Lieber Denis,
Du und Deine Schwester Ihr seid jetzt in einer Ausnahmesituation.
Ich kenne Eure gesamtfamiliäre Situation nicht. Das Dilemma hast Du jedoch einleuchtend geschildert.
Ich habe ähnliches gedanklich vor ihrem Tod bei meinem Vater und später bei meiner Mutter zu entscheiden gehabt. Ich hatte Glück, weil ich Unterstützung in der Nachbarschaft als Nachbarschaftshilfe erhielt. Zwei Nachbarinnen, mit denen wir uns immer gut verstanden hatten, die vorher in der Pflege gearbeitet hatten, erklärten sich bereit uns zu unterstützen. Es hat funktioniert.
Ich mache mir seit 50 Jahren darüber Gedanken, wie soll ich mich für meine Zukunft entscheiden?
Die Halbseitenlähmung und deren Folgen haben bei mir in den vergangenen 50 Jahren ihre Spuren hinterlassen.
Ich suchte Pflegeheime, betreutes Wohnen, Wohngruppen, auf und erkundigte mich über deren Möglichkeiten. Natürlich war neben der Unterbringung und der Pflege auch der Kostenaspekt eine wichtige Größe. Es gibt Stiftungen die ich gut fand. Um dort jedoch aufgenommen zu werden, waren bestimmte Voraussetzung und Vorgaben zu erfüllen. Alles ist individuell zu betrachten. Ich habe eine Patientenverfügung und eine Vorsorgevollmacht für mich notariell beglaubigt verfassen und hinterlegen lassen und bin mir trotzdem nicht sicher, ob alles so beachtet wird. Ich werde mich in kürze verbindlich in einer dieser Einrichtungen anmelden und hoffen, dass ich keine von diesen benötigen muss. Die Wartezeiten sind jeweils sehr lang.
Als meine Mutter, als mein letztes Elternteil, vor Jahren sehr schlecht im Krankenhaus lag, wurde ich vom behandelnden Arzt gefragt. "In welches Pflegeheim meine Mutter verlegt werden solle?" Nachdem ich diesem antwortete, dass sie nach Hause entlassen werden soll, hatte er dafür kein Verständnis. „Es muss ihnen doch klar sein, dass sie das zu Hause nicht händeln können!“ Als ich mich daraufhin nach Absprache mit meiner Mutter um ein Pflegeheim bemühte, sagte mir der Geschäftsleiter des ausgesuchten Pflegeheims: „Unterschreiben sie den Vertrag nicht. Lassen sie den Vertrag von ihrer Mutter unterschreiben!“ Leider verstarb meine Mutter dann jedoch noch im Krankenhaus. Ich war von den Ärzten vorher nicht über die akute Schwere der Erkrankung informiert worden. Als ich mich am Abend vor ihrem Tod von ihr verabschiedete, war ich der Meinung sie am nächsten Tag wieder besuchen zu können. Den letzten Abschied von meiner Mutter wurde mir dann Stunden später erst bewusst, als ich vom Krankenhaus den Anruf vom Ableben erhielt. So einen Krankenhausaufenthalt wünsche ich keinem. Aber letztendlich werden wir nicht gefragt.
Zu Hause kauft man sich Beispielsweise 20 cm dicke und 1m breite Bockspringbetten. Im Krankenhaus liegt man dann aus Hygienegründen auf 60-80cm breiten und 5 cm dünnen Matratzen. Bei denen sich die Bettfedern im Hintern schmerzhaft abbilden lassen. Ist hoffentlich nicht die Regel. War bei meiner Mutter so. Ich bestand darauf, dass ihre Matratze gegen eine dickere ausgetauscht werden solle. Man versprach dies mir, wurde dann jedoch nicht ausgeführt. Wenn ich es jetzt zu tun hätte, wäre ich ins nächst beste Kaufhaus gegangen und hätte ihr eine zusätzliche Matratze ins Bett gelegt. Der Protest des Personals wäre mir egal gewesen. Damals verhinderte die Sorge um ein falsches Handeln diese Tat. Das hatte sich dann kurze Zeit danach durch das Ableben meiner Mutter von selbst erledigt.
Jahre vorher hatte ich meine Mutter schon mal auf eigenen Wusch nach Hause entlassen lassen. Ein anderes Mal wollten die Ärzte meiner Mutter ein Bein amputieren lassen und eine Herz OP durchführen lassen. Nachdem ich in der Chirurgie die OP Ärzte fragte ob sie es für richtig halten nach dem Motto OP gelungen Patient tot zu handeln fand sich glücklicherweise dort eine andere Möglichkeit mit einer anderen Medikamentengabe dies zu verhindern. Sie hat dies danach noch Jahre überlebt.
Hätte ich Jahre vorher gewusst welche Konsequenzen das hat, hätte ich mich nach meinen Klinikaufenthalten so manches Mal im Krankenhaus nicht mehr vertrösten lassen und hätte mich auf eigenen Wunsch entlassen lassen. Damals wurden die Patienten möglichst lange in der Klinik gehalten. Heute werden die Patienten leider öfter zu früh entlassen.
Achtung handelt nicht leichtfertig. Holt Euch eine Zweite Meinung ein. Geht umsichtig mit Euch und Euern Angehörigen um.
Alles Gute
Heinz