#1
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo an alle, 

 

ehrlich gesagt geht es mir gar nicht gut und ich weis gar nicht so richtig wo ich anfangen soll.

Im September 2017 sollte sich auf einen Schlag und an einem Tag das Leben meiner ganzen Familie ändern.

Mein Vater, 65 Jahre, gerade richtig in Rente, sportlich, kein Übergewicht, Nichtraucher, keine relevanten Vorerkrankungen hatte ohne Vorwarnung einen schweren linksseitigen Schlaganfall und an Tag 3 im Krankenhaus noch einen weiteren Schlaganfall an der Brücke bzw. dem Kleinhirn. Es war tagelang nicht klar ob er überleben würde, mal kippte das Ganze auf die eine und mal auf die andere Seite, letztendlich überlebte er, er schlief sehr viel, das Bewusstsein war eingetrübt, er konnte zunächst nicht sprechen und schlucken und es waren alle 4 Extremitäten betroffen.

Er kam dann für insgesamt 5,5 Monate in Reha. Sein Zustand verbesserte sich: er kann schlucken, er ist "klar im Kopf", er spricht, die Bewegung kam in allen vier Extremitäten zurück, aber die Funktion fehlt, dies bedeute er kann nicht laufen und keinen Arm alltagsrelevant einsetzen, zudem leidet er unter starker Spastik. Er ist in Pflegestufe 4 zu Hause. Er bekommt regelmäßig Logo, Ergo und Physio. Er übt macht und tut, aber es geht nichts vorran und er kann die Tragweite dessen abschätzen. Wir tun wirklich alles was möglich ist, sind mittlerweile aber alle am Ende unserer Kraft. Es ist absolut furchtbar einen Menschen, den man so sehr liebt so leiden zu sehen und natürlich möchte ich nicht das Papa stirbt, aber ich hab wenn keine Besserung eintritt ganz große Angst davor, dass er in diesem Zustand noch sehr viele Jahre weiter leben muss. 

Seit mehr als einem Jahr versuchen wir irgendwie damit weiter zuleben, aber es soll nicht richtig gelingen, wir schlafen mit den Gedanken um Papa ein (falls wir schlafen können), wir wachen damit auf, die Hilflosigkeit quält uns alle, wir versuchen ihn auf zufangen wenn die Depression stärker wird, wir versuchen Mama den Rücken zu stärken und sie zu unterstützen. Sie lehnt Hilfe aber weitestgehend ab und es geht ihr zunehmend schlechter. Also die Sorge um sie kommt auch noch hinzu.

Kann mir in dieser Situation jemand einen Rat geben?

 

Vielen Dank.

#2

jup11

Quarnbek, Deutschland

Hallo,

es ist schon mal gut, wenn dein Vater wieder Sprechen und Schlucken kann.

Ihr müsst euch unbedingt Hilfe holen, beispielweise einen ambulanten Pflegedienst oder das euer Vater zur Tagespflege geht.

Anders geht es auf Dauer nicht.

Jürgen

https://www.schlaganfall-info.de/com/Drei_Jahre_danach.pdf

 

#3

Angie

Untermettingen, Deutschland

Hallo!

Jürgen hat vollkommen Recht. Wenn er tagsüber versorgt ist, ist da für euch Zeit zum Durchatmen. Es hört sich zwar etwas gemein an, aber es ist das beste für euch.

Wir hatten anfangs auch eine Dame die mit mir Sprachübungen und Physiotherapie gemacht hat. Sie war 4 Stunden am Tag da und hat meinem Mann viel unter die Arme gegriffen mit den Kindern.

 

Alles Gute für euch!

Angie

#4
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo,

ich kann mich nur anschließen: Deine Mutter sollte sich Unterstützung holen oder Deinen Vater wenigstens in eine Tagespflege geben, damit sie selbst nicht unter der Belastung zusammenbricht. Wichtig ist aber auch, dass ihr alle ganz viel Geduld habt. Wenn Dein Vater weiter seine Therapien und Übungen macht, kann er noch weitere Erfolge erzielen. Es ist ein schwerer Weg. Gebt ihn nicht auf!

Ich habe das alles mit meiner Tochter erlebt, die allerdings, als sie den Schlaganfall mit multiplem Organversagen bekam, erst 39 war. Erst nach drei Jahren war sie von allen Schläuchen befreit (Tracheostoma geschlossen, Magensonde und Katheter gezogen). Es hat lange gedauert, aber inzwischen ist sie wieder ein fröhlicher Mensch. Sie hat ihr Leben so wie es ist akzeptiert, trotz ihrer Behinderungen. Falls es Dich interessiert: Ich habe damals Tagebuch geführt und anhand dieser Tabebuch-Aufzeichnungen ein Buch geschrieben: "Tanja, das ist die, die wieder lacht!"

Falls Du noch Fragen hast, kannst Du mich gerne anschreiben!

 

Alles Gute für Euch und besonders für Deinen Vater und weiterhin ganz viel Kraft und Geduld!

Gisela

#5
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Unbekannt

Gelöscht

Ich habe es selbst erlebt als normaler Mensch ins Bett zu gehen und am nächsten Morgen als anderer Mensch auf zu wachen der sich verändert hat und nicht mehr laufen kann. Wärend meinem Krankenhausaufendhalt habe ich Betroffene kennen gelernt die eigentlich nichts mehr konnten außer am Lebn zu sein. Habe mir da so meine Gedanken gemacht. Was ist wenn? Es könnte ja sein. Fragen die keiner zu beantworten mag. Ein Tier in dem Zustand würde man, auch wenn es schwer fällt, erlösen. Einen Mensch? Wer soll diese Entscheidung treffen??? Selbst wenn der betroffene diese Entscheidung trifft, was wird da? Wer akzeptiert dieses. Als Betroffener ist man da machtlos den anderen ausgesetzt. 

Ich hoffe aber für alle Betroffenen das sie die Kraft finden sich wieder hoch zu kämpfen und ihre Angehörigen das sie die Kraft und die Liebe haben die dazugehörige Unterstützung zu geben. 

#6
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo an alle,

 

vielen lieben Dank für eure Antworten.

Ich kann nur hoffen, dass meine Mutter bald in der Lage ist Hilfe anzunehmen und zwar bevor sie zusammen bricht. Wir werden nicht müde ihr immer wieder zusagen, dass dies der einzig gangbare Weg ist und es auch das beste für Papa ist. Es geht meinen Eltern finanziell ganz okay - es gäbe somit einige Möglichkeiten: Hilfe aus der Familie / Umfeld besser organisieren, osteuropäische Pflegekraft einquartieren, mal mit einem Psychologen sprechen, Pflegezeit für Mama beantragen bzw. Arbeitszeit reduzieren, ambulanten Pflegedienst beauftragen, Betreuung auf 450€-Basis einstellen oder wenn schon niemand an Papa darf wenigstens regelmäßig eine Putzfrau und nen Gärtner kommen lassen, damit drum herum Entlastung stattfindet. Sie möchte dies aber unter keinen Umständen ich kann nur hoffen, dass dies normale Prozesse sind und für alle eine halbwegs zufriedenstellende Lösung gefunden werden kann.

Ich glaube aktuell nicht, dass Papa sich jemals mit diesem Zustand abfinden kann und da ich ihn lange und gut kenne, weis ich dass er lieber gehen würde als so weiter zu leben. Es erklärt sich von selbst, dass wir alles für ihn tun würden außer ihm beim Sterben zu helfen. Oft denke ich er ist zu krank um zu leben und zu gesund um zu sterben - es ist einfach unglaublich bitter und schwierig!

 

Viele Grüße und an alle Betroffenen auf diesem Wege viele gute Nerven und Kraft.

#7
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo Hope,

die depressiven Stimmungen können meistens ganz gut in den Griff bekommen werden. Für Therapiefähigkeit, Ehrgeiz, Willen ist es ganz wichtig, depressiven Zuständen so gut wie möglich vorzubeugen. Da hier aber die Ärzte je nach Klinik/Reha doch sehr unterschiedlich vorgehen, könnt ihr das vielleicht noch einmal mit einem (anderen?) Neurologen abklären.

Vielleicht könnt ihr die Unterstützung für deine Mama einfach selbst absprechen, organisieren, buchen/beauftragen, beaufsichtigen und kontrollieren? Also machen statt vorschlagen: "Nächsten Dienstag 10:30 komme ich mit dem Gärtner" läßt einerseits kaum Spielraum um "nein" zu sagen und andererseits (vielleicht auch ein Grund für die Ablehung) hat deine Mama nicht das Gefühl, dass sie sich darum dann ja auch noch kümmern muss (übrigens ein großes, von außen nicht wahrnehmbares Problem: Zu den ganzen Dingen, die man als pflegender Angehöriger täglich in den Griff bekommen muss, kommen verschiedenste Unterstützungsideen von außen dazu. Angebote, die einem helfen und Zeit sparen sollen. Also das kommt noch oben drauf auf den Tag, an dem schon vieles einfach zeitlich nicht geschafft wird. Da kann ein weiterer Besuch, ein weiterer noch so gut gemeinter Termin, eine weitere Person, auf die man sich einstellen soll, einen völlig überfordern. Man steht irgendwann diesen Dingen nur ablehnend gegenüber, weil der Kopf schon zu voll ist - für Außenstehende ist das nicht wirklich nachvollziehbar.).

LG

 

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