#1
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

fünfter Schlaganfall, nach anfänglichen Fortschritten nimmt die Verweigerungshaltung zu

Hallo

Ich bin neu hier im Forum und möchte mal meine Situation schildern, in der Hoffnung, Erfahrungen von ähnlich Betroffenen zu lesen.

Meine Frau hatte im letzten November ihren fünften Schlaganfall. Alle vorherigen gingen "gut" aus und es blieben nur kleinste Sprachbeeinträchtigungen zurück, die sie aber schon damals unerträglich fand. Diesmal war es ein größeres Ereignis mit ausgeprägter Aphasie, anfangs vollständiger Schlucklähmung, weshalb eine PEG gelegt wurde, Inkontinenz und mangelnder Kontrolle über das linke Bein (keine Lähmung oder Kraftlosigkeit).

Anfangs machte sie nach der Entgiftung von der Medikation des KKH´s gute Fortschritte. Sie konnte wieder kleinste Mengen essen, mit meiner Hilfe (ich trug ca. die Hälfte ihres Gewichts) gehen, kam allein ins Bett und wieder heraus, ging zur Toilette, was oft falscher Alarm war aber immerhin. Sie ließ sich waschen, duschte sogar aus eigenem Antrieb zwei Mal und half mir beim Wickeln. Hat sich Filme ausgesucht, die wir dann gesehen haben und mir in Katalogen Dinge gezeigt.

Seit zehn Wochen ist dies alles rückläufig. Essen geht überhaupt nicht mehr, die Nahrung wird nicht mehr nach hinten befördert. Alle Gangbewegungen werden unkoordinierter, das linke Bein wird noch belastet, schleift aber hinterher - beim rechten fängt es jetzt auch schon an. Im linken Arm und in der linken Hand bilden sich Spastiken aus, sodass sie Gegriffenes nicht loslassen kann.Die Inkontinenz bemerkt sie nicht einmal mehr, mit wenigen, seltenen Ausnahmen. Einzig für ihr Spiegelbild interessiert sie sich zunehmend, jedesmal mit Entsetzen. 

Einerseits kämpft sie - will trotz Lift die Treppe gehen und wandert bis zur totalen Erschöpfung durchs ganze Haus, alles natürlich mit meiner Hilfe.

Andrerseits verweigert sie immer öfter Sondennahrung und Wasser/Tee, läßt sich nicht waschen, wickeln und die Kleidung wechseln, obwohl diese von Speichel trieft. Sie beißt in alles in Reichweite - manchmal als dritte Hand, manchmal sicher aus Unmut oder Aggression, machmal sicher auch, um Spannungen abzubauen.

Besonders die Ernährung macht mir Sorgen.

Sie kommt nur auf die Hälfte bis zwei Drittel dessen, was sie haben soll - ich sage bewußt nicht, was sie braucht. Ich versuche es immer wieder, biete an, trickse aus, ohne sie zu zwingen. Nur, wie bewerte ich dieses Verhalten? Weiss sie, was sie tut? Ist es Absicht? Es wäre ja ihre einzige Möglichkeit, ihre Situation zu ändern. Ich habe auch schon einen Artikel über das Sterbefasten gelesen, der bezog sich aber auf Menschen, die das kommunizieren konnten.

Meine Fragen wären nun:

Hat jemand ähnliches erlebt?

Wie gehen/gingen Andere damit um?

Was waren die Konsequenzen des eigenen Handelns und haben sich zuvor getroffene Annahmen in Nachhinein bestätigt oder nicht?

 

viele Grüße

#2

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Nein, so schlimm war es bei uns nie - und ich fand schon das was ich erlebt habe zum verzweifeln.

Was sagt der Arzt zu Depressionen? Wird sie diesbezüglich behandelt? (Depressionen äußern sich nicht immer durch Phlegma, da kann auch Aggression dabei sein)

Seit wann ist das so? Du schreibst ja, sie machte anfangs Fortschritte. Begann das schleichend oder kam das plötzlich alles zusammen?

Erhält sie Therapien und wenn ja welche?

Kann es sein, dass sie sich schämt?

Wie gut könnt ihr kommunizieren?

Wie sieht es mit ihren kognitiven Fähigkeiten aus? 

Wenn sie die PEG-Nahrung verweigert .. wie sieht das mit normaler Nahrung aus? Und wie wäre es, wenn Du bei den Getränken auf Säfte umsteigst oder auch mal auf eine Brühe?

 

Ich kann mir schon vorstellen, dass man am Leben verzweifelt wenn man 5 Schlaganfälle hinter sich hat und dann mit solchen Auswirkungen. Ob sie sich aller Konsequenzen bewusst ist? Ich kann nur von meinem Mann sprechen und bei ihm bin ich mir sicher, dass er vieles nicht zu Ende gedacht hatte. 

#3
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Amsel,

vielleicht hätte ich noch ein paar Informationen mehr schreiben sollen, dann wäre aber ein Roman daraus geworden. 

Meine Frau hat sich, leider nur mir gegenüber, dahingehend geäußert, dass sie nie wieder ins KKH will, egal, was passiert - dem habe ich schon zuwider gehandelt, leider. Sie hat es aber nie schriftlich festgelegt und ich habe es ihr auch nicht versprochen, das konnte ich einfach nicht, denn es hätte ja auch so gut, wie die letzten Male ausgehen können. Allerdings kam sie schon mit den wirklich geringen Beeinträchtigungen nicht zurecht, die nachgeblieben sind.

Sie bekommt alles an Therapie - Ergo, Logo und Physio, allerdings zu Hause, da sie aus verschiedenen Gründen nicht zur stationären Reha zugelassen wurde. Unter der Physio, hauptsächlich Fußreflexzonenmassage, sprach sie manchmal, oder auch kurz danach. Es beschränkte sich auf einfache Äußerungen wie," xxx komm mal her" und Ähnliches. Nur einmal, natürlich als wir allein waren, sagte sie deutlich "ich will tot sein". Das muss man erstmal verarbeiten.

Mit den Ärzten ist das so eine Sache. Die sind eben klassische Schulmediziner, also eher das Gegenteil von ihr, kümmern sich nicht wirklich, schicken Hilfskräfte, oder verweisen stur aufs KKH. Nur, wenn ich sie dort hinbringe, rastet sie an der Notaufnahme schier aus, will nicht aus dem Auto und schlägt um sich - sie realisiert dann schon, wo sie ist.

Ob eine Depression vorliegt weiss ich nicht, die Diagnose ist ja auch schwierig. Da prophylaktisch zu therapieren halte ich nicht für angemessen.

Während des Klinikaufenthalts und danach bekam sie Psychopharmaka, wahrscheinlich mehr, um sie ruhigzustellen, als wegen einer konkreten Diagnose. Zuhause zeigte sich dann im Verlauf, dass diese paradox wirkten. Andere Dosierungen brachten keinen Erfolg, weswegen sie abgesetzt wurden, danach machte sie Fortschritte. 

Kommunikation ist nicht wirklich möglich, es geschieht im Wesentlichen nur, was sie will, denn Aufforderungen kann sie mangels Verständnis nicht folgen.

Die Sondennahrung habe ich seit sechs Wochen auf Hipp umgestellt, jetzt funktioniert wenigstens die Verdauung wieder. Die Nahrung von Nestle und Fresenius ist ja blanke Chemie. Essen kann sie nicht mehr, denn nach anfänglichen Erfolgen wird die Nahrung nun nicht mehr in Richtung Speiseröhre transportiert, sodass die Erstickungsgefahr enorm gestiegen ist.

Und ja, vielleicht schämt sie sich und läßt sich deshalb nicht versorgen. Ich habe versucht die Grundpflege an einen Pflegedienst zu vergeben. Das war aber unmöglich, denn dort ist Personalmangel. Viele sind wegen der Impfpflicht ausgeschieden und bei denen, die noch arbeiten dürfen, ist der Krankenstand förmlich explodiert.

Ich bin mit der Situation also allein, damit habe ich mich auch abgefunden, ich suche jetzt eigentlich nach Möglichkeiten, ihr das Leben so gut wie möglich zu gestalten und, falls überhaupt möglich, die Genesung zu fördern. Deshalb meine Fragen, wie Andere mit ähnlichen Situationen umgegangen sind.

#4

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Hallo Nimbus,

wie gesagt, so schlimm war es bei mir/uns nie. Du hast ganz schön viel zu schlucken. Hast Du wenigstens jemanden bei dem Du mal Deine Last abladen kannst, der Dich in den Arm nimmt, der, wenn’s Not tut auch mal mit Dir weint und Dir trotzdem wieder Zuversicht gibt? Ich wünsche Dir das sehr und kann Dir nur raten, Dich schnellst möglich nach einem Psychologen, Selbsthilfegruppe o.Ä. umzusehen. So etwas hältst Du nicht jahrelang aus ohne Schaden an der Psyche/Seele zu nehmen. Nicht ohne Unterstützung.

D.h. ich kann nicht wirklich unterstützen. Aber evtl. bringt Dich ja der eine oder andere Gedanke weiter- und vielleicht taucht hier auch noch ein Betroffener auf.

Weshalb glaubst Du, dass Deine Frau Dich nicht versteht? Sie ist (wenn auch nicht immer und nur wenig) in der Lage sich zu artikulieren. Versteht sie nur das was ihr nicht passt nicht? Bei Deiner Frau könnte das auch eine gute Taktik sein um den eigenen Willen durchzusetzen.

Wie hast Du damals auf ihren Satz "ich will tot sein" reagiert? Bist Du darauf eingegangen, oder hast Du ignoriert? Was hat das mit Dir gemacht?

Wieviel sprichst Du mit Deiner Frau? Erzählst Du ihr von Deinen Ängsten, Sorgen und Nöten? Berichtest Du über die schönen Dinge die Dir begegnet sind? Wie oft ist sie alleine? Wie alt seid ihr? 

Was weißt Du über Aphasie und ihre unterschiedlichen Erscheinungsformen?

Ohne eine Patientenverfügung hätte ich mich an Deiner Stelle auch nicht darauf eingelassen sie nicht in KH zu fahren oder den Notruf zu tätigen. Und versprochen hätte ich da auch nichts. Wer das ernsthaft nicht möchte, der hat auch die Verantwortung dafür zu sorgen, dass das ungestraft umgesetzt werden kann. Das hat sie nicht, also hältst Du Dich an das was Deine Werte und die Gesetzeslage vorgeben. Und selbst mit Patientenverfügung ist das so eine Sache. Mein Mann z.B. hat vor seinem Schlaganfall immer die Meinung vertreten, dass er lieber tot wäre als zum Pflegefall zu werden. Vor Demenz hatte er eine Heidenangst, an Schlaganfall dachte er nie. Nun, eigentlich bin ich davon ausgegangen, dass er sehr unter seinen Einschränkungen leiden wird, aber dem ist nicht so. Er beteuert immer wieder glaubhaft, dass er glücklich ist. Menschen und ihre Haltungen ändern sich manchmal wenn eine bestimmte Situation eintritt - das erlebe ich mit meinem Mann nicht zum ersten Mal. Insofern würde ich mir keine Vorwürfe machen. Aber ich würde versuchen mit meinem Angehörigen über das zu sprechen was da im Raum schwebt ..wieder und wieder. 

... Ich möchte tot sein....

Ja, das ist eine Hausnummer. Für Sie und für Dich. Darüber schweigen macht alles nur schwerer. Ich möchte Dir Mut machen Dich damit mit ihr auseinander zu setzen. Wähle einfache Wörter und Sätze - und stehe zu Deiner Position! 

Mein Mann hatte vor seinem epileptischen Anfall ebenfalls depressive Phasen (ob das eine Depression war, ob das Vorboten seines Grand Male waren, oder ob er einfach nur nicht mehr mochte werde ich aufgrund seiner Aphasie und Erinnerungslücken wohl nie erfahren). Manchmal hat er auch heute noch antriebslose Phasen die mir Angst machen und manchmal auch zornig. Und dann werde ich SEHR deutlich.

Schau mal in den Strang "Depression, Antriebslosigkeit" rein. Evtl. kannst Du da noch den einen oder anderen Gedankenanstoss mit nehmen.

Ich sage z.B. meinem Mann was es mit mir macht wenn er sich hängen lässt. Dass ich dann traurig, verzweifelt, wütend, enttäuscht und hoffnungslos bin. Und dass ich dann meinen MANN vermisse (auch wenn er körperlich anwesend ist) Mir aber seine Bereitschaft die Situation zum Besseren zu wenden Kraft gibt. Und dass ich froh bin, dass er noch bei mir ist und dass ich mit ihm noch viele schöne Dinge erleben möchte. Es gibt auch Schönes was man körperlich eingeschränkt erleben kann. Aber dazu benötige ich seine Unterstützung und seinen Willen die Situation zu verbessern. Ich habe nicht mehr die Kraft, neben dem anstrengenden Alltag, gegen sein Phlegma anzukämpfen. Wenn er nicht kämpfen mag, dann liebe ich ihn trotzdem noch, aber dann werde ich wieder mehr das Leben nach meinem Bedürfnissen ausrichten. 

Ich gebe zu, diese „Predigten“ wirken nie lange. Aber einige Tage trägt das schon.

Nein, ich erspare ihm meine Emotionen nicht (mehr). Und manchmal denke ich, dass er diese Emotionen auch braucht weil er dann daran erinnert wird, dass sein Hier sein .. in diesem Leben und bei mir.. wichtig ist. 

Er versteht das sehr gut - obwohl er eine ausgeprägte Aphasie hat. Und es hat dazu beigetragen, dass mein Mann wieder ansatzweise etwas mit Gefühlen anfangen kann (das schien bei ihm in weite Ferne gerückt zu sein). Er kann wieder trösten – nicht immer, aber immer häufiger. Vor 2 Jahren hat er, glaube ich, weder Zorn noch Angst noch Trauer erkannt. Insofern – nicht in Watte packen!

Wie oft erhält sie die Therapien? Was sagt die Logopädin über ihre Fähigkeiten? Hat sie kognitive Probleme? Wird Hirnleistungstraining gemacht? Weshalb Physio nur als Fusszonenreflexmassage? (wobei das eine gute Anregung war. Danke für den Tipp).

Ja, die Ärzte..auch so ein Thema …. habt ihr einen Neurologen? Falls nicht, dann wäre das für mich der nächste Versuch. Schon alleine weil sie tatsächlich unter einer Depression leiden könnte. (siehe auch der Beitrag von Angie im vorgeschlagenen Strang) Ist Deine Frau in der Lage mit Dir zu einem Neurologen zu fahren?

Solche Ausraster würde ich übrigens filmen. Und wenn sie nur dazu dienen den Ärzten klar zu machen mit welchen Problemen Du zu kämpfen hast und Deiner Frau in klaren Momenten was sie Dir zumutet. Meine Erfahrung mit einigen Ärzten ist nämlich, dass einige den Angehörigen nicht trauen oder meinen man übertreibt. Mir hat man z.B. von Geldgier (danke, aber ich bin finanziell unabhängig) bis hin zu Bequemlichkeit (ja, prima, deshalb habe ich auch alle Hebel in Bewegung gesetzt, dass mein Mann trotz Diagnose „Schwerstpflegefall, suchen sie einen Pflegeplatz“ so weit in der Reha kam, dass ich ihn mit in ein Haus mit Treppen nehmen konnte.

Was die Sondennahrung angeht... Mein Mann hat die zum Glück nur kurze Zeit benötigt. Nestle war sowieso inakzeptabel weil da Carrageen enthalten ist was bei meinem Mann zu Krämpfen/Koliken führt Und Fresenius fand er wohl ekelig. Da hat er verweigert. Ich war heilfroh, dass er nach 3 Wochen langsam an die normale Nahrung herangeführt werden konnte. Hat denn Deine Frau diesbezüglich Begleitung von ihrer Logopädin? Wird an ihrer Schluckstörung gearbeitet? Sind Dir die Übungen bekannt die dabei unterstützen können dass es wieder besser wird? Könntest Du sie mit gutem Essen motivieren wenn das Schlucken wieder besser wäre?

Kommt Deine Frau in die Sonne? Das kann (auch wegen der Förderung von D3) die Stimmung heben. Andernfalls würde ich diese Blutwerte mal prüfen lassen und ggf. mit der Sondennahrung zuführen.

Was die Körperpflege und die ausgelasteten Pflegedienste.. Ich habe keine Ahnung ob das hier etwas taugt: Häusliche Pflege aus Ihrer Nachbarschaft | Pflegix - aber anschauen kannst Du Dir das ja mal. Bei uns gibt es noch die sogenannte Nachbarschaftshilfe die zwar keine Körperpflege betreibt aber (über die 125€ abrechenbar) beim Putzen und Einkaufen aber auch als Gesellschafter unterstützt.

Hast Du mal über Tagespflege nachgedacht? Und sei es nur 1-2x in der Woche. Deine Frau käme unter Leute und Du hättest auch mal Raum für Dich. Wenn Du nicht sofort einen Platz bekommen solltest, dann auf eine Warteliste setzen lassen (und klar machen, dass Du das alles alleine stemmst – Vernünftige Heime ziehen diese Fälle vor)

Das hier könnte so ein ähnliches Angebot sein: Anlaufstelle Nachbarschaft: AWO Kiel (awo-kiel.de)

Die Links auf dieser Seite (VDEK, BKK + AOK) könnten auch Unterstützung bringen: Pflege - Rat und Hilfe - Hilfen für Angehörige - schleswig-holstein.de

Genesung fördern: Du hast geschrieben, dass es eine Zeit gab, in der sie Fortschritte machte. Also kann man auch davon ausgehen, dass durchaus Potential (wieviel auch immer) vorhanden ist und ihr wohl mehr die Psyche einen Streich spielt.

Da Dir die Ärzte nicht helfen (ja, ich kenne dieses Schulterzucken auch), würde ich es mit

  1. Vitaminen (gibt es auch in Tropfenform – D3 + B12 + Q10, Magnesium – Du kannst auch nach „Vitamin Tropfen Kinder“ googeln. Dann werden Dir Mischungen gelistet) Den D3 und B12-Status würde ich vom Arzt untersuchen lassen. D3 kann fehlen weil sie nicht/wenig in die Sonne kommt. B12 aufgrund des Alters und der Ernährung.
  2. Musik
  3. Sonne/Licht (wenn sie nicht raus kann, dann eine Tageslichtlampe)
  4. Streicheln
  5. Singen (versuchs mal, selbst schwer betroffene Aphasiker können Liedertexte obwohl sonst die Sprache versagt. Mein Mann war dazu schon Wochen nach seinem Schlaganfall dazu in der Lage. Alle Strophen eines Volksliedes – ich habe nicht schlecht gestaunt. Und das zu einer Zeit in der noch nicht einmal Ja und Nein verlässlich eingesetzt werden konnte. Singen hebt die Stimmung „Marmor, Stein und Eisen bricht.. „ ist z.B. bei meinem Mann ein guter Stimmungsheber.

Ja, manche werden hier sagen „wie kann man Vitamine einsetzen ohne dass man die Ärzte einbindet“ – Ich sage: Die Ärzte lassen Dich im Stich und was kannst Du bei dem Zustand Deiner Frau schon noch falsch machen? Wenn Du nichts unternimmst ist das Ende absehbar. Abgesehen davon wurde D3 und B12 tatsächlich von unserem Neurologen nahe gelegt – D3 zumindest in den Wintermonaten.

Deine Aussage „Ob eine Depression vorliegt weiss ich nicht, die Diagnose ist ja auch schwierig. Da prophylaktisch zu therapieren halte ich nicht für angemessen.“ verstehe ich aber nicht. Riskierst Du lieber, dass Deine Frau in eine Depression abgerutscht ist und niemand etwas macht? Die Frage ist doch… was ist schlimmer? Einige Wochen testweise Medikamente einzunehmen die sie evtl. gar nicht benötigt, oder in einer Depression gefangen zu sein? Ich erlebe Deine Frau nicht, also kann ich es nur anhand Deiner Beschreibung bewerten. Das was ich so lese würde dazu führen mich mit Medizinern diesbezüglich auseinander zu setzen. Notfalls, wie geschrieben, mit Filmmaterial unterlegt damit der Arzt auch weiss wovon Du redest.

Dir alles Gute!

Amsel


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Amsel« (13.05.2022, 18:24)
#5

extr3mersfrau

nrw, Deutschland

Hallo Nimbus 51,

ich würde auf jeden Fall ärztlichen Rat holen, vor allem wenn der Zustand sich auf einmal geändert hat. Ich bin in einer ähnlichen Situation wie Ihr beide. Leider lässt der der gesundheitliche Zustand meines Mannes keine Antidepressiva zu. 

Du wirst ja auch durch einen Pflegedienst ,,betreut´´ bzw. Qualitätskontrolle. Sprich mit Ihnen über die Veränderungen, evtl.

kommt auch eine höhere Pflegestufe in Betracht. Während der neurologischen Frühreha werden alle möglichen Phychopharmaka eingesetzt. Das war bei meinem Mann genauso. LG

 

#6
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

@Amsel

Ja, ich spreche oft zu ihr - sie scheint auch etwas davon mitzubekommen, nur weiss ich nicht, wieviel und ob es logisch richtig ankommt. Ich erzähle von gemeinsam Erlebtem, von Freunden, die uns unterstützen und von den Plänen, die haben (hatten). Auch über meine Ängste und Sorgen erzähle ich ihr.

Eine sichtbare, klar einzuordnende Reaktion konnte ich noch nicht feststellen, leider.

Auf ihre Äußerung bin ich damals eingegangen. Ich habe sie in den Arm genommen und ihr dabei gesagt, dass sie nochmal all ihre Kraft zusammennehmen soll, dann würde es auch wieder gut - nach einiger Zeit immer noch keine klare Reaktion. Dann habe ich ihr gesagt, dass wenn sie gehen will, ich sie in Liebe gehen lasse, dass aber über unser Ende nicht wir bestimmen, sondern Gott allein. Da hat sie mich ganz fest gehalten und geweint. Ich bin darüber immer noch sehr traurig, kann sie aber verstehen, denn das Leben, das ihr im besten Falle noch möglich sein wird, will sie nicht - dafür kenne ich sie zu lange und zu gut. Die minimalen Einschränkungen von den letzten Schlaganfällen, waren für Fremde fast nicht zu bemerken und trotzdem konnte sie es nicht ertragen.

Der Pflegedienst hatte zum April gekündigt und ich habe auch keinen Neuen, wir liegen so gerade außerhalb der Bereichsgrenzen der umliegenden Dienste. Außerdem haben seit der Impfpflicht alle Personalmangel, weil viele Mitarbeiter gekündigt haben und der Rest ständig krank ist. Das wäre auch kein so großes Problem, wenn ich nicht ständig irgendwelche Ämter im Nacken hätte, die mir Fristen setzen und dann selbst den Prozess so verzögern, dass es Immer knapper wird.

Zu Ärzten zu fahren ist leider nicht möglich. Sie ist zwar in der Lage mit meiner Hilfe zu gehen, aber ihr zu vermitteln, dass etwas jetzt sein muss, ist unmöglich. Entweder kommt die Initiative zu einer Handlung von ihr, oder es gibt eben keine.

Therapien gibt es 8 mal pro Woche bei uns zu Hause, manchmal kann ich dann sogar raus, um etwas zu erledigen. Die Logo sagt, das mit dem Essen wird nichts mehr, weil grundsätzliche Teilfähigkeiten verschwunden sind. Ich kann auch nicht ausschließen, dass noch kleinere "Ereignisse" passiert sind, etwa kleinere Hirnblutungen oder Gefäßverschlüsse - ich nehme es sogar an, dass etwas war, denn sie ist so oft gefallen, dass es unwahrscheinlich wäre, dass nichts passiert ist. Und NEIN, wir waren nicht zur Untersuchung im KKH, denn zum Einen, traten die Veränderungen nicht spontan auf, sondern Tage später, zum Anderen hätte es nach Meinung der Notärzte, die hier schon fast Stammgäste waren, nichts mehr geändert nach so langer Zeit. Wir hätten zwar etwas mehr Gewissheit, aber um den Preis einer erneuten Traumatisierung, die nach jedem Besuch des RTW einen weiteren Abwärtstrend ausgelöst hat.

Mit Vitaminen ist sie bestens versorgt, das machen wir schon seit Jahren, seit ich mal eine Hypovitaminose hatte, die erst von achten Arzt erkannt wurde.

Tagespflege scheidet (im Moment noch) aus, s.o.

Etwas vom Verhalten zu filmen geht nicht, weil ich in "filmwürdigen Situationen" beide Hände für meine Frau brauche, damit sie sich nicht mehr als vermeidbar verletzt.

Sie ist übrigens erst 60 Jahre alt, ich bin etwas jünger.

@extr3mersfrau

Sie hat bereits Pflegegrad 5 und hat bis zum Schlaganfall auch jedwede Schulmedizin kritisch hinterfragt. Das hat dazu geführt, dass sie chemische Medikamente nur sehr reduziert verwendet, und Psychopharmaka komplett abgelehnt hat. Es gibt einen Psychiater in der Familie, mit dem das oft diskutiert wurde - er hat meistens die Diskussion verloren geben müssen.

Egal, wie ich selbst darüber denke, ich habe ihre Einstellung zu respektieren. Auch und gerade als ihr Betreuer.

 

 

Nach eingehenden Beratungen mit Therapeuten und Anderen, ist wohl das Wahrscheinlichste, dass bei meiner Frau gerade ein Entscheidungsprozess läuft, sie also noch nicht entschieden hat, ob sie bleiben oder gehen will. Solange ich keine konstante Linie bei ihr sehe, werde ich ihr immer zum Leben raten und sie dahin zu lenken versuchen. Ändert sich dies und kann ich deutlich sehen, dass sie nicht mehr will, dann werde ich sie auch darin unterstützen. In Teilen umgesetzt habe ich das schon. Wenn sie die Ernährung ablehnt, was immer häufiger vorkommt, dann bekommt sie auch nichts. Das hat sie etwas entspannter gemacht, sie beisst nicht mehr so oft nach mir, um Ablehnung zu äußern. Meist nur noch als dritte Hand (sehr schmerzhaft), oder als Kußersatz (zärtlich), denn das geht auch nicht mehr.

Das wars erstmal, vielen Dank für die Kommentare und Ratschläge

#7

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Nimbus, ich bin in Eile, deshalb nur kurz zur Pflege bzw. Unterstützung. Zum Rest irgendwann später mehr.

Mir ging es bezüglich der Links eigentlich mehr um die Unterstützungsmöglichkeiten die man NICHT über die Pflegedienste erhält (bzw. dort auch, aber für überteuerte Preise), sondern über gemeinnützige Organisationen. Bei uns ist es eine ökumenische Einrichtung die Nachbarschaftshilfe in Form von "Hausarbeit, beim Kochen, Einkaufen, Vorlesen, Spazierengehen, zur Begleitung zum Arzt und Behörden..." anbietet. Stundensatz ca. 16,50. Diese Hilfestellung kann über die 125€-Pauschale mit der Pflegekasse abgerechnet werden. Wenn Du das noch nicht in Anspruch genommen hast, dann sammelt sich das innerhalb eines Jahres an (und verfällt ca. - das weiß ich nicht mehr so genau - im Folgejahr nach 6 Monaten.) 

Mir ging es darum, dass Du Dir zumindest von Extern Hilfe holen kannst um auch mal für Dich etwas ausspannen/außer Haus kommen kannst. 

Ich selbst nehme die Putzhilfe in Anspruch und für mich ist das eine riesige Erleichterung zumindest das Grobe 1x in der Woche weg zu haben und mich nicht um Versicherung und Co kümmern zu müssen was ich hätte, wenn ich auf dem üblichen Weg eine Reinigungskraft gesucht hätte (und auch nur mit viel Glück jemanden gefunden hätte) 

Ansonsten... bei uns bieten manchmal Privatpersonen Hilfe bei der Pflege an. Meist sind das ehemalige Pflegekräfte/Krankenschwestern. Vielleicht versuchst Du das mal und setzt selbst eine Anzeige im örtlichen Wochenblatt auf. Einen Versuch wäre es wert, oder? Das könntest Du zumindest über die Verhinderungspflege abrechnen. 

#8

Snoopy69

Ansbach, Deutschland

Hallo Peer.

Ich habe Dir eine private Nachricht geschrieben.

Lg

#9

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Hallo Nimbus,

vergessen habe ich Dich nicht, aber (zu lange) hin und her überlegt und mir auch die Frage gestellt, ob ich das Folgende öffentlich schreiben darf.

Ich glaube nicht, dass Du hier jemanden finden wirst, der eine ähnliche Situation erlebt hat oder erlebt. Evtl. triffst Du in den Pflegeforen zum eigentlichen Thema eher betroffene Angehörige. 

Nachdem was Du alles nach Deinem ersten Beitrag noch geschrieben hast gehe ich nicht (mehr) davon aus, dass es sich bei Deiner Frau um die beim Schlaganfall nicht ungewöhnliche Antriebslosigkeit handelt.... und Du ja wohl ebenfalls nicht.

Im Grunde hast Du das Wichtigste bereits heraus gearbeitet. Deine Frau ringt.. ringt mit sich und dem Leben. 

Nun hast Du das Problem, dass Deine Frau nicht mehr sprechen kann und Du damit auf Deine Beobachtungen und Vermutungen angewiesen bist. Das verunsichert - besonders weil es um die wichtigste Frage geht die es gibt.. Leben, Tot und Lebensqualität. Mich würde das jedenfalls sehr verunsichern und Dich ganz offensichtlich auch.

Ich habe mir die Frage gestellt was ich in Deiner Situation tun würde wenn kein Arzt greifbar wäre der die Qualitäten eines guten Hausarztes aufweist und sich hinter "Technik" versteckt.

Als Erstes erinnerte ich mich an die Palliativabteilung in unserem örtlichen Krankenhaus. Wenn ich überhaupt nicht weiter wüsste, dann würde ich versuchen dort Rat zu erhalten oder Kontaktadressen erfragen die ambulant beraten. Vor allem eben Dich. 

Oder aber bei Hospizen nachfragen - sofern es so etwas bei Dir in der Nähe gibt.

Dann sind mir bei der Frage "welche Stellen können auf den letzten Metern oder Kilometern insofern unterstützen, dass man als Pflegender nicht daran zerbricht aber auch dem Kranken das gibt was er benötigt" bin ich beim Googlen auf folgende Links gestoßen:

Hospiz- und Palliativberatung (caritas.de)

Ambulante Hospizdienste - Sterbebegleitung Beratung - betanet

Ich möchte damit nicht zum Ausdruck bringen, dass das Ende Deiner Frau nahe ist. Das kann ich von hier aus gar nicht einschätzen. Aber da sie wohl mit sich ringt, ob sie den Weg einschlagen möchte würde ich mich an "Stellen" wenden die regelmässig mit solchen Themen konfrontiert werden.

Meine ganz persönlichen Gedanken aufgrund Deines letzten Postings und dem letzten Absatz: Ich würde nicht versuchen zu lenken. Da sein, aushalten (was schon schwer genug ist). So wie sie reagiert, ringt sie auch ohne Einfluss von Außen sehr mit sich. Und... evtl. irre ich mich, aber ich hatte beim Lesen Deiner Zeilen immer den Eindruck, dass ihr euch in den guten Jahren nahe wart und das auch jetzt noch seid. Wenn ich mich nicht irre, dann wird sie schon alleine deshalb nicht leichten Herzens loslassen . Würde es ihr leicht fallen, sie hätte es schon längst getan.

Hast Du jemanden um Dich auszutauschen? Deine Ängste? Deine Unsicherheiten? Deine Trauer?.. fängt das jemand auf?

#10
Avatar

Unbekannt

Gelöscht

Hallo Amsel

Deine Einschätzung ist vollkommen richtig!

Am Freitag nun hat sie sich entschieden und losgelassen.

Mit dem Thema Palliativbetreuung habe ich allerdings ganz furchtbare Erfahrungen gemacht. Es war ja nicht zu erwarten, dass sie nach sechs Monaten noch am Schlaganfall stirbt, sondern, dass wenn nichts dazwischen kommt, sie auf nicht absehbare Zeit einfach nur schwerst pflegebedürftig sein wird. In dieser Situation dann die Ernährung einzustellen, hieße ja sie verdursten zu lassen. Das wäre gegangen (juristisch) mit Genehmigung eines Gerichtes. Als Christ kann ich das aber nicht vertreten, denn es erleichtert ja nicht das schon begonnene Sterben, sondern führt es erst herbei. Das ist sehr dicht an der Euthanasie. 

Aber zurück zur eigentlichen Kritik, zumindest an den Palliativbetreuern, mit denen ich es hier zu tun hatte: Der Fokus dieser Leute lag eindeutig darauf, zeitnah die Ernährung einzustellen - man drängte mich nicht direkt. Als ich aber sagte, ich wollte zumindest noch einen alternativen Besserungsversuch machen, zogen sie sich zurück. Nach längerer Diskussion habe ich dann, zugegebener maßen etwas provokativ, gefragt, ob man mir sämtliche Unterstützung verweigert, wenn ich meine Frau nicht zeitnah aus dem Leben befördere. Die klare Antwort war ein schlichtes Ja.

Das ist jetzt aber alles bedeutungslos

1025 Aufrufe | 12 Beiträge