#1

Anonym 0

Bonn, Deutschland

Neues Phänomen oder was ist das?

Heute war ich in der Klinik und habe meinem Mann erzählt, dass er morgen in die Reha verlegt wird. Als wir so sprachen fragte er auf einmal nach seiner Lederjacke. Wir hatten neulich schonmal über die Jacke gesprochen, ich hatte sie aber nicht mitgebracht, weil er sie aktuell nicht anziehen kann. Heute meinte er, die Jacke sei weg. Ich habe versucht zu erklären, dass die Jacke zuhause ist, aber das hat er nicht geglaubt und sich so sehr echauffiert, dass er weinen musste. Dann fragte er nach seinem Opel. Dieses Auto hatte er Vor 20 Jahren oder so. Wir fahren inzwischen andere Fabrikate, die ich ihm alle aufgezählt habe und habe ihn ergänzend nach den jeweiligen Farben gefragt. Er konnte die Autos beschreiben, aber dieser Opel geisterte nach wie vor durch seine Gedanken. Er war richtig fertig wegen diesen beiden Sachen. Ich konnte ihn zwar irgendwann beruhigen, aber könnte das öfters passieren?

Kennt jemand dieses Phänomen? So deutlich habe ich es bei meinem Mann bisher noch nicht erlebt. Ich habe in einem Post von Ecetera gelesen, dass es ihm auch so ergangen ist. 

 

#2

Angie

Untermettingen, Deutschland

Das ist nicht neu, zumindest bei uns nicht. Nach über 10 Jahren habe ich noch solche Momente, da bin ich mir sicher gestern war dies und jenes, dabei ist es mindestens 30 Jahre her. Besonders an Tagen, an denen es mir eh nicht gutgeht, oder vor extrem angsteinflößenden Arztbesuchen.

Bei meinem Mann war es in der Reha ganz schlimm, auch die Jacke die ich ihm mitbringen sollte, wurde ihm vom Personal weggenommen damit er nicht rausgehen konnte. Dabei hing sie immer noch hier. 

Irgendwie bleibt bei uns die Vergangenheit hängen, anders kann man es nicht erklären. Aber meist ist es so, dass man seinen Fehler bemerken wird.

#3

Anonym 0

Bonn, Deutschland

Hallo Angie,

das tröstet mich sehr. 

Seit heute ist mein Mann endlich in der Reha. Trachealkanüle ist weg und auch die anderen Überwachungskabel. Als ich ihn heute Nachmittag besucht habe, hat er mich tatsächlich als erstes nach der Lederjacke gefragt. Das fand ich ja schon wieder gut.

Wie kommst du und dein Mann damit klar? Wird der Irrtum bemerkt oder lässt du deinen Mann dann einfach in seiner „Welt“?

Ich muss fairerweise sagen, dass diese „Irrtümer“ bei uns nicht groß auffallen konnten, da mein Mann wegen der Kanüle wenig sprechen konnte. Vielleicht hat er das schon die ganze Zeit, aber ich konnte es deshalb nicht bemerken?!

 

 

 

#4

Etcetera

Basel, Schweiz

Guten Abend Al Beck

"… aber könnte das öfters passieren?"
Das kann Dir vermutlich niemand beantworten.

Ob die Wahrnehmung Deines Mannes mit meiner damaligen zu vergleichen ist, weiss ich nicht. Für mich war dieses Thema ein komplexer Lernprozess - und ist es heute noch. Ich kann Dir kurz erzählen, wie sich diese Sache für mich nach acht Jahren seit meinem Vorfall darstellt.

In meiner Erinnerung hatte ich hauptsächlich Probleme Dinge einzuordnen, die ich geraume Zeit zuvor träumte. Viele Träume registrierte ich als absolut reale Erlebnisse; egal wie wirr – aus heutiger Sicht. Wohl habe ich auch im TV Gesehenes oder anderweitig Aufgeschnapptes für selber Erlebtes gehalten. Manchmal vermischte ich verschiedene, völlig unabhängige Sachen zu einer (entsprechend wirren) Geschichte.

Dass ich längst vergangenes als Aktualität wahrnahm (wie Dein Mann seinen Opel), daran mag ich mich nicht erinnern, will es aber nicht ausschliessen. Allerdings bringe ich manchmal und bis heute Geschehnisse im zeitlichen Zusammenhang etwas durcheinander.

Obwohl ich genau weiss, dass bestimmte "Erlebnisse" von damals reine Einbildung sind, sind diese bis heute als 100% reale Geschehnisse in meiner Erinnerung. Vielleicht etwa so, wie bei einem Kind dem dämmert, dass mit dem Osterhasen was faul ist – und das trotz der "Tatsache, dass es einmal ganz genau gesehen hat, wie er davon hoppelte".

Zu dämmern begann es mir zu der Zeit, als ich wieder in der Lage war zu bemerken, dass es Ungereimtheiten mit meiner Wahrnehmung gab. Diese Phase begann vielleicht ein halbes Jahr nach meinem Ereignis.

Aber erst als mein Heilungsprozess es zuliess, wieder "selbstkritisch" und "einsichtig" zu denken, konnte ich mich bewusst mit diesem Defizit zu befassen.

Wie viel "Mist" ich heute noch erzähle, kann ich nicht wirklich beurteilen. Im Gespräch mit vertrauten Leuten, frage ich einfach, wenn ich unsicher bin. Manchmal macht mich jemand von sich aus aufmerksam, wenn etwas unklar zu sein scheint.

Liebe Grüsse

Christoph

#5

Anonym 0

Bonn, Deutschland

Hallo lieber Christoph,

es muss ja nicht identisch mit deinen Erfahrungen sein. Ich finde deine Erklärung dazu aber sehr gut. Ich werde hier berichten. 

Liebe Grüße Al

#6

Angie

Untermettingen, Deutschland



In meiner Erinnerung hatte ich hauptsächlich Probleme Dinge einzuordnen, die ich geraume Zeit zuvor träumte. Viele Träume registrierte ich als absolut reale Erlebnisse; egal wie wirr – aus heutiger Sicht. Wohl habe ich auch im TV Gesehenes oder anderweitig Aufgeschnapptes für selber Erlebtes gehalten. Manchmal vermischte ich verschiedene, völlig unabhängige Sachen zu einer (entsprechend wirren) Geschichte.



Wie viel "Mist" ich heute noch erzähle, kann ich nicht wirklich beurteilen. Im Gespräch mit vertrauten Leuten, frage ich einfach, wenn ich unsicher bin. Manchmal macht mich jemand von sich aus aufmerksam, wenn etwas unklar zu sein scheint.

Liebe Grüsse

Christoph

 

Wir haben vor etwa 9 Jahren den Fernseher abgeschafft, unter anderem weil ich manche Sachen als Tatsache gesehen habe.

Mist erzählen kann ich auch sehr gut, wie vorher beschrieben. Wir hatten gestern eine Auseinandersetzung weil ich der festen Überzeugung war, das dem jüngeren meiner Söhne bereits die Mandeln rausgenommen wurden. Es war aber etwa 10 Jahre vorher, beim Ältesten. Und der Junge hat eine Mandelentzündung, wie gestern abend vom Arzt bestätigt, und sie lassen die Mandeln meist drin heutzutage 😃

#7

D Kleinert

Gütersloh, Deutschland

Ja, solches durcheinander ist bei meinem Vater auch.

Dass er meinte im Pflegeheim wäre was weggekommen (was aber nie dort war), oder Daten und Zeiten völlig durcheinanderkommen.

Jüngstes Beispiel:
Als er letzte Woche mit Harnwegsentzündung und hohem Fieber per RTW ins Krankenhaus kam hat er denen bei der Aufnahme erzählt er wäre gerade erst aus der Reha in Harsewinkel entlassen worden (die Rehaeinrichtung gehört zufällig zu dem Krankenhaus) weil er ja Schlaganfall hatte.

Nee, das mit der Reha dort war vor vier Jahren nach dem Splitterbruch im Unterarm nach einem Treppensturtz, die Entlassung kürzlich war aus der Kurzzeitpflege im Pflegeheim nach dem Schlaganfall.
Ausserdem erwartete er immer eine Schützenkapelle draussen...weil zufällig vor vier Jahren in der Reha eine solche Kapelle im Hof aufgetreten ist.

Dazu wirft er noch einige Krankenhausaufenthalte zeitlich und räumlich wild durcheinander, kein Wunder bei Blasen OP 2021, 3 x Galle Frühjahr 22, im KH Corona gekriegt und wieder auf andere Station verlegt, dann kurz danach der Schlaganfall mit Stroke, Unit, Neurologie, Reha und Pflegeheim plus sofort danach wieder ins Krankenhaus...

Und er ist ständig im falschen Tag, null Zeitgefühl (auch tagsüber keine Ahnung ob morgens oder abends ist), ob Mittwoch oder Samstag ist wenn wir ihn (immer Samstags) abholen, dann meinte er vor zwei Wochen dass ja langsam die Tulpen rauskommen müssten, ist ja bald Frühling, und wird zeit dass der Sommer kommt...

 

Wir verbessern ihn dann kurz aber diskutieren nicht groß herum.

 

Wir sind im moment froh dass er überhaupt noch zuhause ist, so wie er die letzten Wochen körperlich und geistig abgebaut hat.
habe eben mal beim Heim angerufen, seit Monaten Aufnahmestop trotz verfügbarer Zimmer.
Aber viel zuwenig Personal.

#8

Liselotte88

Aachen, Deutschland

Das kann einem manchmal wirklich traurig und auch unheimlich vorkommen. Wir (Die Familie) saßen gemeinsam mit meinem Opa beim Kartenspielen. Dann war kurz Pause und als wir wieder anfangen wollten, war er der festen Überzeugung, dass wir an dem Tag noch keine Karten gespielt haben. Das hat uns allen etwas Angst gemacht.

#9

Anonym 0

Bonn, Deutschland

Diese "Irrtümer" machen mich weder traurig, noch ängstlich noch kommen diese mir unheimlich vor. Mich interessiert der Angemessene Umgang mit der Situation. 

#10

Annin

Bayern, Deutschland

Manchmal kann man ganz gut erkennen, was eigentlich dahintersteckt. Oft ist es Ungeduld, der Wunsch nach wärmeren Tagen und blühenden Pflanzen ist da und deshalb könnte es doch jetzt bald losgehen.

Eine Kapelle vor der Tür ist ebenfalls viel spannender als das aktuelle Leben.

Oder auch wenn die Stimmung gut ist - da würde die Kapelle ja auch gut passen.

Versuche weniger die Aussage/den Sachinhalt zu erkennen, sondern welches Gefühl, welches Bedürfnis oder welcher Wunsch dahinter stecken könnte.

Manchmal möchte man auch nur das Gefühl von einer Situation nochmal nachspüren: das können fröhliche oder traurige Momente sein oder eben diese Überraschung, die einem Freude bereitet hat.

Eine Verbesserung ider Korrektur ist nicht zwingend notwendig, vielleicht reicht ein "das war super mit der musikkapelle, oder? Würdest du so etwas gerne wieder erleben?

Oder: Das waren jetzt richtig viele Krankenhausaufenthalte in letzter Zeit; was wäre denn ein gutes Krankenhausessen? 

Ich habe einmal ein paar Videos von Teepa Snow auf youtube angesehen - ihre Erklärungen sind super!

 
Was man wegen den Wochentagen auch nie vergessen darf: 20 Jahre jünger und ohne Schlaganfall weiß man in einem Krankenhaus auch schnell nicht mehr, welcher Tag ist.

Ansonsten kann ein Schlaganfall Demenz beschleunigen oder mehr zum Vorschein bringen und vielleicht ist das im Moment der Fall.

 

Hat er seit dem Schlaganfall, zum Beispiel in der Reha, nochmal eine Impfung bekommen? 


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Annin« (12.12.2022, 23:20)
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