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Ich danke Euch, auf meinen Post geantwortet zu haben. So habt ihr mir das Gefühl gegeben, dass ich nicht ganz allein mit meinen verzwickten Gedanken bin bzw daß es vielleicht sogar normal ist, Angst zu haben und verunsichert zu sein. Ich lebe in Belgien, nach meinem TIA und 4 Tage Unit Stroke hat man mich nach Hause geschickt mit einem Entlassungsschreiben und der Bitte 6 Wochen später zur Kontrolle zurück zu kommen. In dieser Zeit entwickelte sich der Schritt zur geplanten Schliessung des PFO´s, da es doch nötiger war, als vorher angenommen. Vom Kopf her hatte ich keine Zeit mich mit meinem TIA auseinander zu setzen. Der Herzeingriff hatte Vorrang. Auch hier wurde ich danach mit einem Entlassungsbrief nach Hause geschickt, mit der Bitte ein paar Wochen später zur Kontrolle zurück zu kommen. 

Keine Reha, keine Gruppengespräche mit Gleichgesinnten...nichts. So etwas gibt es anscheinend nicht in Belgien. Die Heilung der Stelle meines geschädigten Gehirns, muss mein Körper übernehmen. Die Reparatur meines Herzens hat die Medizin übernommen. Aber fürs Ausbremsen des Roller Coaster meiner Gefühle bin ich allein verantwortlich. In diesem Moment weiss ich nicht, wie und ob ich es schaffen werde aber wahrscheinlich habe ich den Anfang gemacht, indem ich hier etwas gepostet habe. 


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Jule Coljor« (23.08.2019, 13:25)
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Hallo Jule, 

ich möchte hier einmal über meine "Leidensgeschichte" berichten. Ich selbst bin männlich und zum Zeitpunkt des Vorfalls 41 Jahre alt, BMI bei 34 und mäßig körperlich aktiv, keine relevanten Vorerkrankungen.

 

Ich wachte Ende Juni 2019 morgens auf und ging auf die Toilette. Kurz darauf bemerkte ich ein Kribbeln auf der Oberseite des linken Unterarms, verbunden mit einer leichten Verlangsamung der Bewegungsgeschwindigkeit der Finger und einem geringen Kraftverlust. Naja, habe ich mich wohl etwas verlegen, dachte ich und legte mich wieder hin. Jedoch war das Kribbeln etwas unangenehm und wurde auch stärker. Auch ließ die Kraft in der linken Hand immer mehr nach.

Nach 10 Minuten wurde mir das etwas komisch und da ich lieber einmal mehr zum Arzt gehe, als zu wenig, habe ich mich entschlossen, das regionale medizinische Versorgungszentrum (MVZ) aufzusuchen. Das Anziehen gestaltete sich jedoch etwas schwierig, da die Kraft in der linken Hand nun fast völlig fehlte.

Ich schaute in den Spiegel und machte die üblichen Schlaganfalltests (Zunge rollen, Augen kneifen, Arme heben), aber alle waren meiner Meinung unauffällig.

Also ab zum MVZ, dort der Sprechstundenhilfe kurz meine Symptome beschrieben und so verbrachte ich die folgenden 45 Minuten erstmal im Wartezimmer.

 

Dann wurde ich zur Ärztin reingerufen. Die untersuchte mich dann, kam jedoch zum Schluss, dass Sie da auch nicht weiterwüsste und schlug vor, mit einem Taxi mittels Taxischein (selber Fahren ging ja aufgrund der Schwäche in der Hand nicht) ins nächste Krankenhaus zu fahren. Meine Frau fragte die Ärztin nur, ob das ihr Ernst sei, da es ja durchaus etwas anderes sein könnte. Schließlich hat sich die Ärztin dann doch durchgerungen, und einen Rettungswagen gerufen. Die RTW Besatzung hat mich kurz untersucht und war der Meinung, dass es nun doch etwas schneller gehen müsste und fuhr dann mit mir und Blaulicht ins 35 km entfernte nächste Krankenhaus.

 

Dort angekommen, wurde ich gleich in die Stroke Unit eingeliefert und der diensthabende Neurologische Oberarzt hat mich untersucht. Aber auch er kam zu keiner klaren Diagnose, so dass wir beide die Vor- und Nachteile einer Lyse besprochen haben. Ich war der Meinung, dass ich eigentlich dabei nur gewinnen kann, wenn ich tatsächlich einen Schlaganfall hätte, so dass ich die Lyse eingefordert habe.

Zur Sicherheit wurde noch schnell ein CT vom Kopf gemacht, um eine Blutung auszuschließen. Das Ergebnis war negativ, so dass mit der Lyse begonnen wurde.

Bereits 30 Minuten später verspürte ich eine Besserung und am Ende der 60-minütigen Lyse war ich wieder beschwerdefrei und die Motorik und Kraft der Hand war bei subjektiven 90 %.

Somit habe ich die Therapie als Erfolg werten können.

Es folgte eine weitere 24-stündige Überwachung auf der Stroke Unit bei strengster Bettruhe. Die Halsschlagadern wurden mit Ultraschall untersucht -> ohne Befund. Anschließend wurde ich auf die normale Station verlegt. Es folgten weitere sonographische Untersuchungen der Beinvenen und des Herzens, sowohl von außen, als auch mittels Schluckecho. Außerdem wurde ein MRT des Kopfes durchgeführt.

In den Bildern des MRT konnte ein schlagafallbedingter Defekt im rechten Mediastromgebiet festgestellt werden. Weiterhin wurde beim Schluckecho ein persistierendes foramen ovale (PFO) festgestellt, so dass der Neurologe empfahl, dieses mittels eines Occluders (Schirmchen) zu verschließen.

 

Mit diesen Diagnosen und einer medikamentösen Therapie von einmal täglich ASS 100 wurde ich entlassen und sollte ich mich nun erstmal schonen. Problematisch war, dass der Arzt und ich nicht die gleiche Vorstellung von Schonung hatten. So dachte ich eine Woche nach Entlassung, dass ein wenig Heckenschnitt zusammenzuhaken und wegzufahren ja nicht wirklich anstrengend sei.

Das sah mein Gehirn anders und es begann wieder im Arm zu kribbeln, wobei die Schwäche diesmal weniger stark ausfiel.

 

Also wieder ins Krankenhaus, dort aufgenommen, aber diesmal keine Lyse, sondern nur 24 stündige Überwachung auf der Stroke Unit. Diesmal durfte ich auch zur Toilette aufstehen, ansonsten Bettruhe. Diagnostiziert wurde eine TIA im selben Hirnareal, was auf die Überanstrengung zurückzuführen war. Somit definierte der Arzt einmal klar, was er unter Schonung versteht: Couch, nichts machen, auch keine Wäsche aus der Maschine holen, kein Staubsaugen etc. Die einzige Bewegung soll die im Haus zwischen den Stationen Bett, Couch, Toilette sein. Außerdem dürfe ich kleine Spaziergänge machen.

 

Also gut, nach drei Tage wurde ich dann wieder entlassen und habe gleichzeitig einen Termin zum PFO-Verschluss in der Kardiologie desselben Krankenhauses gemacht. Hierzu sei gesagt, dass ich erst mit dem Gedanken gespielt habe, in ein Herzzentrum zu gehen, jedoch konnten mich der Neurologe und der Kardiologe überzeugen, dass diese Operation so risikoarm ist, dass man das nicht unbedingt in einem Herzzentrum durchgeführt werden müsste.

 

Der Termin war angesetzt auf Ende Juli. Solange blieb ich krankgeschrieben und habe mich geschont.

Ende Juli wurde dann das PFO mittels Occlutech PFO Occluder verschlossen und der Kardiologe war der Ansicht, dass ich dann eine Woche später, also Anfang August wieder arbeiten gehe könne. Ich sollte sechs Monate ASS 100 und drei Monate Clopidogrel nehmen. Nach den sechs Monaten könnte ich die Medikamente alle absetzen, da das PFO dann zugewachsen wäre.

 

Der Hausarzt wollte noch einmal eine Meinung vom Neurologen haben. Den Termin habe ich erst Mitte August bekommen, so dass ich bis dahin erst einmal weiter krankgeschrieben wurde.

Die neurologische Nachuntersuchung verlief auch ohne weitere Auffälligkeiten und der Neurologe empfahl eine Wiedereingliederung in das Arbeitsleben nach dem Hamburger Modell.

 

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich starkes Herzklopfen. Jedoch dachte ich mir nichts dabei. Das Treppensteigen zu Hause fiel mir jedoch schwer, denn ich war sehr schnell erschöpft. Also entschloss ich, mal meinen Blutdruck zu messen. Mein Blutdruckmessgerät hat eine Funktion, die Herzrhythmusstörungen erkennt. Dieses Lämpchen leuchtete. Nun ja, kann ja auch eine Fehlmessung sein, dachte ich, zumal ein Puls von 170 angezeigt wurde. Jedoch waren die folgenden Messungen nicht viel besser und mein gefühlter Puls raste, so dass ich sofort einen Rettungswagen bestellte.

Die Notfallsanitäter und der Notarzt untersuchten mich, gaben mir verschiedene Medikamente, und hielten kurz das Herz an. Jedoch brachte das alles nichts. Der Puls ging lediglich etwas runter auf 150-160. Also ab in den RTW und wieder ins Krankenhaus. Jedoch waren alle entspannt und die Fahrt war ohne Blaulicht, was mich erstmal beruhigte.

 

Im Krankenhaus wurde dann nach verschiedenen Untersuchungen Vorhofflimmern (VHF) festgestellt, welches sich jedoch nicht medikamentös beseitigen ließ. Also wurde am übernächsten Tag eine elektrische Kardioversion durchgeführt und alles war wieder gut.

Jedoch wurden meine Medikamente umgestellt. ASS und Clopidogrel sollte ich absetzen. Stattdessen sollte ich 5mg Elequis zweimal täglich nehmen. Und von Absetzen war keine Rede mehr, so dass ich das Eliquis, stand heute, lebenslänglich nehmen muss.

 

Weiterhin habe ich persönlich für mich entschieden, dass ich meinem Körper helfen muss und habe seit Ende August 18 Kg abgenommen und treibe regelmäßig altersgerechten Sport (Walking, Kraftraum). Momentan machte ich eine vierwöchige Reha, mit der ich vor Weihnachten fertig bin.

Ich denke mal, dass ich dann Anfang Januar nach dem Hamburger Modell wieder in das Arbeitsleben integriert werde.

Der Kardiologe hat angedeutet, dass wenn das VHF nun vermehrt auftreten würde, ich natürlich entsprechende Medikamente nehmen müsste. Zum einen Beta-Blocker und zum anderen würde ich eine „Pill in the Pocket“ als Notfallmedikament erhalten, welches dann akutes VHF beseitigen soll.

Das alles ist aber Zukunftsmusik. Heute bin ich wie gesagt beschwerdefrei, kein erneutes Auftreten von VHF, keine Missempfindungen, kein Kraftverlust, körperlich voll belastbar, wie ein durchgeführtes Leistungs-EKG Ende Oktober vermuten lässt. Also fast alles wie vor dem Schlaganfall, nur dass ich schlanker bin. 😊

Ansonsten bin ich mit Eliquis sehr zufrieden. Ich selber verspüre keine Nebenwirkungen und diese „neue“ Art der Gerinnungshemmung ist leichter, als bei einer Therapie mit Marcumar / Warafin, da ständige Gerinnungsmessungen entfallen und auch nicht auf die Ernährungszusammensetzung geachtet werden muss. Aus der Gruppe der „neuen“ Gerinnungshemmer (Pradaxa, Xarelto Edoxaban) hat Eliquis meiner Meinung nach auch die geringsten Nebenwirkungen.

Wer sich da genauer informieren möchte, den kann ich die Broschüre der Deutschen Herzstiftung „Herz außer Takt“ sehr empfehlen, da dort unter anderem die verschiedenen Gerinnungshemmer miteinander verglichen werden.

 

Ob das PFO der Grund des Schlaganfalls war ? Oder war es vielleicht ein vorangegangenes Vorhofflimmern, wodurch das Gerinnsel im Vorhofohr gebildet wurde? Oder ist das Vorhofflimmern die Folge des PFO-Verschlusses?  

Bei genauer Betrachtung dreht man sich im Kreis. Aber ich würde immer wieder einen PFO-Verschluss durchführen lassen.

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