Hallo liebe Mitglieder dieses Forums.
Ich möchte hier einmal die Geschichte des Schlaganfalls meiner Mutter vor ca 3 Monaten schildern, um alles noch einmal für mich revue passieren zu lassen, Meinungen und ggf. sogar kleine Ratschläge von selbst Betroffenen oder anderen Angehörigen zu bekommen oder um auch anderen Angehörigen ein wenig Mit zu machen, da ich dadurch jetzt weiß, dass man als Angehöriger gern andere Schlaganfallgeschichten mitverfolgt, um evtl. Vergleiche zu zehen, Hoffnung zu schöpfen usw...
Stellt euch bitte auf einen längeren Beitrag ein, wer also keine Lust hat etwas Zeit zum lesen zu investieren, der sollte somit jetzt gewarnt sein.
Vor ca 3 monaten war ich mit einem Freund in der Türkei im Urlaub. Meine Eltern hatten auch vor, in einem Ort ca 40km von uns entfernt urlaub zu machen und reisten einen Tag nach mir an. So weit so gut. Am 12.03. sollte es dann also passieren. Gerade gelandet und im Transferbus unterwegs zum Hotel erlitt meine Mutter ( 53 Jahre jung ) leider einen schweren Mediainfarkt durch einen Thrombus in der linken Hirnhälfte. Gott sei dank wurde es sehr schnell bemerkt und sie konnte zeitnah in ein nah gelegenes Krankenhaus dort gebracht werden. Schon im Krankenwagen bekam sie eine Thrombolyse, welche allerdings über die folgenden 48 Stunden das Gerinnsel nicht auflösen konnte. Sie hat somit also eine Halbseitenlähmung rechts und eine Aphasie ( ich glaube eine globale?) Von dann an lag sie 7 tage lang auf der Intensivstation in der Türkei, wo mein vater und ich sie 2-3 Mal jeden Tag besuchten. Sie konnte uns zu dem zeitpunkt erkennen und verstand, was wir redeten. Beispielsweise reagierte die mit lächeln auf unser Reden, wenn wir etwas erzählten, wo wir wussten, sie würde das lustig oder in irgend einer Form aufheiternd finden. Allerdings war sie extrem schläfrig und konnte die konzentration nicht sonderlich lange halten, bis sie wieder einschlief. Dazu hatte sie dieses sogenannte neglect syndrom, also alles was sich zu ihrer rechten Seite abspielte, war für sie quasi nicht existent. Zum glück arbeitete dort eine deutsche Krankenschwester, welche in Deutschland aufgewachsen war und sie somit mehrmals am tag laut und deutlich auf deutsch ansprechen konnte.
Wie dem auch sei. Sie war jedenfalls nach 7 Tagen transportfähig und konnte nach deutschland auf eine stroke unit gebracht werden. Einen tag später war ich auch wieder zuhause wo ich sie natürlich sofort besuchen gefahren bin. Die ersten Aussagen der Neurologen waren natürlich nicht gerade das, was man als 24 jähriger Sohn gerne hört: Prognose sehr schlecht, wahrscheinlich würde sie ein Schwerstpflegefall bleiben. Als ich sie am nächsten Tag besuchte, schlief sie tief und fest. Ich sollte wenig später erfahren, dass das überhaupt kein gutes Zeichen war, denn die betroffene Hirnhälfte war stark angeschwollen, woraufhin mich abends dann der Anruf des zuständigen Arztes erreichte, sie hätten zufällig einen ct gemacht und sie müsste jetzt unbedingt sofort notoperiert werden. 3 Stunden lang war die Hölle in der ich mich ohnehin schon befand also schließlich auf ihrem Höhepunkt. Ihr wurde die linke Seite der Schädeldecke entfernt um den Innendruck zu senken, da sie sonst sehr wahrscheinlich verstorben wäre. Anschließend ließ man sie 7 tage lang im künstlichen Koma, woraufhin sie nochmal ca 7 Tage brauchte, um wach zu werden. Wir besuchten sie jeden Tag bis zu 3 mal - die wohl absolut beschissenste Zeit meines Lebens bislang.
Nach dem Aufwachen wurde es dann jedoch jeden Tag ein bisschen besser, so konnte sie nach einiger Zeit wieder ohne die Beatmungsmaschine atmen und auch das Schlucken klappte halbwegs. Sie verstand viel von dem, was wir erzählten und reagierte mit Gesichtsausdrücken auf unsere worte. Dabei gab es Tage, an denen sie besser drauf war, und Tage, an denen sie extrem platt war.
Sie lag insgesamt einige Wochen ( ich glaube es waren 5 ) auf der Intensivstation und konnte den ersten Rehatermin nicht wahrnehmen, da es Probleme mit der Magensonde gab.
Endlich wieder auf normaler Station und frei von Schläuchen und sogar ohne Tracheostoma ( hoffentlich richtig geschrieben) war sie wieder sowasvon klar bei Verstand, dass im Vergleich zu dem Zustand in der Türkei Welten dazwischen lagen. Die Ärzte sagten, sie wäre ein Phänomen, denn sie schien wirklich 80-90 % von allem zu verstehen , reagierte auf alles, half bei sämtlchen pflegemaßnahmen bestmöglich mit und versuchte auch zu sprechen, allerdings leider ohne großen Erfolg, da sie zwar etwas sagen wollte aber nur „dedededededededede“ herauskam. Selten mal ein ja oder nein, dieses dann sber sogar zum Gespräch passend.
So weit, so gut.
Mitlerweile sind seit dem Schlaganfall fast 3 Monate vergangen und sie befindet sich seit ca 2 wochen endlich in der Reha. Sie darf schon wieder halbwegs feste Nahrung zu sich nehmen und Getränke ohne Andickung trinken( Schluckstörung Stufe 4a ). wir können sie im Rollstuhl durch den Kurpark fahren, mit ihr eine Kleinigkeit essen gehen oder was trinken im cafe...
Sie scheint wieder voll bei Verstand zu sein.
Wenige Tage nach Beginn der Reha konnte sie den rechten arm etwa 10 cm anheben und auch das Bein bewegt sie manchmal leicht, indem sie es beugt und wieder streckt. Auch die Sprechversuche scheinen sich zu verbessern, jedenfalls kommt jetzt viel öfter ein passendes ja oder nein und sie betont diese „dedede“- Silben so, als würde sie ganz normal reden und es sind noch ein paar andere Silben dazugekommen. Die Ärzte sagen, das hätten die noch nocht erlebt, dass ein aphasiepatient diese Silben so betont, als würden sie einen Sinn ergeben. Außerdem „redet“ sie wirklich viel dafür, dass sie es eigentlich garnicht kann. Wir haben ihr allerdings auch gesagt, dass sie sich nie denken soll, dass sie jetzt einfach garnicht erst mehr irgendetwas sagt ..
So jetzt habe ich langsam aber sicher genug erzählt. Jetzt seid ihr gefragt!
Ich freue mich über jeden Kommentar eines selbst Betroffenen oder betroffenen Angehörigen, die mir vielleicht sagen können, wie es in der Zukunft mit ihr weitergehen könnte. Wann wird zum Beispiel wohl ihr Schädelknochen reimplantiert oder wie lang wird die Reha wohl andauern, bis diese nicht mehr verlängert wird? Wie könnte es mit Folgerehas aussehen und was gibt es sonst noch für Möglichkeiten? Wie fit kann sie tatsächlich evtl wieder werden? Wir besuchen sie jeden tag, an Tagen wo mein Vater nicht arbeitet verbringt er oft den ganzen tag mit ihr. Wir tun alles was wir können, um sie bei der Genesung zu unterstützen, ihr immer wieder neue Reize zu geben usw...
Ich bedanke mich schonmal für deine Zeit, wenn du das gelesen hast und freue mich über Antworten!