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Hallo zusammen,

 

ich lese seit Anfang Februar hier mit, schreibe aber erst heute meinen ersten Beitrag.

 

Zu meiner Situation:

Meine Mutter (80) hat Anfang Februar einen zweiten SA erlitten. Den ersten hatte sie vor 10 Jahren und nach einiger Zeit letztlich doch sehr gut „weggesteckt“, sage ich jetzt mal so. Sie hat damals hart an sich gearbeitet (= primär waren damals Lähmungserscheinungen in der linken Körperhälfte das Problem) und irgendwann wieder komplett selbstständig leben können. Zuletzt, also bis Anfang Februar, war sie trotz ihres Alters so extrem fit (körperlich und geistig), dass ich einfach immer wieder nur staunen konnte.

 

Dann, Anfang Februar 2018, aus heiterem Himmel der 2. SA. Sie war bis zu diesem Zeitpunkt immer sehr gut mit Medikamenten eingestellt (Marcumar und andere Meds), sodass die Ärzte bis heute nicht sagen können, warum es zu diesem 2. SA überhaupt kommen konnte. Jedenfalls hat es diesmal leider die rechte Seite erwischt, und leider sind diesmal nicht nur Lähmungserscheinungen, sondern auch sprachliche, psychische, kognitive Probleme entstanden. Dazu später mehr.

 

Nach drei Wochen auf der Stroke Unit und der Neurologie kam sie in die Reha für ebenfalls drei Wochen. Alles lief erstmal recht gut; sie konnte dann nach Hause. Am zweiten Tag zu Hause wurde sie jedoch auf der Toilette bewusstlos und war nicht mehr ansprechbar. Der Notarzt hat sie dann behandelt, sie ist noch im Rettungswagen zu sich gekommen und auf die Intensivstation gelangt. Dort tappte man über Stunden im Dunkeln, wusste nicht, was der Grund für den Zusammenbruch war. Man beschloss dann aber eine erneute Verlegung auf die Neurologie. Auf dem Weg zur Station kam es plötzlich zu Blutungen aus dem Darm; also stattdessen Verlegung auf die Innere Station. Dort musste sie dann ebenfalls drei Wochen bleiben. Die Blutungen waren dann irgendwann recht stark, und es wurde ein Infekt im Bauchbereich / Darm diagnostiziert, der sie letzten Endes sehr geschwächt hat. Alles blieb aber letztlich von den Befunden und Diagnosen her sehr, sehr vage und nebulös... Ich hatte, trotz häufiger Nachfragen bei den Ärzten, den Eindruck, dass man nicht wirklich sagen konnte, was konkret Sache war. Meine Mutter hat jedenfalls dort viel Kraft verloren, aber eine erneute Reha hat die Krankenkasse leider nicht genehmigt. So wurde sie nach drei Wochen also wieder nach Hause geschickt.

 

Hier ist sie nun seit Mitte April. Wir leben alle zusammen, die Eltern und ich. Inzwischen erhält sie Pflegestufe 2; nach langen Anlaufschwierigkeiten kommen Krankengymnast, Ergotherapeut und Logopäde auf Hausbesuche zu uns. Sie arbeitet nach Kräften mit; die Thearpiestunden machen ihr wohl sogar Spaß, wenn sie auch anstrengend sind; aber es bleibt alles insgesamt doch schwierig.

 

Ich komme langsam an die Grenzen meiner Kraft. Und ich merke, wie ich mit einigen Verhaltensweisen meiner Mutter nur noch schwer umgehen kann. Sie starrt oft einfach nur stumm vor sich hin oder durch mich hindurch, reagiert auf Ansprache manchmal überhaupt nicht, ist apathisch etc. Dabei ist sie aber im Prinzip ansprechbar; kann sich auch mitteilen. Sie scheint aber keine Lust zu haben. Dazu läuft ihr an manchen Tagen ohne Unterlass viel Speichel aus dem Mund; sie kann Urin und Kot nicht mehr „halten“ und muss z.T. mehrfach am Tag frisch gemacht werden – was sie dann sehr spaßig findet und was mich ziemlich entsetzt (= also die Tatsache, dass sie das In-die-Hose-machen so amüsant findet). Sie hat „Macken“ entwickelt, wie ständiges Nesteln an einem Taschentuch, Falten und Zurechtzupfen von ihren Kleidungsstücken; sitzt den ganzen Tag in einem völlig überheizten Zimmer mit Schal und dickem Pulli und einer Wärmflasche auf dem Schoß, die sie manchmal ohne Unterbrechung „dreht“. Allein das Zusehen macht einen nervös.

 

Was das Gehen angeht, so hat sie wohl eine Fußhebeschwäche (das habe ich im Netz so recherchiert; kein Arzt hat uns das bislang gesagt) und dreht außerdem vor dem Absetzen des rechten Fußes diesen so, als würde sie förmlich irgendwie „umrühren“.

 

Ich weiß, es könnte alles noch viel schlimmer sein. Ich weiß auch, dass man nicht aufgeben soll zu hoffen. Alles ist ja auch noch relativ „frisch“. Vieles braucht noch Geduld und kann sich noch bessern. Und Prognosen kann einem sowieso niemand geben. Ich weiß das alles. Ich merke nur an mir selber, wie ich schon jetzt nicht mehr kann (ich bin ja auch noch Vollzeit berufstätig) und nicht mehr wirklich weiter weiß. Wir tun alles, was in unserer Macht und Kraft steht. Mehr geht nicht.

Aber mich belastet jetzt die Situation sehr. Ich merke, wie ich langsam innerlich ungehalten werde, obwohl ich doch auch weiß, dass meine Mutter das alles nicht „extra“ macht.

 

Sie ist in gewisser Weise ein komplett anderer Mensch geworden als sie vorher war. Der „frühere“ Mensch war mir immer sehr nah und fehlt mir jetzt! In kurzen Momenten thematisiert sie das sogar von sich aus, aber die meiste Zeit ist sie dann doch halt leider jetzt so, wie ich oben beschrieben habe.

 

Ich danke schon mal allen, die diesen langen Text gelesen haben. Und ich freue mich, wenn jemand vielleicht einen Tipp für mich hat, wie ich besser mit der genannten Situation umgehen könnte.

 

LG von tochter

 

 

 

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