine Information bezüglich des betroffenen Arms (linkseitig gelähmt) war mir sehr hilfreich. Mein Bruder beschwerte sich, er hätte seine Hand neulich nicht gefunden und der Arm würde noch immer nicht wollen. Ich gab die Information einfach an ihm weiter, um ihm Mut zu machen.
Es ist ja so, das er durchaus Gefühl in der Hand hat. Ich hatte ihm die Fingernägel gefeilt und er spürte, an welchem Finger ich war. Das muss doch ein gutes Zeichen sein, dass noch "Leben" da ist oder?
Er bekommt auch täglich "Strom EMS" - ich vermute, sie prüfen die Nervenbahnen?

Da das Telefonat mit der Stationsärztin so unerfreulich war, bin ich schon am Überlegen, mich an den Oberarzt zu wenden. Oder direkt mit allen Therapeuten zu sprechen. Wer mag wohl am ehesten Auskunft geben können - der Oberarzt doch sicher nur bedingt?

Mein Bruder macht glücklicherweise Fortschritte; er kann mit Hilfe schon ein paar wenige Meter gehen. Manchmal mag er sich aufsetzen im Bett. Er darf endlich trinken und die Stimme ist schon kräftiger geworden.

Ich bin allerdings so blöd und stürze mich freiwillig in die nächste Sorge die da lautet: was ist, wenn die Klinik ihn zu schnell als "austherapiert" ansieht? Er lebt alleine - hatte sich von seiner Freundin getrennt.
Ich meine, er kann doch dort nicht entlassen werden - hat aber vielleicht noch Orientierungsschwierigkeiten, Gedächtnisverlust etc pp.Zumal sein wohnort über 120 km zur Familie entfernt ist.
Natürlich würden wir ihn gerne hier in die Nähe "holen" - aber meine Schwester, Mutter und auch ich, wir arbeiten alle vollzeit - wir könnten ihn nicht pflegen.
Oder denke ich einen Schritt zu weit?
*seufz*..... wie gerne würde ich mit einem Auge mal ins Jahr 2009 blinzeln....nur mal so.....

LG
Chantay
#8
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Hallo Chantay,

das sind doch mal schöne Nachrichten!! Er macht jetzt schon Fortschritte und das nach erst 1,5 Wochen Reha! Das gibt Dir doch bestimmt schon ein bißchen Auftrieb, oder? Mir haben die ersten klitzekleinen Fortschritte meiner Mama soviel gegeben...ich denke immer gerne daran und baue mich (in ganz miesen Zeiten) damit wieder etwas auf.

Das mit dem Einzelzimmer finde ich im Prinzip besser, da die nötigen Ruhepausen dadurch gut gewährleistet sind.Zumindest benötigt meine Mama diese Ruhepausen ganz dringend und dann gibts ja notfalls noch den Fernseher - falls doch mal langeweile entstehen sollte. ;)
Ausserdem kann man so ein Einzelzimmer (ohne große Rücksicht auf andere Patienten) schön einrichten / gestalten - hab ich zumindest getan...

Falls du Fragen bzgl. der Therapien o.ä. hast und mit der Stationsärztin nicht klar kommst, dann melde dich unbedingt zu einem Oberarztgespräch an. Ich bin ziemlich froh, das getan zu haben.

Deine Ängste bzgl. einem "nahen" Reha-Ende und was danach dann kommt, kann ich sehr gut verstehen. (Bin da auch gerade mittendrin.)
Hat die Ärztin wohl schon Andeutungen bzgl. einem Ende der Reha gemacht? Ansonsten würde ich die Ärztin bzw. den Oberarzt oder einen Mitarbeiter der Sozialstation vor Ort darauf ansprechen. Erst nach so einem Gespräch kannst Du Dir dann Gedanken über das "Leben danach" machen. Bis dahin wird Dein Bruder allerdings noch einige Fortschritte machen!

Ich wünsche Dir viel Kraft und vorallem Geduld. Alles Liebe für Dich und für Deinen Bruder!

Liebe Grüße,
Biggi



Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal bearbeitet, zuletzt von »Biggi« (30.06.2008, 21:59)
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