#1

Manuela Liebig

Himmberg, Österreich

Mir ist es kürzlich wie Schuppen von den Augen gefallen als ich über das kürzlich BAG Urteil gelesen habe. Daher wüsste ich gern wie ihr die Lage einschätzt. Glaubt ihr dass dadurch die ausländischen Pflegekräfte teurer werden?

#2
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo Manuela!

Was hat dich denn an dem Urteil so erstaunt? Ich finde es war schon lange überfällig das den ausländischen Pflegekräften der gleiche Stundenlohn gezahlt wird wie den einheimischen. Wäre es früher zu diesem Urteil gekommen würden jetzt vermutlich viel weniger illegal in Deutschland arbeiten. 

#3

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Hallo Manuela!

Was hat dich denn an dem Urteil so erstaunt? Ich finde es war schon lange überfällig das den ausländischen Pflegekräften der gleiche Stundenlohn gezahlt wird wie den einheimischen. Wäre es früher zu diesem Urteil gekommen würden jetzt vermutlich viel weniger illegal in Deutschland arbeiten. 

 ja, und noch viel mehr pflegebedürftige Menschen ohne Pflege sein.

akzeptable Pflegeheime voll mit ewig langen Wartezeiten, Pflegedienste nehmen in vielen Regionen keine neuen Patienten und was machen da pflegebedürftige Menschen ohne Familie? Von was soll das ein Mensch mit kleinem Einkommen die hohen Stundensätze bezahlen?

Und wenn Du meinst, dass es das in unserem schönen Land nicht gibt.. Menschen ohne Betreuung und geistig nicht mehr voll zurechnungsfähig nach Hause entlassen, dann irrst Du.

Man hätte das mit meiner Mutter gemacht und darauf gebaut, dass ich als einzige Tochter - mit pflegebedürftigem Mann und alleine auf weiter Flur - das irgendwie auch noch wuppe. Wie eine geistig verwirrte Frau alleine - betreut nur durch den Pflegedienst - weil die Tochter bereits den eigenen Mann pflegt, zu Hause alleine klar kommt (ohne die Bude abzufackeln oder unter Wasser zu setzen), das hat weder Krankenkasse, Pflegeheim (in dem sie nach dem Krankenhaus in Kurzzeitpflege war) noch sonst irgend wen interessiert.

So wie Du kann man nur denken, wenn man noch nie in so einer Situation war.

 


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Amsel« (05.08.2021, 21:06)
#4

Manuela Liebig

Himmberg, Österreich

Hallo Amsel!

Bin genau deiner Meinung. Das ganze wird zu ziemlichen Problemen führen. Aber an die kleinen Leute die sich das dann leisten müssen denken die in der Politik ja nicht. Würde mich nicht wundern wenn es da noch zu heftigen Protesten kommen würde. 

#5
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo!

Ich konnte nicht drum rum eure rege Diskussion mitzulesen. Leider wird es wohl oder übel in die Richtung gehen dass sich immer weniger Leute eine Pflegekraft leisten werden können und damit in ein Pflegeheim gehen werden müssen. Das würde die Situation für die vielen ausländischen Pflegekräfte noch mehr verschärfen. Abzuwarten bleibt dann natürlich auch ob Firmen wie... dann noch häufig aufgesucht werden wenn die Preise für polnische Pflegekräfte steigen würden. 


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Admin« (15.09.2021, 07:29)
#6
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Unbekannt

Gelöscht

Ja, in ein Pflegeheim geben, das wäre ein Möglichkeit, wenn's denn genug Plätze gäbe. Ich habe in einem anderen Thread ja schon ein bisschen über die Odyssee meiner Mutter geschrieben. Wir hatten sie jetzt knapp 6 Wochen lang in einer Intensivpflegeeinrichtung, für die sie aber leider schon ein kleines bisschen zu gesund ist und wir daher die Kosten selber tragen müssen.

Ich musste es tun, weil ich sonst keine andere Möglichkeit hatte. Inzwischen war ich bei über 25 Pflegeheimen auf der Warteliste. Die Pflegeheimsuche war zuletzt ein kompletter Fulltime-Job, denn überall muss man ja erstmal Fragebögen ausfüllen, Unterlagen hinschicken, nachtelefonieren... und am Ende hat ca. die Hälfte der Pflegeheime gesagt, dass meine Mutter für dort zu schlecht dran sei und man sie deshalb nicht nehmen würde, auch wenn ein Platz frei wäre.

Die Intensivpflegeeinrichtung hat uns jetzt pro Woche (!) knapp 4000 Euro gekostet. Zusätzlich mussten wir, da es eine WG und kein Heim ist, alles selbst hinbringen, die kompletten Nahrungsmittel und das ganze Drum und Dran. Ich selber habe auch eine Schwerbehinderung und außer meinem Mann keine nähere Familie, ich fahre kein Auto und krieche inzwischen mit Pflegeheimsuche und der ganzen Organisation rund um die Mama, die derzeit über eine Stunde Autofahrt von mir weg ist, komplett auf dem Zahnfleisch. Mit der Zeit hat sich rausgestellt, dass sogar in dieser mega teuren Intensivpflege-Einrichtung nicht mal die Zeit ist, meiner Mutter dreimal am Tag eine Mahlzeit bereitzustellen, sie wurde daher, obwohl sie längst schon wieder schlucken kann, meistens weiter über die Sonde ernährt.

Es ist einfach nur noch menschenunwürdig, egal wo man hinschaut. Ich habe jetzt Gott sei Dank gestern einen Platz in einem regulären Pflegeheim angeboten bekommen, und scheitere jetzt schon wieder (fast?) an der Organisation des Krankentransports. Die Ärztin, die meine Mutter in der Intensivpflegeeinrichtung betreut, verschreibt ihr den Krankentransport nicht, sie sei nicht mehr zuständig.

Hier bei mir haben fast alle Ärzte Urlaub und dann hatte ich ja auch das Kärtchen nicht hier. Jetzt habe ich endlich ein Rezept bekommen, aber es heißt, die Krankenkasse muss es zuerst prüfen und genehmigen, was ca. 7 Tage dauern soll, aber am kommenden Montag war eigentlich schon der Umzug geplant. Jeder weitere Tag kostet gut 500 Euro für die Intensivpflegeeinrichtung, und das neue Heim zahle ich seit heute auch schon, damit die mir den Platz freihalten.

 

Wir haben in der Zwischenzeit natürlich auch schon angefangen, die häusliche Pflege zu organisieren, denn wir hätten uns das alles ja maximal noch ein oder zwei Wochen leisten können. Es ist, wie Amsel sagt. Ambulante Pflegedienste haben auch erstmal Wartelisten und ohne eine 24h-Betreuung käme ich hier mit meiner Mutter überhaupt nicht zurecht. Wie gesagt, eigene Schwerbehinderung und chronsiche Krankheit, ohne meinen Mann bräuchte ich eigentlich selbst jeden Tag Hilfe.

Mir wäre auch unwohl dabei, eine Dame aus Osteuropa auszubeuten, einfach weil sie das Pech hat, aus einem ärmeren Land zu kommen. Von daher kann ich das Urteil irgendwo schon verstehen und gutheißen. Aber was soll man als Pflegebedürftiger oder Angehöriger tun, wenn man das alles selber einfach nicht allein stemmen kann?

Außer meiner Mutter ein Kissen auf's Gesicht drücken und mich selber danach vom Dach stürzen konnte mir bisher noch niemand eine wirkliche Lösung nennen 😞

Ich hoffe jetzt, dass es im zweiten Anlauf mit diesem Pflegeheim einigermaßen klappt, aber gleichzeitig weiß ich inzwischen auch, dass es viele andere Menschen gibt, die einfach auf der Strecke bleiben. Es ist so traurig, dass für soviel Scheißdreck in unserer Gesellschaft Geld da ist, aber die elementaren Dinge wie Pflege, Schule etc. gehen immer mehr den Bach runter. Man möge meine Ausdrucksweise entschuldigen, aber ich kriege es psychisch inzwischen einfach alles nicht mehr verarbeitet.

 

 


Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal bearbeitet, zuletzt von »Calendula« (06.08.2021, 11:24)
#7

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Calendula, genau so wie Du das beschreibst, so läuft das.

Hätte ich nicht 3 Tage vor Ablauf der Kurzzeitpflege - in der Sie vom Krankenhaus aus untergebracht worden war und die nur diese 2-3 Wochen Platz für sie hatten - doch noch einen Heimplatz aufgetrieben, sie hätten meine Mutter tatsächlich nach Hause gekarrt. 

Klar, man setzte darauf, dass ich als einzige Verwandte mich schon irgendwie kümmern würde. Wie das aber bei einer zum damaligen Zeitpunkt geistig verwirrten und teilweise aggressiven Frau laufen sollte, das konnte mir auch niemand sagen. Und wie ich den zeitlichen Spagat hinbekommen soll auch nicht. Da interessierte es niemanden, dass mein Mann gerade erst von seiner Reha nach Schlaganfall nach Hause gekommen war und selbst noch viel Unterstützung benötigte. 

O-Ton der Krankenkasse: dann kommt halt 3x am Tag der Pflegedienst zu ihrer Mutter, Stehen/Gehen kann sie ja nicht mehr.. was soll da passieren. ... und ... Sie können ja erst einmal ein halbes Jahr beruflich aussetzen.

Dass da selbst im Heim einiges schief lief weil meine Mutter eben wirklich geistig verwirrt war und sie mehrfach vor dem Bett landete und sich fast vollständig einkotete - wen interessierte das schon. Und selbst wenn meine Mutter völlig alleine auf dieser Welt wäre, man hätte genauso verfahren - und da es keine Verwandte gegeben hätte, die einen Platz sucht, wäre es vermutlich auch so gelaufen.

Ich habe übrigens damals auch 2 Wochen lang im Umkreis von über 50 km alles ab telefoniert was nur ging. Es gab Heime, da musste man tatsächlich "Bewerbungsbögen" einreichen (die nannten das auch so) und landete dennoch nur auf der Warteliste. Bei mir war das Anfang 2020. Die meisten Heime auf denen meine Mutter war und bis heute noch ist (es gibt Gründe, warum ich sie nicht habe streichen lassen), haben sich bis heute nicht gemeldet. 

Ganz ehrlich.. ich habe seit diesen und noch einigen anderen Erfahrungen was Reha und Pflege im allgemeinen angeht eine scheixx Angst davor pflegebedürftig zu werden. Es wird niemanden geben der sich so rein hängt wie ich das bei meiner Mutter und meinem Mann getan habe (und ich konnte auch einiges nicht verhindern).

Diese Sozialdienste in den Krankhäusern sind reine Augenwischerei. Die haben ihre Kontakte für kurzzeitige Pflegeheimplätze. Ist das abgelaufen, dann kann der Mensch zusehen wo er bleibt. Da kümmert sich dann keine Sxx mehr darum. Was passiert, wenn auch kein Pflegedienst einspringt, das konnte ich nicht in Erfahrung bringen. 

 

Und vor diesem Hintergrund empfinde ich dieses Gerichtsurteil als blanken Hohn. Am Ende wird es wieder auf Schwarzarbeit heraus laufen weil mit regulären Stundensätzen sich das kaum jemand leisten kann, damit dann weniger Beschäftigungsverhältnisse zu Stande kommen, aber dennoch sowohl auf Seiten der pflegebedürftigen Menschen als auch auf Seiten der ausländischen Pflegekräfte die Not so groß ist, dass man - gleichgültig ob rechtens oder nicht - auf Unterstützung bzw. Lohn, gleichgültig wie niedrig, angewiesen ist. Und damit ist der Ausbeutung von ausländischen Pflegekräften Tür und Tor geöffnet. Hatten wir das nicht in der Anfangsphase bis das endlich mal geregelt war?

 

Tja, aber seit wann hat unsere derzeitige Rechtsprechung etwas mit gesundem Menschenverstand und dem Alltag der Menschen zu tun? 

 

 

 

 


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Amsel« (15.08.2021, 00:16)
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