#21

DirkHaberhauer

Frankfurt, Deutschland

Hallo Dirk,
in der Frühreha Phase B hatte mein Ben auch nur eine Therapie am Tag. Mehr wäre auch nicht gegangen. Bei einem Freund von mir, der ebenfalls einen schweren Schlaganfall hatte, war es genauso. In der Phase C kam dann ein ziemlich anstrengendes Programm mit bis zu 8 Therapien täglich. Vielleicht könntest Du mal mit der Therapieleitung oder einem Therapeuten sprechen und fragen, was dahintersteckt? Vielleicht geht es wirklich darum, ihn nicht zu überfordern?
Liebe Grüße
Christine

 Guten Morgen,
na das beruhigt mich jetzt doch ... 
Was müssen die armen denn können für Phase C?
Gefühlt kommt er da nie hin, weil in B so wenig gemacht wird.
Leider erwische ich die Therapieleitung und die Therapeuten nicht. Das ist das Elend, wenn man nicht vor Ort sein kann.
Der eine Dr. hat mit den Schultern gezuckt und gemeint, ja, das wäre eine Trauerspiel, aber sie hätten nunmal nicht mehr Personal 😢
Wie ging der Wechsel von B nach C, was konnte Dein Ben dann?
liebe Grüße und EUCH ein schönes Wochenende

#22

Christine

Koblenz, Deutschland

Hallo Dirk,

in der Frühreha hat Ben gelernt, wieder selbständig zu atmen und zu schlucken, das war die Aufgabe der Ergotherapeutin. Der Physiotherapeut hat ihn mobilisiert, so weit es da schon ging, d.h,. er hat ihn an den Bettrand gesetzt, Bettfahrrad fahren lassen und am Ende kurz in den Stand gebracht. Ben hat nach dem künstlichen Koma viele Wochen halluziniert, da ist er erstmal gar nicht richtig rausgekommen. Die Neuropsychologin hat versucht, ihn wieder an die Wirklichkeit heranzuführen. Aber wie gesagt, mehr als eine halbe Stunde Therapie am Tag ging bei ihm in den ersten Monaten nicht. Er kam in die Phase C, als er in der Lage war, ein paar Stunden am Tag im Rollstuhl zu sitzen, zu atmen und zu schlucken und geistig wieder klarer war. Die C war sehr herausfordernd für ihn, auch psychisch. Denn erst da hat er verstanden, was eigentlich mit ihm passiert war, und ist in ein tiefes Loch gefallen. Das führt dazu, dass er nun positive Erinnerungen an die Phase B hat (da hat er sich ganz wohlgefühlt, in seinen Traumwelten, die immer positiv waren) und negative an die C, obwohl sie ihn da sehr weit gebracht haben.

Liebe Grüße
Christine

#23

Marganna

Rheinland, Deutschland

Hallo Dirk,

zunächst einmal möchte ich dir sagen, dass es mir sehr leid tut, was ihr durchmachen müsst! Ein Schlaganfall ist immer schlimm, beidseitig betroffen ist etwas, was ich mir bislang gar nicht vorstellen konnte. 

Zu deinen Fragen: Ich nehme an, dass zusätzlich zum Personalmangel auch die (leider nicht vorhandene) Leistungsfähigkeit deines Partners eine Rolle spielt, was die Therapien anbelangt. 

Bei meinem Mann war es in Phase C so, dass er alleine im Rolli zu den Therapien fahren konnte, später zum Glück sogar am Stock gehen. Ich glaube, das ist aber nicht unbedingt eine Grundvoraussetzung. 

Du redest von Therapien zuhause. Wird das denn überhaupt funktionieren mit der Vollzeitpflege daheim, wo du doch selbst eingeschränkt bist?

Viele Grüße und viel Kraft!

Marganna

#24

DirkHaberhauer

Frankfurt, Deutschland

Hallo Dirk,

zunächst einmal möchte ich dir sagen, dass es mir sehr leid tut, was ihr durchmachen müsst! Ein Schlaganfall ist immer schlimm, beidseitig betroffen ist etwas, was ich mir bislang gar nicht vorstellen konnte. 

Zu deinen Fragen: Ich nehme an, dass zusätzlich zum Personalmangel auch die (leider nicht vorhandene) Leistungsfähigkeit deines Partners eine Rolle spielt, was die Therapien anbelangt. 

Bei meinem Mann war es in Phase C so, dass er alleine im Rolli zu den Therapien fahren konnte, später zum Glück sogar am Stock gehen. Ich glaube, das ist aber nicht unbedingt eine Grundvoraussetzung. 

Du redest von Therapien zuhause. Wird das denn überhaupt funktionieren mit der Vollzeitpflege daheim, wo du doch selbst eingeschränkt bist?

Viele Grüße und viel Kraft!

Marganna

 Hallo,

das mit dem viel Training zu Hause bezog ich auf Annin's Text. Sie schrieb, dass sie in der Reha nicht viel bekamen und dann so schnell wie möglich zu Hause trainiert haben. Das wiederum kann ich mir aktuell gar nicht vorstellen. Zumal alle bislang angerufenen Therapeuten keine Hausbesuche machen 😢
Wie lange war Dein Mann in Phase B? Und dann wie lange in C?
Ich befürchte durch den beidseitigen Anfall, dass er noch sehr lange nicht selber in einen Rollie kommt geschweige denn, dass er ihn alleine fahren könnte ...
Es ist so schlimm, daheim zu sitzen und nicht helfen zu können.
Dir einen schönen Samstag!

 

#25

DirkHaberhauer

Frankfurt, Deutschland

Hallo Dirk,

in der Frühreha hat Ben gelernt, wieder selbständig zu atmen und zu schlucken, das war die Aufgabe der Ergotherapeutin. Der Physiotherapeut hat ihn mobilisiert, so weit es da schon ging, d.h,. er hat ihn an den Bettrand gesetzt, Bettfahrrad fahren lassen und am Ende kurz in den Stand gebracht. Ben hat nach dem künstlichen Koma viele Wochen halluziniert, da ist er erstmal gar nicht richtig rausgekommen. Die Neuropsychologin hat versucht, ihn wieder an die Wirklichkeit heranzuführen. Aber wie gesagt, mehr als eine halbe Stunde Therapie am Tag ging bei ihm in den ersten Monaten nicht. Er kam in die Phase C, als er in der Lage war, ein paar Stunden am Tag im Rollstuhl zu sitzen, zu atmen und zu schlucken und geistig wieder klarer war. Die C war sehr herausfordernd für ihn, auch psychisch. Denn erst da hat er verstanden, was eigentlich mit ihm passiert war, und ist in ein tiefes Loch gefallen. Das führt dazu, dass er nun positive Erinnerungen an die Phase B hat (da hat er sich ganz wohlgefühlt, in seinen Traumwelten, die immer positiv waren) und negative an die C, obwohl sie ihn da sehr weit gebracht haben.

Liebe Grüße
Christine

 Gott was für ein Schicksal!
Auf welchem Stand seid Ihr heute? Wie habt Ihr das alles durchgestanden?

Seit die KK dort in der Reha gestern morgen Stress gemacht hat, bekam er gestern und heute Bewegung - im Liegen wie Fahrrad fahren und auf ein Gerät geschnallt, das wie Treppensteigen simuliert. Der arme Mann hängt da drin wie ein Sack. Aber ich freu mich, dass überhaupt mal was passiert.
Wie lange war Dein Ben denn in den einzelnen Phasen? Immer in der gleichen Klinik?
Mein Partner sprach vor 2 Tagen nur noch von "sterben wollen".

In welchem Zustand durfte Ben heim und wie läuft es daheim?

Entschuldige, wenn ich zu viele Fragen habe.
Ganz dankbare Grüße! Ohne den Austausch hier würde ich durchdrehen.

#26

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

 

 Gott was für ein Schicksal!
Auf welchem Stand seid Ihr heute? Wie habt Ihr das alles durchgestanden?

Seit die KK dort in der Reha gestern morgen Stress gemacht hat, bekam er gestern und heute Bewegung - im Liegen wie Fahrrad fahren und auf ein Gerät geschnallt, das wie Treppensteigen simuliert. Der arme Mann hängt da drin wie ein Sack. Aber ich freu mich, dass überhaupt mal was passiert.
Wie lange war Dein Ben denn in den einzelnen Phasen? Immer in der gleichen Klinik?
Mein Partner sprach vor 2 Tagen nur noch von "sterben wollen".

In welchem Zustand durfte Ben heim und wie läuft es daheim?

Entschuldige, wenn ich zu viele Fragen habe.
Ganz dankbare Grüße! Ohne den Austausch hier würde ich durchdrehen.

 

Gut, dass Du die KK mit eingebunden hast. Auch wenn die anderen ebenfalls nur eine Therapie pro Tag hatten, üblich ist das nicht. Auch nicht in der Stufe B. Mein Mann hatte von Anfang an mehr Therapien. Allerdings liefen alle nur 20 Minuten. 

Mein Mann hatte sowohl eine rechtsseitige Parese (komplett), eine ausgeprägte Aphasie, große Konzentrationsstörungen und ausgeprägte Erinnerungslücken.

Anfänglich auch noch eine Schluckstörung, die aber glücklicher Weise relativ schnell sich besserte.

Wenn ich mich richtig erinnere, dann hatte er auf Stufe B anfänglich täglich Physio- und Ergotherapie. Logopädie fand 3-4x statt. Ihn hat das schon sehr gefordert und zwischen den Therapien schlief er wie ein Stein. 

Die ersten Gehversuche sahen ähnlich aus wie von Dir beschrieben. Sie fanden in so einem Gestell statt : Gehwagen Taurus H Basic sicher & bequem kaufen | samedo.de®️ – Samedo nur dass mein Mann, anders als dieser Mann auf dem Foto, seine Arme auf diese Platten legte und darin hing wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Es war ein Bild des Elends. Mein Mann konnte sich auch nicht darauf konzentrieren eine bestimmte Strecke zu gehen, d.h. er konnte sich nicht fokusieren. Nur wenn ich ihm voran ging und ihn immer wieder aufforderte mir zu folgen, dann funktionierte das. 

Seine Konzentrationsfähigkeit kannst Du Dir vielleicht vorstellen wenn ich Dir folgendes beschreibe: Um ihm auf dieser Ebene zu fördern begann ich ziemlich schnell Memoriekarten zu legen. Und zwar nur wenige Paare (ich meine es waren 4 oder 5). Diese Karten legte ich offen vor meinen Mann und forderte ihn auf die Paare zu identifizieren. Beim ersten Mal schlief er nach einer Stunde ein. Nach diesem Nickerchen benötigte er eine weitere Stunde bis er die Aufgabe geschafft hatte. Am Folgetag ging es aber schon schneller. Ich habe die Schwierigkeit im Laufe der Wochen gesteigert. Bis hin zum kompletten Spiel mit verdeckten Karten. Am Ende der Reha konnte er mich so manches Mal schlagen. (ich bin aber auch eine lausige Memoriespielerin).

Am Anfang sagte man mir: suchen sie einen Pflegeplatz. Ihr Mann kann zu Hause von Ihnen alleine nicht versorgt werden. Man sagte mir einige Wochen später, als er erste Erfolge erzielen konnte: er wird nie Treppen steigen können. Nun ja, ich sagte meinem Mann, dass er nicht zu Hause versorgt werden kann wenn er nicht wenigstens eine Etage bewältigen kann. Dass ich in diesem Fall ihn erst einmal in ein Pflegeheim geben müsse um dann das Haus zu verkaufen und eine Wohnung zu suchen. 

Mein Mann geht heute in unserem Haus (langsam, aber problemlos) vom Keller bis zum DG. Das sind 3 Etagen.

Seine Sprache hat er nicht wieder gefunden. D.h. er kann besser kommunizieren, aber die Störung ist immer noch sehr ausgeprägt. Ein Fremder käme mit meinem Mann vermutlich nicht klar. Dennoch: auch hier, nach über 5 Jahren, sind immer noch Fortschritte (messbar) zu verzeichnen. 

Die Erinnerungen sind auch wieder vorhanden - mit kleinen Lücken. 

Was ich sagen möchte ist: 2-3 Therapien pro Tag sollten drin sein. Über die Länge kann man diskutieren, über die Therapiehäufigkeit m.E. nicht. Dein Partner hat schon Fortschritte gemacht. Immerhin bessert sich die Sprache. Das ist Grund für Optimismus - auch wenn es mitleidserregend aussieht wenn Dein Partner seine Therapien erhält.

Mach' Dir eines klar: Einschränkungen in der Motorik kann man leichter mit Hilfsmitteln überbrücken als ein Sprachproblem. Die Frage ist nur: könntest Du ihm helfen falls Dein Partner motorisch nicht mehr auf die Füsse kommen sollte? Hast Du die körperliche Kraft dazu?

#27

Christine

Koblenz, Deutschland

Gut, dass Du die KK mit eingebunden hast. Auch wenn die anderen ebenfalls nur eine Therapie pro Tag hatten, üblich ist das nicht. Auch nicht in der Stufe B. Mein Mann hatte von Anfang an mehr Therapien. Allerdings liefen alle nur 20 Minuten. 

 

 

Was ich sagen möchte ist: 2-3 Therapien pro Tag sollten drin sein. Über die Länge kann man diskutieren, über die Therapiehäufigkeit m.E. nicht.

 

Ich denke, man muss jeden Fall individuell betrachten. Es kommt ja auch  darauf an, was ein Patient überhaupt leisten kann. In der Phase B sind oft Patienten mit massiven Schädigungen, deren Gehirn viel Ruhe braucht. Ben musste zum Beispiel erstmal wieder lernen zu atmen. Das ist Schwerstarbeit. Wenn er dann noch vom Pflegepersonal eine halbe Stunde in einen Pflegerollstuhl gesetzt wurde oder eine halbe Stunde Therapie hatte, war er für den Rest des Tages im Tiefschlaf. Da hatte sein Gehirn genug Impulse zum Verarbeiten. 2 bis 3 Therapien am Tag hätte er in Phase B niemals durchhalten können. Man darf nicht unterschätzen, wie anstrengend Therapien für schwer Hirngeschädigte sind. Da er die Therapieziele der Phase B schneller als erwartet erreicht hat, war es gewiss die richtige Vorgehensweise. Oder der Fall meines Freundes, der ebenfalls einen schweren Schlaganfall hatte: In den ersten Wochen in der Rehaklinik (ebenfalls Phase B ) ist er gar nicht richtig wach geworden. Mehr als ein bisschen passives Durchbewegen ging nicht.

Damit will ich nicht sagen, dass es richtig ist, dass Dirks Partner wenig Therapien bekommt. Da er nun mehr Therapien bekommt, seit sich die Krankenkasse eingeschaltet hat, lag da wohl wirklich was im Argen.


Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal bearbeitet, zuletzt von »Christine« (30.11.2024, 22:20)
#28

Christine

Koblenz, Deutschland

 

 Gott was für ein Schicksal!
Auf welchem Stand seid Ihr heute? Wie habt Ihr das alles durchgestanden?

Seit die KK dort in der Reha gestern morgen Stress gemacht hat, bekam er gestern und heute Bewegung - im Liegen wie Fahrrad fahren und auf ein Gerät geschnallt, das wie Treppensteigen simuliert. Der arme Mann hängt da drin wie ein Sack. Aber ich freu mich, dass überhaupt mal was passiert.
Wie lange war Dein Ben denn in den einzelnen Phasen? Immer in der gleichen Klinik?
Mein Partner sprach vor 2 Tagen nur noch von "sterben wollen".

In welchem Zustand durfte Ben heim und wie läuft es daheim?

Entschuldige, wenn ich zu viele Fragen habe.
Ganz dankbare Grüße! Ohne den Austausch hier würde ich durchdrehen.


Zu viele Fragen gibt es gar nicht, ich freue mich, dass Du fragst!

Ben war 4,5 Monate in Phase B und fast 10 in der C. In unterschiedlichen Kliniken. Er hat die ganze Zeit über kleine Fortschritte gemacht. Heute kann er kürzere Strecken mit dem 4-Punkt-Stock gehen, Treppensteigen klappt auch. Der linke Arm ist noch gelähmt. Er hat große Probleme mit dem Sehen und der räumlichen Orientierung.

Geistig ist er klar, er ist sehr eloquent, das war er vorher auch. Er klingt wie früher, und es gibt kurze Momente, in denen ich die Illusion habe, dass alles wieder gut ist. Ist es aber nicht. Im Alltag ist er hilflos wie ein Kleinkind, er kann wirklich nichts alleine machen. Und er möchte, dass ihm genau gesagt wird, was er machen soll. Da war er früher das Gegenteil. Hätte irgendjemand versucht, ihm Vorschriften zu machen, wäre er böse geworden. Heute fragt er mich sogar, ob er auf die Toilette gehen soll. Ich hoffe, dass sich das gibt. Es ist bei ihm ja eine Großbaustelle und er braucht wohl noch viel Zeit. Dennoch: Zuhause läuft es ganz gut, abgesehen davon, dass ich alles allein machen muss. Und ich mache mir mittlerweile große Sorgen um meine Gesundheit. Ich stehe ständig unter Stress und Anspannung und habe Angst, irgendwann richtig krank zu werden. Und das kann ich mir nicht leisten, weil niemand sich um Ben kümmern würde.

Bens geistige Klarheit bei völliger Hilflosigkeit ist ein großes Problem, wenn er Kontakt mit Freunden hat. Dann verabredet er sich telefonisch, klingt völlig normal und behauptet, er könne allein zum Restaurant kommen (er überschätzt sich auch gerne mal). Das muss ich dann korrigieren, und alle denken, dass ich eine übergriffige Helikopter-Partnerin bin, die ihn bloß nicht allein losziehen lassen will. Das ist sehr anstrengend.

Gut, dass nun mehr für Deinen Partner getan wird. Vom Sterben-Wollen sprach Ben auch, als ihm klar wurde, in welchem Zustand er ist. Er bekommt seitdem Antidepressiva, die haben ihm aus diesem Loch geholfen.

Liebe Grüße
Christine

#29

Annin

Bayern, Deutschland

Ich sage auch gerne nochmal was dazu. 
Bei uns war zum Zeitpunkt des Schlaganfalls komplettes Besuchsverbot wegen Corona. Wir durften von der Einlieferung bis 1 Woche vor Entlassung in insgesamt 2 Monaten nicht einmal vorbeikommen. 
Zu Beginn konnte unsere Mutter auch nicht telefonieren und nur über mehrere Ecken konnten wir eine bekannte Pflegerin zu ihr schicken, um mit ihr zu telefonieren. Ansonsten hatten wir aber alle 1-3 Tage Kontakt zu den Ärzten und z. T. zu Pflegern. Das lag sicherlich daran, dass mein Mann als Arzt auch einen Blick darauf hatte und manchmal die Gespräche mit den Ärzten geführt hat. Und weil akute Gefahren bestanden.

Als sie dann telefonieren konnte... bis wir das Handy zu ihr gebracht hatten... haben wir am Telefon Übungen gemacht: Drück die linke Ferse in die Matratze, drück die rechte Ferse in die Matratze, berühre dein rechtes Ohr, suche dein linkes Ohr. Beschreibe den Weg von daheim zum Bahnhof. Beschreibe den Weg vom Wohnzimmer in die Küche. Wo sind die Gabeln? Solche Sachen.

Dann haben wir Blätter mit Bildern ausgedruckt, z. B. Früchten, haben die Sachen in der Klinik abgegeben und am Telefon gefragt, welche Früchte zu sehen sind. Die Früchte auf der linken Seite wurden nicht genannt. 

Für die Frühreha war sie dann eigentlich zu fit, man hat sie mal 4 Tage ohne Therapie im Bett gelassen. Aufstehverbot. Versicherungsgründe. Trotzdem hat sie dort gehen mit Stock oder Rollator gelernt und Treppe steigen.

In der Anschlussreha war es einerseits zu wenig, andererseits wie hier schon oft beschrieben, war die Konzentrationsspanne maximal 10 Minuten. 

Weil nie wer zu ihr durfte, konnten wir uns kein richtiges Bild machen. Als sie unbedingt heim wollte, haben wir es probiert und sie machte sehr gute Fortschritte. Die ersten 2 Wochen waren wir nonstop 24h direkt an ihrer Seite. 
Es kamen keine Fachkräfte zu uns. Ich habe einiges angelesen und ausprobiert, meine Schwester bildet Tiere aus. Somit waren wir ganz gut aufgestellt und auch viele Familienmitglieder die zusammengeholfen haben.

Sie konnte aber bis auf ganz zu Beginn immer sprechen, essen und auf Toilette "gehen" (mit dem Rollstuhl). Waschen oder anziehen ging alleine aber z. B. nicht.
Auch wenn es ein schwerer SA war, ging es nun ganz gut aus. Jetzt nach 4 Jahren sind noch erhebliche Defizite da, aber manches verbessert sich immer noch, z. B. der Einsatz der linken Hand. Der Neglect wird aber wohl nie aufhören.

Sie war immer extrem fleißig und kooperativ und hat alle Übungen mitgemacht und hat sich wahnsinnig angestrengt. Sie wollte auf keinen Fall den Rollator behalten und wir haben wie in der Reha Ziele gesetzt, die erreicht werden sollen.

Ich hoffe, du kannst damit ein bisschen was anfangen.

Es ist nie vergleichbar, aber vielleicht bietet sich die ein oder andere Sache bei euch an. Manchmal ist es auch trotz starkem Willen und Fleiß einfach nicht mehr möglich, zu laufen oder die Hand zu bewegen. Dann ist der Bereich im Gehirn einfach zu stark beschädigt.

Das alte Handy hatten wir so, dass sie nur 2x einen Knopf drücken musste, dann hatte sie mich am Telefon.

 

 


Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal bearbeitet, zuletzt von »Annin« (01.12.2024, 00:25)
#30

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

 

Ich denke, man muss jeden Fall individuell betrachten. Es kommt ja auch  darauf an, was ein Patient überhaupt leisten kann. In der Phase B sind oft Patienten mit massiven Schädigungen, deren Gehirn viel Ruhe braucht. Ben musste zum Beispiel erstmal wieder lernen zu atmen. Das ist Schwerstarbeit. Wenn er dann noch vom Pflegepersonal eine halbe Stunde in einen Pflegerollstuhl gesetzt wurde oder eine halbe Stunde Therapie hatte, war er für den Rest des Tages im Tiefschlaf. Da hatte sein Gehirn genug Impulse zum Verarbeiten. 2 bis 3 Therapien am Tag hätte er in Phase B niemals durchhalten können. Man darf nicht unterschätzen, wie anstrengend Therapien für schwer Hirngeschädigte sind. Da er die Therapieziele der Phase B schneller als erwartet erreicht hat, war es gewiss die richtige Vorgehensweise. Oder der Fall meines Freundes, der ebenfalls einen schweren Schlaganfall hatte: In den ersten Wochen in der Rehaklinik (ebenfalls Phase B ) ist er gar nicht richtig wach geworden. Mehr als ein bisschen passives Durchbewegen ging nicht.

Damit will ich nicht sagen, dass es richtig ist, dass Dirks Partner wenig Therapien bekommt. Da er nun mehr Therapien bekommt, seit sich die Krankenkasse eingeschaltet hat, lag da wohl wirklich was im Argen.

 

Ich habe den Eindruck, für Dich sind Therapien erst dann Therapien wenn der Patient aktiv daran teilnehmen kann. Dem ist aber nicht so.

in der Regel wird das "atmen lernen" auch durch Therapien unterstützt. Und selbst das Setzen in den Pflegerollstuhl gehört im weitesten Sinne zu den Therapien. Das ist Training. Genauso wie passives Bewegungstraining eine Therapie darstellt.

Falls Du Dich erinnerst. Mein Mann hatte massive Schädigungen und die Prognose war deshalb alles andere als rosig. Sein Schlafbedürfnis war ebenfalls sehr ausgeprägt und anfangs fanden die Therapien auch im Bett statt und wenn er sehr müde war, wurde speziell bei der Physio passiv gearbeitet. Gebracht hat das dennoch sehr viel.

 

 

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