Hallo Christoph,
ich mach' Dir das mit dem Zitieren nach. Das ist eine gute Idee
Das wichtigste ist in meinen Augen, für den Patienten/PartnerIn da zu sein und viel Geduld aufzubringen. In der Hilflosigkeit des Betroffenen sind menschliche Nähe und Vertrauen sehr, sehr wichtig. … auch wenn der eine oder andere Patient es seinen Angehörigen manchmal schwer macht.
Eben die Geduld gehört nicht zu meinen Stärken. Besonders dann nicht, wenn ich Angst habe und etwas nicht einordnen kann. Und die hatte ich in den ersten Wochen ohne Ende. Insofern ist es bei mir schon wichtig, dass ich mir darum Gedanken mache.
Das klingt aber schon mal nicht schlecht. Ich hoffe für euch auf rasche Fortschritte.
Ja, ich habe da auch nichts zu meckern . Besonders schon deshalb nicht, weil das die Fortschritte sind, die in den letzten 4 Wochen entstanden sind. (seitdem er den Katheter los hat tut sich an vielen Ecken unglaublich viel - zumindest ist es für mich "viel"). In diesem Bereich glaube ich aber nicht wirklich an rasche Fortschritte. Aber man weiß ja nie. Mein Mann hat mich in den letzten Wochen mehr als einmal überrascht.
Ich denke, nicht einmal die Ärzte wissen das. Nebst den durch den Schlaganfall verursachten „Kurzschlüssen“ kommt die Hilflosigkeit und vielleicht die Wut über den Verlust seiner Fähigkeiten, Todesängste, Zukunftsängste, der individuelle „Rucksack voller Lebenserfahrungen aller Art“, die Fremde Umgebung, die Quasi-Bevormundung, Nebenwirkungen der Medikamente und vieles mehr zusammen. All das mit einem kranken Hirn auf die Reihe zu bringen und zu bewältigen ist schon eine riesige Aufgabe
Ich denke, die Ärzte wissen/ahnen das noch weniger als jeder Angehörige. Die, die mir bisher begegnet sind, wollten sich damit gar nicht auseinander setzen. Im Gegenteil, das was Du beschreibst ist etwas, was sie negativ bewerten im Sinne von "der Patient ist bockig". Ich erhebe für mich auch nicht den Anspruch das vollumfänglich nachvollziehen zu können. Aber wenn mir in etwa "möglich Marschrichtungen" klar sind, kann ich das schon besser einordnen. Und wenn ich etwas besser einordnen kann, dann habe ich auch Geduld (und weniger Angst)
Wichtig für die nächsten Angehörigen scheint mir in erster Linie zu sein, das sie sich nicht völlig verausgaben. Wenn diese/r Angehörige als Bezugsperson sich erschöpft und nicht mehr kann, dann hat das Ereignis schon sein zweites Opfer.
Das hattest Du mir schon einmal geschrieben und im Grundsatz gebe ich Dir Recht. Nur manchmal ist das nicht möglich. Hätte ich mich an diesen Ratschlag in den ersten 2 Monaten gehalten, mein Mann würde heute noch im Bett vor sich hin dümpeln, hätte heute noch einen Katheter, vermutlich die x-te Harnwegsinfektion, Fieber, entzündete Hoden und somit Schmerzen - und jeder würde sagen "der macht bei der Therapie nicht mit". Und Samstag+Sonntag käme er sowieso nicht aus dem Bett. Da wäre er mit TV und Gitter am Bett ruhig gestellt worden. So lief das nämlich dort (und einige haben schon mit den Augen gerollt wenn ich morgens ankam und nach dem Mittagessen darum bat dass sie meinen Mann in den Rollstuhl setzen)
Seitdem es meinem Mann aber besser geht und er vor allem "wehrhafter" geworden ist (er macht längst nicht mehr alles mit und sagt auch deutlich "Nein" ist aber aktiv in der Therapie), seitdem komme ich nur noch jeden zweiten Tag. Für mich ist das schon eine große Erleichterung. Ich war und laufe immer noch knapp an der Grenze. Immerhin schlafe ich seit ca. 2 Wochen wieder besser. Auch das bringt Ruhe in mich rein.
Was mich noch beunruhigt ist die Heimkehr meines Mannes. Wir werden auf uns gestellt sein.. ich kann nur hoffen, dass das gut funktioniert und wir unseren Weg finden werden. - Es bleibt nur abwarten und dann "maschieren". So wie wir das im Grunde seit dem Schlaganfall sowieso tun müssen.
Christoph, ich danke Dir für Deine Gedanken. Sie sind für mich wertvoll. Und seitdem Du erzählt hast was es für Dich bedeutet solche Beiträge zu schreiben, möchte ich das mit Nachdruck tun. Es ist nicht selbstverständlich, dass jemand so viel Mühe investiert!
Amsel
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »
Amsel« (21.11.2019, 23:08)