#1
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Schlaganfall und Beziehung

Liebe Forenmitglieder, liebe Betroffene und vor Allem liebe Angehörige,

durch meine Arbeit in einer neurologischen Rehabilitationseinrichtung lässt mich seit ein paar Tagen ein Thema gar nicht mehr los. Es ist ein sehr persönliches Thema und ich hoffe, dass ich hier trotzdem ein paar aufrichtige Antworten und einen respektvollen Austausch erreichen kann.

Die Frau eines jungen Schlaganfallpatienten ist neulich, nach einem Besuch bei ihm, in Tränen ausgebrochen. Sie könne nicht mehr, sagte sie mir. Er habe sich so verändert. Er sei abweisend zu ihr obwohl sie doch seit Monaten alles täte, was sie könne um ihm Halt zu geben und wieder auf die Beine zu bekommen. Sie bräuchte so einen "Krüppel" nicht mehr, hätte er gesagt und sie nach Hause geschickt.

Genaueres -über ihre Beziehung/ Ehe-  weiß ich nicht, aber seitdem beschäftigt mich die Frage, wie Partner mit so einer erheblichen Veränderung in der Beziehung umgehen? Wie es ihnen dabei geht? Wie sie mit den körperlichen und oftmals auch psychischen Einschränkungen/ Problemen ihres zuvor lebenslustigen und mobilen Partners zurecht kommen? Woher sie die Kraft nehmen zu pflegen, zu helfen und zu motivieren? Was sie vermissen (z.B. auch Zärtlichkeiten oder körperliche Liebe) und wie sie das kompensieren? Welche Einschränkungen sie selbst durch den Schlaganfall ihres Partners haben (z.B. auch bei Reisen oder Träumen, die man gemeinsam geschmiedet hat) und aushalten "müssen"?

Das sind nur einige von den vielen Fragen, die mich zu diesem Thema grübeln lassen. Bis vor ein paar Tagen habe ich mir, für mich, über eine solche Thematik überhaupt keine Gedanken gemacht. Also was wäre wenn? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht?

#2
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Majali,

zum Thema kann ich dir diesen Thread empfehlen:

http://www.das-schlaganfall-forum.de/Forum/Pflege-nach-Schlaganfall/Acht-Jahre-Pflege-und-ich-bin-total-am-Ende_5743

Daraus wird alle Verzweiflung von Angehörigen deutlich, deren Partner nicht so gut wieder auf die Beine kamen wie die meisten, die hier Gott sei Dank wieder schreiben können.

Wir haben uns damals zufällig zur gleichen Zeit im Forum getroffen. Der Austausch hat uns manches Mal durch den Tag geholfen.

Leider haben sich die meisten von uns aus verschiedenen Gründen abgemeldet, ich auch mal zwischendurch.

Irgendwann wollte man sich nicht mehr für seine traurige Einstellung dem "neuen" Leben gegenüber entschuldigen oder rechtfertigen. Und irgendwann konnte man auch keinen Mut oder Optimismus mehr verbreiten.

Mir fehlt unsere damalige Mädelsrunde zwischendurch sehr und ich wüsste gerne, wie es allen heute geht.

Ich grüße alle ganz herzlich, wenn noch jemand mit liest.

Vieles kann man auch aus dem "Wie gehts dir- Thread " entnehmen, wenn man mal in einer stillen Stunde alle Beiträge von Anfang an liest.

Alles Gute für alle Foris !

 

#3
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Majali

Zunächst einmal möchte ich festhalten, dass ich denke, dass alles, was hier im Forum Thema ist und behandelt wird, sehr persönlich und ehrlich ist!
Wie Winterwunder schon geschrieben hat, gibt schon einige Anworten zu Deinen Fragen hier im Forum.

Als selber Betroffene kann ich nur aus meiner Sicht schreiben, aber auch weitergeben, was ich im Laufe meiner Therapie bei einer Neuropsychologin gelernt habe, welche sich genau auf das Thema spezialisiert hat. Und mittlerweile gibt es auch wissenschaftiche Studien zu dem Thema, nicht nur hier in der Schweiz, sondern auch in Deutschland. Es lässt sich sicherlich einiges im Netz darüber finden.

Egal, wie "stark" der Hirnschlag gewesen ist, wie ausgeprägt die Folgen (ob physisch oder psychisch) für den Betroffenen sind, die Angehörigen, v.a. die Partner sind genauso betroffen. Auch für sie ändert sich ihr Leben meist komplett. Und gemäss meiner Therapeutin gibt es Zahlen (für die Schweiz), die belegen, dass sich 50% aller Paare nach 3 - 4 Jahren nach einem Hirnschlag trennen. Die Belastung für beide Partner ist immens hoch und daher auch die Wahrscheinlichkeit, dass irgendwann einer der Beiden nicht mehr mag oder kann.
Die Partner müssen sich nach einem Hirnschlag wieder neu finden, neu aufeinander eingehen und das unter denkbar schwierigen Umständen. (Neuro-)Psychlogische Unterstützung für beide Partner kann dabei sehr hilfreich sein.
Und so, wie die Auswirkungen eines Hinschlags bei jedem Betroffenen anders sein können, können auch sicherlich die Erfahrungen der Partner unterschiedlich sein. Und genauso wird es auch Ähnlichkeiten geben.

Ich bin nach wie vor noch mit meinem Freund zusammen, aber wir haben auch sehr schlimme Phasen durchgestanden, in welchen er oder ich uns haben trennen wollen. Wir haben sehr viel geredet, aber nicht alles kann oder will man dem Partner mitteilen oder gar zumuten. Ich kann aber mittlerweile einige seiner Verhaltensweisen nachvollziehen und er ein paar meiner Enttäuschungen darüber. Und auch jetzt ist nicht alles eitel Sonnenschein, aber wir haben eine ganz gute Basis gefunden. 
Ein grosses Glück für unsere Beziehung ist gewesen, dass sich mein Freund, v.a. in der ersten Zeit nach meinem Hirnschlag, immer wieder seine Auszeiten genommen hat und auch an sich gedacht hat. Das habe ich damals zwar nicht verstanden, aber mittlerweile kann ich das gut nachvollziehen.

Herzlicher Gruss!

#4
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Guten Morgen, Ihr Beiden!

Vielen lieben Dank für Eure ausführlichen und aufrichtigen Antworten! Mein erster Gedanke dazu war: "Traurig.... wie traurig ist das?!" Und da klingt weder Vorwurf noch sonstetwas mit. Ich kann nicht verstehen, Winterwunder, warum man sich dafür entschuldigen oder rechtfertigen müsste. Ich werde mir auf jeden Fall Deinen Link und die Forenbeiträge durchlesen.

Die heftige Reaktion meines Patienten (er bekommt jetzt Antidepressiva) und die unendliche Traurigkeit und Hilflosigkeit seiner Frau haben mich sehr bewegt und werden es auch die nächsten Wochen weiter tun. Die Frau bekommt jetzt bei uns auch in der SA-Sprechstunde für Angehörige Unterstützung und ich hoffe die Beiden werden gut aufgefangen.

Bei Dir "Krümmel" freut es mich lesen zu können, dass Deine Beziehung nach einigen Auf- und Ab eine feste Basis bekommen hat. Dass nicht immer alles eitel Sonnenschein ist, ist klar, das ist es ja nicht einmal in Beziehungen, in denen beide Partner gesund sind. Ich wünsche Dir auf alle Fälle, dass Ihr Euch weiterhin gut gegenseitig stützen könnt. Ich denke, viel miteinander zu reden, ist eine sehr wichtige Vorraussetzung aber auch das gelingt ja nicht immer und meist schon gar nicht zu jedem Thema....

Jetzt werde ich alte Forenbeiträge lesen und mir einfach weiter Gedanken zum Thema machen. Viellt. möchte ja der Eine oder Andere hier noch seine Erfahrungen mitteilen...

 

#5
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Inzwischen habe ich alle Beiträge aufmerksam durchgelesen und auch mich würde interessieren wie es den damals Betroffenen heute geht- sofern hier noch im Forum!

Vielen Dank für den Link und die sehr persönlichen Einblicke. Ein schwieriges Thema... über das ich nun noch umso mehr nachdenke...

#6
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo zusammen,
lange war ich nicht mehr online und dann lese ich ausgerechnet diesen Beitrag.
Der Beitrag http://www.das-schlaganfall-forum.de/Forum/Pflege-nach-Schlaganfall/Acht-Jahre-Pflege-und-ich-bin-total-am-Ende_5743, den Winterwunder dir empfohlen hat ist von mir.

Na ja, was soll ich sagen aus diesen acht Jahren sind nun zwölf geworden.
Mittlerweile hab ich resigniert und versuche mich so einigermaßen durch den Tag zu wurschteln.
Der Höhepunkt des Tages ist, wenn ich mich am Abend endlich in mein Bett legen kann.
Der Gesundheitszustand meines Mannes hat sich im Großen und Ganzen nicht verändert. Ganz im Gegensatz zu meinem. Der ständige Stress, Ärger und vor allem die Frustration über die ganze Situation macht mich kaputt. Ich habe das Gefühl mein Leben geht an mir vorbei. Vielleicht hängt das auch mit meinem Alter zusammen – ich werde jetzt 48 und frage mich immer wieder „War´s das jetzt“. Keine Sozialkontakte mehr, keine Hobbys, nur noch müde – das kann’s doch nicht sein!?
In den letzten Monaten habe ich natürlich auch über Scheidung nachgedacht – schwieriges Thema – bin aber noch zu keinem Entschluss gekommen.

Viele liebe Grüße von Marienkäfer

PS: Hi Winterwunder, schön dich wieder zu sehen. Klar können wir wieder quatschen – melde dich wenn du Lust hast.
Viele liebe Grüße auch an Maxi und alle die mich noch kennen.

#7

jup11

Quarnbek, Deutschland

#8
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Jürgen,

einen Pflegedienst habe ich schon, der kommt morgens zum Waschen und Anziehen. Früher hab ich das auch noch selbst vor der Arbeit erledigt, bis es mir zu viel wurde. Das klappt eigentlich ganz gut, solange mein Mann nicht wieder seinen Rappel bekommt und den Pflegedienst  aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen rausschmeißt. In den letzten Jahren hatten wir so einige Pflegedienste im Einsatz. Das nervt mich - immer wieder fremde Leute in der Wohnung.
Verhinderungspflege hab ich mal in Anspruch genommen als ich für ca. 10 Tage ins Krankenhaus musste. Allein dieser Kampf, mit meinem Mann, bis er endlich eingesehen hat, dass es nicht anders geht hat mich so viel Kraft gekostet, dass ich mir gesagt habe wenn ich nicht mehr aus der Narkose aufwache ist auch ok.
Um es auf den Punkt zu bringen, die Wesensveränderungen meines Mannes sind es die mich so fertig machen. Ich weiß nicht wie ich es ausdrücken soll aber ihm ist völlig egal wie sich andere Leute fühlen. Ich weiß es liegt an der Krankheit und er kann nichts dafür aber manchmal denke ich er weiß sehr wohl was er damit anrichtet.

Viele Grüße
Marienkäfer

 

#9
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Marienkäfer,

wir kennen uns nicht, ich bin auch erst seit kurzem in diesem Forum unterwegs und eigentlich auf der Suche nach Angehörigen von jungen Erwachsenen mit Hirnblutung und mit jung meine ich sehr jung. Leider ist es denke ich so das egal wer von uns allen, der mit so einem Schicksal und egal in welchem Alter, so sehr mit sich und dem veränderten und aufreibenden Alltag beschäftigt ist das man kaum Zeit hat sich mitzuteilen.

Weiter ist es meiner Meinung nach der Hammer, das Menschen ob Betroffener oder Angrhöriger sowas von alleine gelassen werden.

In was für einer Gesellschaft leben wir???????

Auch ich habe die Erfahrung gemacht das man sozial innerhalb kürzester Zeit fast komplett ausgegrenzt und isoliert ist, bin nach nur 10 Monaten schon fertig vor lauter sich erklären müssen und doch kein Verständniss zu bekommen und denke den anderen geht es genau so.

Ratschlag: "Du musst an dich denken".... toll, weiß ich, doch woher Unterstützung? Ich suche und suche, Angebote gibt es, doch leider oftmals noch nicht einmal eine Antwort auf Nachfrage.

Das alles ist ungerecht und macht mürbe, den Betroffenen der es mitbekommt und dann zu allem auch noch Schuldgefühle bekommt und natürlich einen selber.

Hier muss was getan werden!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Ich wünsche dir als fast 48 jährige 🙂.... das vielleicht wenn es auch nicht viel ist, es hilft das du nicht alleine stehst mit dem Problem und ein eventueller Austausch, manchmel kommen dabei echt gute Ideen raus, liebe Grüße Regine

#10
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Da hast du Recht, aber wir Leben noch !

:);)

5245 Aufrufe | 13 Beiträge