#1
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Hallo liebes Forum, ich bin die Lebensgefährtin von einem 49 Jährigen, der einen schweren Schlaganfall im November hatte. Es wurde in der Arteria vertebralis ein Stend gesetzt und die Verstopfung in der Arteria basilaris wurde aufgelöst. Geblieben ist eine schwere Schluckstörung (er hat eine PEG), eine linksseitige Lähmung, eine Sprechstörung (heisst er kann die Worte schlecht artikulieren, hat aber keine Aphasie) und Krämpfe im linken Oberarm und im linken Oberschenkel. Nach der Aufnahme in die Reha hat er eine Lungenentzündung überwinden müssen. Nach dem Ausklingen hat sich alles verschlechtert. Es wurde ein CT gemacht, Resultat: kein weiterer Hirnschlag. Die Ärztin sagte, dass es evtl. mit den Medikamenten zusammenhängt. (Sie hatten ihm einkrampflösendes Medikament verabreicht , was sich offenbar auf alle Muskeln auswirkt-auch auf die Zunge und damit zusammenhängend aufs Schlucken- Dieses wurde jetzt abgesetzt und durch Cannabiol ersetzt). Jetzt ist es derzeit so, dass er sich nicht allein bewegen kann, Angst vor dem Rollstuhl hat und viel weint.

Uns wird immer gesagt, dass wir Geduld haben sollen, aber ehrlich gesagt, ist das schwer auszuhalten. Ich suche Leute, denen es ähnlich geht, mit denen ich mich austauschen kann.

Es wäre schön, wenn sich jemand angesprochen fühlt! 

 

#2
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Uns wird immer gesagt, dass wir Geduld haben sollen, aber ehrlich gesagt, ist das schwer auszuhalten. Ich suche Leute, denen es ähnlich geht, mit denen ich mich austauschen kann.

Es wäre schön, wenn sich jemand angesprochen fühlt!


Hallo Melanie,


zum Rest kann ich dir nicht viel sagen, aber zur Geduld: Es ist extrem schwer, die Maßstäbe eines "normalen" Lebens oder einer normalen Kranken- bzw. Genesungsgeschichte an den Folgen eines Schlaganfalls anzusetzen. Da ist eben leider nichts planbar mit einer Plus-Minus-Toleranz, da gibt es leider keine sich widerholenden oder vergleichbaren Abläufe.

Es reichen kleinste, minimalste Unterschiede zwischen Patienten und den Umständen aus, so dass sich nicht genau sagen läßt, warum es bei einem Betroffenen so weit und beim anderen nicht mal halb soweit gegangen ist.

Mir ist es anfangs sehr schwer gefallen, zu verstehen, dass keiner richtig sagen kann, was passiert, was sich entwickeln kann, was bleiben wird, was nicht mehr umkehrbar ist. Man geht irgendwie davon aus, dass man Prognosen bekommen kann, wie bei einem Beinbruch: "1 Woche Bett, 6 Wochen Reha, 3 Monate und dann kann er wieder arbeiten". Leider geht das nicht.


Mit der Zeit wirst du viel geduldiger werden. Je mehr du dich mit den Dingen beschäftigst, desto schneller wohl.

LG

#3
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Hallo! Ich hatte auch einen schweren Schlaganfall mit linksseitiger Lähmung und weiß wovon ich rede. Also erstens ist es noch ein junger Mann und so viel bessere Chancen wieder gesund zu werden. Wann, das ist liegt zum ganz großen Teil an jedem selbst. Wie er zu sich steht und wie er selber gegen die Einschrenkungen kämpft. Es ist ein Kampf aber wer kämpft kann gewinnen und wer nicht kämpft hat schon verloren. Ich zum Beispiel habe außerhalb der Behandlung in der Reha immer wenn Zeit war mit der rechten Hand meine linken bewegt und massiert. Vor allem vor dem schlafen gehen, so wie ich als Kind ein Gedicht lernen musste. Mein Kopf musse ja auch wieder lernen den Arm zubewegen. Eines frühes konnte ich auf einmal eine Fingerkuppe bewegen, welch eine Freude. Wann etwas besser wird kann keiner genau sagen aber mann darf sich nie aufgeben. Jetzt ist mein Schlag schon fast ein Jahr her und ich Kämpfe immer noch. Kann zwar alles bewegen und laufen aber eben noch ich so wie es einmal war. Das was zurück bleiben kann, ist mir klar, aber ich kämpfe weiter. Was ich sagen will ist: Geduld haben aber die Zeit sinnvoll mit Training jeder Art nutzen. Zu versauern und faul werden ist das schlechteste was man tun kann. Klar gibt es Tage die nur grau und besch... sind aber es nützt nix. Augen zu und durch. Viel Glück und Geduld und Kraft zum Kampf gegen den Schlag. LG Jürgen

#4
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Hallo,

 

ich habe in einigen Deiner Beschreibungen auch die Symptome meiner Mutter wiedererkannt, denke ich. Habe ebenfalls einen Thread eröffnet mit der Frage nach Nebenwirkungen von Medikamenten. Ich glaube, dass nicht wenig von dem, was ein SA-Patient nach dem eigentlichen SA so alles mitmachen muss, eben auch von Medikamenten-Nebenwirkungen kommt. Leider sind die Präparate einfach stark in ihrer Wirkung, und da man ja oft mehrere parallel einnehmen muss, kommt es dann wohl auch noch zu Wechselwirkungen. 

Darf ich fragen, welches Medikament ihr konkret in Verdacht hattet, als es bei Deinem Freund um diese Muskelprobleme (Zunge, Schlucken, Bein, Oberschenkel) ging?

 

LG, Marie

#5

Etcetera

Basel, Schweiz

@Schneepflug/Jürgen
Im Prinzip bin ich mit deiner Darstellung einverstanden. Viel üben und der Wille/die psychische Stärke sind sehr wichtig für die Genesung. Ich mag dir deine Erfolge allemal gönnen und hoffe, dass du weiterhin so viel Kraft aufbringen kannst.

Was für mich zu wenig rauskommt: Die Art der Schäden im Gehirns hat dennoch den wesentlichsten Einfluss auf die Widerherstellung, aber auch auf die bleibenden Behinderungen und Defizite. Selbst die Unfähigkeit, die Kraft fürs Trainieren/Therapieren aufzubringen, kann eine direkte, organische Folge des Hirnschadens sein.

Was im Gehirn defekt ist, bleibt im Wesentlichen defekt, auch wenn es Verschiebungen und Lerneffekte gibt (also "Umprogrammierungen").

Ich denke, es darf im Umkehrschluss nicht der Verdacht aufkommen, dass wer bleibende Behinderungen davon trägt, daran selber schuld ist.

Und wer als Folge des SA psychisch angeschlagen ist und vielleicht schon früher belastet war, hat es entsprechend schwerer, neue Perspektiven und damit neue Kraft zu finden.

Liebe Grüsse
Christoph

#6
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Hallo! Ich wollte auf keine Fall irgend wem auf die Füße treten. Sorry wenn es so an gekommen ist. Das Thema Schlaganfall ist so verschieden wie das Wetter. Dazu kommt das jede Person auch wieder anders ist. Ein Geheimrezept zur Genesung gibt es leider nicht. Keiner weiß was einmal sein wird, was übrig bleibt und wie man damit um gehen soll. Auch bei mir ist noch lange nicht alles so wie es einmal war. Mein größtes Problem ist das fehlerlose Laufen. Es will und will einfach nicht gehen. Ich bin schon immer gerne und viel gewandert...........heute geht das nicht wirklich. Das macht mir schon sehr zu schaffen. So hat jeder Patient sein Päckchen zu tragen. Tragt es mit Würde und arbeitet daran. Lg 

#7
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Hallo liebe Mitstreiter*innen, 

ich lerne jetzt *Geduld* in einer Form in der ich diese Eigenschaft noch nicht kannte!!! Wir haben wieder eine Woche Klinikaufenthalt hinter uns. Es gab einen weiteren Schlaganfall, der aber - laut den Befunden - schon eine Weile zurück liegt. Wieder ist der Hirnstamm betroffen. 

@Marie er wird u.a. mit Backlofen behandelt. Das wirkt sich zwar positiv auf die Spastik aus, behindert aber leider die gesamte Schluckmuskulatur. 

Gestern haben wir noch mal mit der Ärztin gesprochen.. Die Kommunikation zwischen Kh und Reha ist katastrophal (so wurde z. B. die Info vom Kh an die Reha gegeben, dass ihm eine Trachealkanüle gesetzt wurde, was überhaupt nicht stimmt). Und auch sonst gibt es keinerlei ... ich sag mal kollegiallen Austausch. Wenn ich nach frage... fehlt die Zeit.

die Zustände in unserem Gesundheitssystem sind eine einzige Katastrophe. 

Was positiv ist: es gibt einen neuen Antrag bei der Kk, mit Verlängerung also haben wir evtl noch mal gute 6 Wochen Zeit. 

Aufgrund seines Zustands und natürlich dem „Kostendruck“ (also: wie lang zahlt die KK noch die Reha) haben wir uns jetzt mit Alternativen auseinander setzen müssen. Da kämen dann Einrichtungen mit Phase F ins Spiel!!! Ich hab getobt und geheult, als ich damit konfrontiert wurde!!! 

 

#8
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Hallo, liebe Melani,

Geduld und nicht Aufgeben, immer und immer weiter üben.... sind wirklich das Allerwichtigste nach einem Schlaganfall/Hirninfarkt - jedenfalls haben wir diese Erfahrung gemacht.... Aber auch, dass es nach sehr langer Zeit noch Verbesserungen geben kann. Meiner Tochter erlitt vor jetzt fast acht Jahren im Alter von fast 39 Jahren einen sehr schweren Hirninfarkt mit fast gesamten Organausfall. Sie ist sehr lange reanimiert worden, lag im Koma, Wachkoma und kam sehr langsam zurück ins Leben. In dem Stadium, in dem dein Mann gerade ist, war meine Tochter auch in der Reha. Immer wieder der Kampf mit den Ärzten wegen Verlängerung, mit der Krankenkasse und den Ärzten, die anschließend die ambulanten Therapien verschreiben - aber es lohnt sich. Meine Tochter hat in den ersten zwei Jahren auch viel geweint - heute ist eine fröhliche Frau, die ihre Situation und das Leben mit den aus dem SA resultierenden Behinderungen akzeptiert und angenommen hat - und wir als Mutter und Kinder auch. Es bleibt einem ja auch nichts anderes übrig, als zu versuchen, das Beste draus zu machen. Ich kann aber auch verstehen, dass viele Betroffene das nicht schaffen, denn in den meisten Fällen ist das "alte" Leben vorbei, nur ganz selten wird es wieder so wie es einmal war - aber trotzdem: Wir sind alle froh, dass Tanja da ist. Sie hat überlebt und kann am Leben teilnehmen, auch wenn es ganz anders ist als das der meisten anderen Frauen in ihrem Alter.

Wenn es Dich interessiert: Ich habe ein Buch über Tanja, über uns und die Situation damals geschrieben. Ich führe Tagebuch und anhand dieser Tagebuch-Aufzeichnungen konnte ich jeden Schritt, das langsame Wachwerden, die ersten Schluck- und Sprechversuche... alles festhalten und niederschreiben - hauptsächlich für sie und ihre Kinder, aber eben auch für andere Betroffene, um Mut zu machen und nicht aufzugeben.

Das Buch heißt "Tanja - das ist die die wieder lacht", ist überall im Buchhandel oder online auch als E-Book erhältlich.

Deinem Mann wünsche ich gute Genesung - weiter viele kleine Schritte vorwärts - Euch ganz viel Kraft und alles Gute!

Gisela

 

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