#1
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tina66

Gast

Hallo!
In meiner Verzweifelungsuche im Internet bin ich auf dieses Forumseite gelangt und hoffe, daß mir vielleicht jemand weiterhelfen kann - mit Rat oder Erfahrung:
meine Oma (82 Jahre) hatte vom 12. auf den 13. November einen Schlaganfall, keiner weiß genau wann. Leider wurde Sie erst morgens vom Sozialdienst gefunden. Da ich knapp 200 km entfernt von meiner Oma lebe und berufstätig bin, konnte ich sie erst am Wochenende besuchen. Ein Anblick des Elends: die rechte Körperseite ist gelähmt, sie kann nicht mehr sprechen und schlucken (wird über Magensonde ernährt) und sie hat einen leeren leblosen "stierenden Blick". Als ich kam, habe ich sie umarmt und ich "meine" gespürt zu haben, daß sie mich zurück gedrückt hat. Wenn ich ihre linke noch funktionstüchtige Hand nam, hielt sie meine auch zurück. Allerdings meinte meine Tante, dieses wäre nur ein Reflex, sie würde nichts mehr mitbekommen. Auch der (junge) Arzt meinte, man könnte nicht genau sagen, ob sie noch etwas mitbekommt, da sie ja auch nichts sagen kann, aber vermutlich kann sie das alles nicht mehr einordnen.
 
Ich glaube das alles aber nicht!!! Auch meine ich einmal, ein zaghaftes kleines Lächeln in ihrem Gesicht erkannt zu haben, als ich kam. Ebenso tastete sie einmal den Kragen meiner Jacke ab, so wie sie es früher immer gemacht hat, wenn ich eine neue Jacke anhatte und sie diese inspizierte. Das ist doch kein Reflex! Während meines Besuches hat sie auch mit ihrer linken Hand ihre rechten gelähmten Arm von der Seite auf ihren Bauch gelegt und immer wieder gegen die rechte Hand gedückt. Auch tastete sie mit ihrer linken Hand das linke noch bewegliche Bein ab, das sie angewinkelt hatte. Ich hatte auch das Gefühl, daß sie anfänglich etwas mitteilen wollte, aber es geht ja nicht. Allerdings reagiert sie nicht auf eine Ansprache (kann aber auch sein, weil sie schwerhörig ist.)  Sie reagiert mit einem leblosen stierenden Blick zur Tür, wenn z.B. eine Person die Tür betritt.
Nachdem ihr während meines Besuches erneut eine Magensonde gelegt wurde, weil sie sich die letzte rausgerissen hatte, hat sie nicht mehr auf mein Handreichen reagiert - ich vermute, weil sie böse war, daß ihr dieses Ding gelegt wurde.
 
Ich glaube, daß meine Oma etwas mitbekommt. Vermutlich versteht sie nicht, was mit ihr passiert ist, daß sie nicht mehr sprechen kann und ihre rechte Körperhälfte gelähmt ist - es hat ihr bisher auch niemand gesagt. Sie reagiert vermutlich nicht mehr richtig, weil sie erkennt, daß sie in ihrem Körper gefangen ist und sich nicht mehr mitteilen kann und resigniert. Meine Oma hatte vor ihrem SA meiner Tante gegenüber geäußert, daß sie keinen Lebenswillen mehr hat. Auch hat sie ihr gegenüber geäußert große Angst zu haben, einmal so zu erkranken, daß sie mittels Schläuchen am Leben erhalten wird. Das wollte sie auf gar keinen Fall. Was sie nicht weiß, daß diese Magensonde eine Mindestmaßnahme im Krankenhaus ist, schließlich dürfen sie meine Oma nicht verhungern lassen. Wie die Versorgung weiter gehen wird, wird sich in der nächsten Zeit herausstellen.
 
Was für ein grausames Dahinsiechen: so viele Tränen, wie ich in den letzten 3 Tagen vergossen habe, habe ich noch nie vergossen. Ich bin so hilflos, ich möchte meiner Oma aber helfen. Sofern man von "helfen" reden kann. Aber wie??? Ich habe meiner Tante schon gesagt, daß wir mit meiner Oma reden müssen, ihr erklären, was passiert ist, damit sie nachvollziehen kann, weshalb sie z.B. nicht mehr reden kann. Allerdings ist meine Tante der Ansicht, wir sollten es ihr nicht sagen - sofern sie überhaupt etwas versteht -, weil wir ihr noch mehr Angst machen würden. Denn vor dieser eingetreten Situation hatte sie solche Angst.
 
Ich habe meine Omi sehr lieb und ich hätte mir so sehr für sie gewünscht, daß sie noch viel mehr von ihrem Leben hat. Aber in dieser Situation flehe ich den himmlischen Vater an, mit meiner Oma Gnade zu haben und sie zu erlösen. Denn ihr Gehirn ist irreversibel geschädigt und sie ist ein 100%iger Pflegefall - so der Arzt.
 
Hat von Euch jemand auch schon so eine ähnliche Situation mit SA Personen erlebt? Wie geht man mit diesen Menschen richtig um? Wie werden solche Menschen weiterbehandelt? Hat man als Angehöriger auch ohne Patientenverfügung Einfluß auf die Versorgung meiner Oma? Habe ich Wunschvorstellungen von den Reaktionen meiner Oma oder bekommt sie tatsächlich nichts mehr mit?
 
Verzweifelt Grüsse
TINA
 
 
 
 
#2
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo Tina, du bist in einer schwierigen Situation. Wenn ich an der Stelle deiner Oma wäre, würde ich wollen, daß mir erklärt wird  was passiert ist. Du kennst das Mienenspiel deiner Oma und ordnest es bestimmt richtig ein. Jeder, der einen SA hatte, hat Angst und zwar große Angst. Vielleicht redest du mal mit dem Arzt und mit deiner Tante. Deine Oma kann nicht mehr sprechen und hat ganz viele Fragen. Was ist mit mir passiert, wo bin ich hier, warum kann ich nicht sprechen? Da kann man doch nicht sagen: Sie kriegt sowieso nichts mehr mit! Wenn sie sowieso nichts mehr versteht, dann kann es ihr auch nicht schaden, wenn man ihr erklärt was passiert ist. Ich würde es tun und für mich auch wollen, daß jemand mutig genug ist mich aufzuklären. Ich wünsche deiner Oma und dir alles Gute und wünsche dir, daß du das Richtige tust. Liebe Grüße sendet dir, Marion
#3
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Elli62

Gast

Hallo Tina,
ich möchte dich im Forum willkommen heißen und hoffe, dass du hier ein wenig Beistand und Hilfe findest!
Die Verzweiflung, die hier jeder verstehen kann, steht in deinen Zeilen!
Ich denke, du hast einen "guten Draht" zu deiner Oma und schätzt es richtig ein, wenn du meinst, dass die reagiert! Für Reflexe halte ich das nicht!
Folge deinem Herzen Tina, und lass dich nicht verunichern. Sei bei ihr so viel du kannst, dann wird sie WISSEN, dass sie nicht allein ist! Streichle sie und versuche mit einfachen Worten zu erklären, was passiert ist, wo sie ist, und dass man sich um sie kümmert! ... Zu spüren, dass du da bist, und sie nicht allein gelassen wird, in ihrer Angst, das ist für sie das Wichtigste!
Deiner Tante solltest du vielleicht mal ein paar Berichte aus diesem Forum vorlesen... zu dem Arzt fällt mir gar nichts ein!
Du selbst solltest dich jedenfalls nicht beirren lassen!
Allle guten Wünsche und liebe Grüße an dich und deine Oma
ELLI
#4
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Salty

Gast

Hallo Tina !
 
Ich kann Marion und Elli nur beipflichten...tu das, was dein Herz dir sagt. Kläre deine Omi auf, mit einfachen Worten. Manche SA-Betroffene haben Aphasie und verstehen manche Ereignisse und deren Zusammenhänge nicht. Streichel sie und erkläre ihr, das sie im Augenblick jede Unterstützung erfährt. Bezüglich der Patientenverfügung ist es allerdings so geregelt (falls deine Omi keine hatte), das alles getan wird, um sie so lange wie möglich am Leben zu halten...das heißt, Schläuche etc. Sollte deine Omi eine haben, ist auf dieser eindeutig vermerkt, was geschehen soll.
Möchtest du allerdings ein Mitspracherecht an den Entscheidungen die hinsichtlich der Behandlungen getroffen werden sollen, müßtest du zum Gericht und eine Vormundschaft beantragen. Wenn du diese Genehmigung hast, muss das Krankenhaus dich jedesmal informieren und nachfragen, wenn kritische Ereignisse sich ergeben.
 
Ich wünsche deiner Omi alles Gute und möge Gott die richtige Entscheidung treffen, die du dir wünscht für sie.
 
Salty
#5
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo Tina,
 
dein Bericht hört sich wirklich sehr traurig an, aber wie ich den Zeilen entnehmen konnte, hast Du ein wirklich tolles Verhältnis zu Deine Omi. Behandle sie so, wie Du sie immer behandelt hast, erzähle ihr viel. Wer kann sich anmaßen zu sagen, sie würde nichts mehr mit bekommen. Ich habe mal im Altersheim gearbeitet. Selbst den Bewohnern, von denen wirklich keine Reaktion mehr kam habe ich jeden Handgriff erklärt, was ich gerade mache und sie auch gefragt ob sie etwas wollen oder nicht. Deine Omi wird spüren, dass Du da bist und das wird ihr gut tun. Ich wünsche Euch viel Kraft und Hoffnung für die kommende Zeit.
 
LG Steffi

Wir sind nur zu Besuch auf dieser Welt, also machen wir das Beste draus.....
#6
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Schlangenfutzi

Gast

hallo tina
gut das du hier gelandet bist.dieses forum hat mir auch viel mut gemacht.ich kann den anderen nur recht geben.ich hab es selber mitbeommen und gespürt und sage dir das ich überzeugt davon bin das deine oma dich spürt.meiner meinung nach hat sie wirklich auf deinen händedruck reagiert und für mich war das kein reflex.
liebe grüße
thomas
#7
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tina66

Gast

Liebe Marion,
liebe Elli,
liebe Salty,
liebe Steffi und
lieber Thomas,
 
ich danke Euch von ganzem Herzen, daß Ihr meine Zeilen gelesen habt und Euch auch noch die Zeit genommen habt mir meine Fragen zu beantworten bzw. mich zu ermutigen. Ich bin zwar immer noch unendlich traurig, aber es hat mir sehr geholfen, Eure Worte zu lesen.
 
Ich werde auf jeden Fall bei meinem nächsten Besuch am Wochenende mit meiner Oma sprechen und ihr berichten, was passiert ist. Vermutlich hat sie wirklich große Angst, sie kann es aber nicht mitteilen und ist ganz alleine damit. Welch entsetzliche Vorstellung!!! Ich hoffe so sehr daß ich herausfinden kann, ob sie mich noch wahrnimmt.
 
Meine Tante hat mir heute erzählt, daß meine Oma nicht mal mehr auf das Handhalten reagieren würden und sie ist immer noch der Ansicht, daß meine Oma nichts mitbekommt.
Meine Oma schaut einen auch nicht richtig an, sondern sie schaut durch einen hindurch. Ich habe irgendwo gelesen, daß es im Zusammenhang mit SAs den sog. Herdblick gibt. Allerdings habe ich nicht so ganz verstanden, wie dieser Blick genau beschrieben wird und ob der Blick meiner Oma der Herdblick ist. Kann mir jemand vielleicht etwas zu diesem Blick sagen? Es würde mich nämlich sehr interessieren. Wenn ich so durch eine Person durchstarre, sehe ich diese Person gar nicht richtig. Ob das bei ihr auch so ist?
 
Nochmals vielen herzlichen Dank für Eure Worte.
 
Ganz liebe Grüße
TINA

Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Unbekannt (Gast)« (20.11.2007, 21:01)
#8
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo Tina,
 
du fühlst richtig, deine Oma spürt dich.
 
Ich hatte eine Hirnblutung und war im künstlicem Koma. Meine Frau und mene Tochter habe ich erkannt, gespührt und gehört.
Sei bei ihr und erzähle ihr, dass Du über sie wachst, das wird sie beruhigen und vielleicht Mut zum Munterwerden machen.
 
Liebe Grüße Manfred
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