Hallo liebe Forenbesucher,
mit 52 hatte ich vor 3 Monaten meinen ersten Schlaganfall. Nach 10 Tagen auf der Stroke Unit Station und 4 Wochen Reha war ich noch 6 Wochen zuhause und habe diese Woche mit der Wiedereingliederung im Job angefangen, täglich 3 Stunden.
Es fällt mir noch wahnsinnig schwer, mich 3 Stunden zu konzentrieren und ans Telefon im Büro kann ich noch gar nicht, weil ich sofort in Panik ausbreche, wenn es klingelt. Fatal, wenn man als Vertriebssachbearbeiterin am Telefon verbindliche Preise und Angebote mitteilen muss. Ich muss dazu sagen, dass mich der SA damals während eines Telefonats mit einem stinksauren Kunden erwischt hatte und die Angst seitdem tief sitzt. Auch in den Wochen nach der Reha konnte ich "draußen" nicht mit mir unbekannten Menschen sprechen. Mein Mund war stets wie zugeklebt.
Obwohl ich nach dem SA tagelang unter Sprachstörungen litt, ist jetzt wieder soweit alles okay. Keine Lähmungen, alles funktioniert wieder. Was aber im Umkehrschluss dazu führt, dass das bei meinen Mitmenschen zu einer hohen Erwartungshaltung führt. Man sieht nichts, also hat sie ja nichts......
Aber ich habe Defizite, unter denen ich leide und die ich mir erst jetzt, nach 3 Monaten erklären kann, nachdem ich mich hier durch das Forum gelesen habe. Vorher hatte ich mich nur mit der Zeit vor und den Ursachen des SA befasst, nicht mit dem "danach". Und das auch erst, weil mein Sohn, seine Freundin und mein Freund sich vor wenigen Tagen über meine veränderte Persönlichkeit unterhalten haben. Zusammen haben sie sich mit mir darüber unterhalten und mir gesagt, wie ich inzwischen "bin".
Den Menschen, über den sie sich da unterhielten und mir beschrieben, würde ich persönlich auch nicht mögen, aber ich selber habe von der Veränderung gar nichts mitbekommen. Es hatte sich was verändert, ja, aber mir war nie klar, was und in welchem Ausmaß. Nachdem ich hier so viel von Persönlichkeitsveränderung gelesen habe, bin ich förmlich zusammen geklappt. Teils aus Erleichterung, endlich eine Erklärung zu haben, aber auch aus Frust, dass ich "so" sein sollte, wie sie mir in aller Ruhe beschrieben.
Ich habe mich als erstes bei allen entschuldigt und versprochen, an mir zu arbeiten. Und ich habe mich bedankt für die Geduld der drei für mich wichtigsten Menschen in meinem Leben. Bei der vierten, meiner Muter, werde ich das auch noch tun. Schrecklich, was ein SA mit einem anstellen kann, aber mit Unterstützung aller Beteiligten kann man das wohl größtenteils in den Griff bekomme.
Ich habe das jetzt geschrieben, weil ich hoffe, damit anderen Betroffenen damit ein bisschen Mut zu machen. Rückschläge passieren und eine Veränderung dürfte damit auch verständlich sein. Reden und darüber austauschen ist unheimlich wichtig. Und es scheint auch normal zu sein, dass man selber von der Veränderung nichts mitbekommt. Es ist, als wäre unbemerkt ein Schalter im Kopf umgelegt worden. Man kann daran arbeiten, dass der SA nicht die Oberhand bekommt. Ich für mich habe jedenfalls beschlossen, dem SA den Mittelfinger zu zeigen und nicht zuzulassen, dass er in meine tolle Familie reinfunken kann! Und ich wünsche allen hier die Kraft, das auch zu versuchen und nicht dem Mut zu verlieren!