#1

Ninanini122

Frankfurt, Deutschland

Hallo Zusammen,

mein Name ist Nina und meine Mama (69 Jahre alt) hatte Anfang Oktober einen schweren Schlaganfall auf der linken Seiten - das Sprachzentrum ist wohl stark betroffen. Zudem hatte sie eine Entdeckelung. 

Ich schreibe hier in das Forum rein, weil ich mich gerne austauschen wollen würde - als Angehöriger fühlt man sich so unfassbar hilflos, weil man natürlich den Menschen den man liebt helfen möchte , aber nicht wirklich weiß wie. 

Meine Mama ist nun in der Reha ( in der 3 Wochen) in der Phase B. Sie kann leider nicht wirklich sprechen. Am Anfang kamen bei ihr nur Laute wie tz tz raus. Jetzt sagt sie ständig zu allem „aus aus aus“. Kennt sich hier jemand aus ? Verstehen tut sie uns aber zum größten Teil.

Zudem ist leider ihre rechte Seite gelähmt. Immer wenn sie im Rollstuhl sitzt, hat sie starke Schmerzen und mochte am liebsten wieder ins Bett. Fernsehen möchte sie aber auch nicht. Hatte jemand auch diese Erfahrung gemacht ? 
wir besuchen sie jeden Tag in der Reha und reden ihr immer wieder gut zu - aber es ist trotzdem alles so unfassbar schwer und man fühlt sich einfach so hilflos. Sie war eine so lebensfrohe Frau, obwohl sie schon sehr vieles erlebt hat, hat sie nie aufgehört zu kämpfen 😞

Deswegen würde ich mich wirklich so freuen - wenn jemand mir hier von seinen Erfahrungen berichten könntet.

vielen Dank 

Liebe Grüße

Nina

#2

Annin

Bayern, Deutschland

Liebe Nina,

 

es tut mir sehr leid, dass dich bzw. euch dieses Schicksal ereilt.

Für mich war auch ganz besonders schlimm, den aktuellen Zustand mit dem bisherigen Leben mit all den Wünschen und Plänen zu vergleichen. 

Glücklicherweise ist alles weit weniger schlimm ausgegangen als angenommen; trotzdem ist nichts einfach.


Der Verlust der Sprache und die Lähmung sind extrem einschränkend und man kann ganz schlecht nach vollziehen, wie sich Betroffene fühlen. 

Gibt es denn Prognosen von den Ärzten, Therapeuten oder Pfleger?

Ich muss dir auch den Tipp geben, dass bei Personen im Rentenalter deutlich weniger Therapien gemacht werden und man viel weniger dahinter ist, die Patienten wieder auf die Beine zu stellen.

Unsere Mutter hatte keinen Verlust der Sprache, so dass ich mich damit nicht auskenne.

Ich würde jeden Tag in der Klinik aufkreuzen und Bücher und Ratgeber lesen (oder hier im Forum in der entsprechenden Rubrik).

Neben den Sprechübungen kannst du die gelähmte Hand oder das gelähmte Bein massieren (mit Öl) und mit einem Vibrator (billig: 10€ bei Amazon unter Therapievibrator, oder teuer von Novafon ca. 250€).

Statt Fernseher kannst du Musik versuchen oder Düfte (zB mit dem Massageöl Lavendel oder was sie mag). Ist sie grundsätzlich wach? Eventuell kannst du mit ihr singen versuchen? 

Kann sie die gelähmte Seite gar nicht bewegen oder nur ganz wenig? Wie ist die Prognose oder was sind die Therapieziele? (Nachfragen, falls man noch nichts mitgeteilt hat.)

Kann sie schlucken und damit auch essen?

 

Vielleicht kannst du diese belastende Zeit entlasten, indem du die dir zustehende Auszeit von der Arbeit für die Pflege nimmst.

 

Alles Gute!

(Tut mir leid, dass mein Beitrag etwas unsortiert ist, ich tippe etwas erschöpft am Handy.)

#3

Ninanini122

Frankfurt, Deutschland

Vielen Dank für deine Nachricht und deine Tipps.

„Glücklicherweise ist alles weit weniger schlimm ausgegangen als angenommen; trotzdem ist nichts einfach.“ - es freut mich sehr für euch, dass es bei euch gut ausgegangen ist , das gibt einen Hoffnung:).

 

„Gibt es denn Prognosen von den Ärzten, Therapeuten oder Pfleger?“ - mein Vater und meine Tante hatten am 08.10 ein Gespräch mit dem Oberarzt geführt - er hat wohl nicht so positiv gesprochen. Das Hauptproblem war damals allerdings, dass es ihr psychisch sehr schlecht ging nichts gegessen getrunken hat und nicht wirklich mitgemacht hat. Das hat sich aber gott sei Dank jetzt gelegt. 
Sie ist wach und voll da. Wir können mit ihr reden und sie nickt und schüttelt mit dem Kopf und zeigt auch auf Sachen Bzw Dinge. 

Sie kann ihren rechten Arm gar nicht bewegen und das Bein ein bisschen. Ich glaube auch, dass wir mal speziell mit den Therapeuten sprechen sollten, morgen rufen wir die Logopädin einmal an. 

vom gemeinsamen Singen habe ich auch schon gelesen, das Problem allerdings ist, dass sie nicht gerne mit uns üben möchte 😞. Ich habe es am Freitag versucht, dass wollte sie nicht. Aber ich versuche es mal mit dem Singen.


Essen kann sie eigenständig; sie hat noch ein bisschen Schluckprobleme, aber diese haben sich auch etwas verbessert.

Nochmal ganz lieben Dank für deine Antwort. 

#4

Angie

Untermettingen, Deutschland

Ich kann dir aus Erfahrung sagen das Fernsehen ganz schlecht sein kann. Für meinen Mann war es die Hölle wenn der Fernseher lief. Er hat nichts von dem verstanden was wir ihm sagten. Erst als sein Bettnachbar mit Kopfhörern und von ihm weggedrehten Fernseher schaute ging es. Es waren für meinen Mann zuviele Leute im Raum die er nicht kannte und vor denen er am liebsten flüchten würde. Macht die Kiste einfach aus, dann seht ihr ob es daran liegt.

Was der Arzt am 8.10. sagte ist sowas von veralteter Nachricht. Beim Schlaganfall gehen die Ärzte immer vom schlechtesten aus. Was sagt der Arzt jetzt? 

Weiterhin wird deine Mutter wohl demnächst aus der Reha entlassen? Und dann? Haben den dein Vater und deine Tante einen Plan?

#5

Annin

Bayern, Deutschland

Vielen Dank für deine Nachricht und deine Tipps.

„Glücklicherweise ist alles weit weniger schlimm ausgegangen als angenommen; trotzdem ist nichts einfach.“ - es freut mich sehr für euch, dass es bei euch gut ausgegangen ist , das gibt einen Hoffnung:).

 

„Gibt es denn Prognosen von den Ärzten, Therapeuten oder Pfleger?“ - mein Vater und meine Tante hatten am 08.10 ein Gespräch mit dem Oberarzt geführt - er hat wohl nicht so positiv gesprochen. Das Hauptproblem war damals allerdings, dass es ihr psychisch sehr schlecht ging nichts gegessen getrunken hat und nicht wirklich mitgemacht hat. Das hat sich aber gott sei Dank jetzt gelegt. 
Sie ist wach und voll da. Wir können mit ihr reden und sie nickt und schüttelt mit dem Kopf und zeigt auch auf Sachen Bzw Dinge. 

Sie kann ihren rechten Arm gar nicht bewegen und das Bein ein bisschen. Ich glaube auch, dass wir mal speziell mit den Therapeuten sprechen sollten, morgen rufen wir die Logopädin einmal an. 

vom gemeinsamen Singen habe ich auch schon gelesen, das Problem allerdings ist, dass sie nicht gerne mit uns üben möchte 😞. Ich habe es am Freitag versucht, dass wollte sie nicht. Aber ich versuche es mal mit dem Singen.


Essen kann sie eigenständig; sie hat noch ein bisschen Schluckprobleme, aber diese haben sich auch etwas verbessert.

Nochmal ganz lieben Dank für deine Antwort. 

 

Also ihr solltet wirklich nochmal das Gespräch mit dem Arzt suchen oder eben zeitgleich zu einer der Therapien aufschlagen und die Therapeuten fragen, was ihr machen könnt zur Unterstützung. Das ist einfacher gesagt als getan, ich weiß. Aber gerade wenn sie wach und konzentriert ist, sollte man die Zeit auch nutzen. Denkt aber immer daran, dass alles wahnsinnig anstrengend ist und nach 10 Minuten Konzentration oft ein Schläfchen angesagt ist.

Fragt die Ärzte, ob sie davon ausgehen, dass eurer Mutter die Situation bewusst ist. Weiß sie, dass der Arm gelähmt ist? Weiß sie, dass sie einen Gehirn-Verlust hat? Auf der einen Seite ist die Kenntnis darüber ausschlaggebend für die Teilnahme an den Therapien. Gleichzeitig bedeutet das aber auch, dass ihr klar ist, was das für sie (und euch!) bedeuten wird. Und dass es einem dann psychisch schlecht geht... noch dazu im fremden Reha-Klinik-Umfeld und ohne, dass man sich auf gewohnte Art und Weise austauschen kann, ist sehr verständlich.

Versucht ihr mit Gesten, Worten und Körpernähe zu erklären, dass aber in diesem Köper und diesem Gehirn immer noch die Mama drin steckt und egal, wie es jetzt ist, es besser wird und sich die Mühe und Anstrengung lohnt.

(Die Trauer-Arbeit über die verlorenen Funktionen darf aber ruhig auch seinen Platz haben und darf auch thematisiert werden.)

Eure Mutter hat euch so genommen, wie ihr damals auf die Welt gekommen seid und ihr müsst nun eben so weitermachen, wie die Situation im Moment ist. Man kommt nicht drum herum. Es ist so, wie es ist.

Versucht, euer Entsetzen und eure Sorgen vor ihr zu verbergen. Es ist damit niemand geholfen und sie wird es euch auch so ablesen können.

Bekräftigt sie: Sie kann essen. Sie kann sehen. Sie versteht euch. Sie ist dabei. Sie kann Rollstuhl fahren. Fragt ganz dringend nach, was hinsichtlich des Gehens das Therapieziel ist.

Zum nächsten Besuch kannst du ein paar "Therapie-Utensilien" mitnehmen: Pinsel, einen rauen Waschlappen usw. und sie damit an den gelähmten Köperteilen berühren, ob sie das spürt. Wenn ihr diese Körperteile "therapiert", achtet darauf, dass sie immer genau dort hinsieht, wo der Arm bzw. das Bein berührt wird.

Beim Singen könnt ihr auch nur ganz leise hauchen. Ihr könnt auch mit einer App nur Töne anschlagen und die nachsingen. Aber da kenne ich mich wenig aus; hier im Unterforum gibt es sicher ganz viele tolle Ideen und Tipps.

Wir haben nach der Entlassung sehr intensiv mit unserer Mutter geübt und sie war glücklicherweise sehr willig und hat sehr gut mitgemacht. Sie meinte damals: "Ich muss ja mitmachen. Wenn ihr euch so viel Mühe gebt, muss ich es auch." Es hilft, wenn man in die Therapeuten-Rolle schlüpft und die Tochter-Rolle beiseite legt. Vielleicht kannst du das als Rollenspiel versuchen und zunächst etwas blödelig alle Finger und Zehen durchzählen wie ein Arzt?

Das aber alles nur als Ideen - je nach Laune und Wesen deiner Mutter könnte es klappen.

Alles Gute und viel Kraft für das, was kommt!

#6

Ninanini122

Frankfurt, Deutschland

Oh ich habe mich oben verschrieben ich meinte natürlich 8.11. 

Gerade geht es leider nicht so gut. Sie hat wohl Bauchschmerzen und ist sehr depressiv. Wir wissen leider nicht wie wir sie da wieder raus bekommen. Kaum sitzt sie im Rollstuhl möchte sie auch wieder raus und ins Bett.

Man fühlt sich immer so unfassbar hilflos… 

vielen Dank für eure Tipps. Wir werden einige von diesen anwenden und am Freitag haben wir auch wieder ein Arzt Gespräch.

Da sie erst in der 3 Wochen ist, dauert die Reha noch ein bisschen und dann bekommt sie erst wieder den Deckel drauf und dann soll es nochmal in die Reha gehen.

Kennt sich jemand mit der depressiven Stimmung aus ? Ich kann sie ja zu 100% verstehen, dass es ihr so gut. Aber wir versuchen wirklich alles sie aufzubauen.. einer ist immer 1x mal am Tag da. Ich habe ihr eine Bildercollage gemacht usw .. nur sie muss einfach wieder mehr in der Therapie mit machen - und das hat auch der Arzt gesagt. Das größte Problem ist dass nicht mitmachen.

Liebe Grüße 

#7

Angie

Untermettingen, Deutschland

Das nicht mitmachen wollen kenn ich nur zu gut. Bei meinem Mann hat die Therapeutin Klartext mit ihm geredet. Sie könne ihn auch liegen lassen und sich um andere kümmern, das hat ihn da raus geholt. Sie hat ihm auch klargemacht, das ich und die Kinder auf ihn warten und ihn brauchen, ich konnte das nicht so gut ausdrücken, aber er hat hinterher gefragt ob das stimmt.

Geht mit ihr raus aus dem Zimmer sofern ihr dürft. Zeigt ihr das es da draußen noch eine andere Welt gibt. Sagt ihr müsst raus, weil die Schwestern sauber machen etc.

Sagt ihr, lasst sie fühlen das ihr drauf wartet das es ihr besser geht, da hat Annin völlig Recht.

#8

Ninanini122

Frankfurt, Deutschland

Hallo ihr Lieben,

wir hatten heute einen wirklich guten Tag. Sie war richtig gut drauf, wir haben zusammen gesungen ( das klappt wirklich gut und ich bin mit ihr zusammen ein bisschen mit den Rollstuhl durch die Klinik gefahren.

Liebe Grüße 

#9

Annin

Bayern, Deutschland

Das ist toll! Schön, dass ihr einen guten Tag hattet!

 

Zu den Depressionen: bei Gehirnverletzungen ist das sehr häufig eine zusätzliche Belastung.

Täglich Vitamin D (3000) sind da nie verkehrt.

Life900, ein verschreibungspflichtiges Johanniskrautpräparat hat hier auch geholfen. Kann aber im Sommer oft nicht eingenommen werden, weil man sehr lichtempfindlich wird.
Von der Neurologin gab es dann ein Antidepressivum, welches schon in Kleinst-Dosen seine Wirkung zeigte, aber leider noch viel mehr Nebenwirkungen hatte, weshalb es dann abgesetzt wurde.

 

Ich würde allerdings nicht jetzt schon ein Antidepressivum einschleichen, das verträgt man nicht so besonders. Und vielleicht wirken ein paar Spaziergänge in der Sonne auch schon ein bisschen.

 

#10

D Kleinert

Gütersloh, Deutschland

Meinem Vater hat es auch sehr geholfen und motiviert dass zuhause die Katzen meiner Schwester auf ihn warteten um die er sich immer gerne gekümmert hat, und dass wir ihn Samstags immer abgeholt haben um zuhause alte Hollywoodschinken (Abenteuer, Western) mit John Wayne, James Stewart usw zu gucken, dazu esen und Cappucino usw.

Als es ihm besser ging hat er schon immer gefragt ob er mit soll (konnte zwar kaum die Beine im Bett bewegen, wollte aber über das Bettgeländer krauchen)...

Und als ehemaliger Akrobat (Hobbyweise) wollte er natürlich auch nicht nur im Bett versauern.

Sowas alles hat ihn ordentlich motiviert die ganzen Therapien mitzumachen.

Wir haben ihm in den tiefpunktphasen aber immer gesagt dass er dann und dann wieder aus dem KH und nach Hause kommt, dass da aber erst umgebaut werden muss und er dafür etwas fitter werden muss.

Er also ganz sicher nicht jetzt für immer im Pflegeheim bleibt.

Da war es für uns alle natürlich eine ganz tolle Sache als er noch im Heim wieder soweit hergestellt war dass er dann nach Wochen und Wochen wieder mit konnte und es fast wie vor dem Schlag war.

Wir hatten das anfangs aber selbst nicht erwartet dass das alles wiederkommt, aber noch immer staunen wir wie sich das Gehirn so erholen kann.
Ich habs ja anfangs gefilmt und fotografiert um die Fortschritte zu dokumentieren, jetzt hat er gesehen "wo er herkam".

Er will uns nicht zur Last fallen und leidet selbst unter seiner hilflosigkeit, auch das motiviert ihn möglicht was selbst zu machen (aufstehen, Stufen mit Hilfe steigen statt geschoben werden usw).

Viel muss da wohl vom Patienten selbst kommen, aber man kann auch entsprechend motivieren wenn ein Anreiz da ist selber weiter zu machen und nach Hause zu kommen und den ganzen Mist hinter sich zu lassen.

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