#31
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Unbekannt

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Liebe Amsel,

allein die Anrede entlockt mir ein Lächeln 🙂

Deine Worte und Gedanken sind wie immer hilfreich. Es ist natürlich nicht schön zu hören, dass es dir schlecht geht, mal besser, mal schlechter. Wenn du magst, kannst du von deinem Mann erzählen. Ich denke jedenfalls jetzt auch an ihn und bin bei euch, auch. Tatsächlich sehe ich mich bei dir stehen.

Weihnachten woanders wird es wohl geben, da wir da sowieso anders feiern: Am 23.12. hat meine Tochter Geburtstag und da kam am 21. immer mein Bruder mit meiner Mutter um den Kuchen zu backen (das war seine Spezialaufgabe, er war und ist ein Schleckermäulchen) und am 23. ist er immer wieder nach München gefahren, er war kein Familienmensch und hat sich immer sehr auf die Arbeit und v.a. die Kollegen am 24.12. gefreut. D.h. am 24. waren wir eh schon immer ohne ihn und weil meine Tochter am 23. Geburtsag hat, haben wir die Weihnachtsfeierei immer auf den Morgen des 25. gelegt, "englisch" quasi (und dazu fällt mir ein, dass mein Bruder und meine Mutter sich sehr mit England verbunden fühlen und daher das auch fast nahelag), damit wir einen Tag Pause zwischen Geburtstag und Weihnachten haben. Und nach dem Tod meiner Oma vor vielen Jahren waren wir auch mal über Weihnachten alle weg, war gut damals.

 

Danke, dass du hier mir immer wieder hilfst und eine neue Perspektive bietest, ich konnte auch schon an meine Mutter weitergeben.

Ich melde mich wieder.

#32
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Unbekannt

Gelöscht

Habe heute den Anruf von meiner Mutter bekommen, dass morgen wieder ein Gespräch mit der behandelnden Ärztin ist, ich solle dabei sein (bzw meine Mutter hat heute schon mit ihr gesprochen und ich nochmal morgen). Fazit von heute: weiter Medikamente senken, Sauerstoff ausschleichen... dem Ende ein wenig näher gehen. Meine Mutter ist am Boden zerstört, verständlicherweise, es geht so häppchenweise. Dennoch denke ich, dass ein Verabschieden irgendwie besser ist als ein abrupter Tod (wie bei meinem Vater). Aber alles ist schrecklich.

#33

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Liebe Hermana,

ich fasse mich heute mal ausnahmsweise etwas kürzer weil ich einfach nur platt bin. Aber auf Deine letzte Nachricht muss ich unbedingt noch antworten.

Entweder ihr kommt dem Ende etwas näher, oder dein Bruder ist stärker. So oder so - den "Zustand" wie ihr ihn jetzt habt wird auf Dauer für alle Beteiligten unerträglich werden insofern ist es vermutlich besser sich mit kleinen Schritten der "Klarheit" zu nähern. Niemand weiß mit 100%er Sicherheit wie Dein Bruder enden wird. Die Ärzte kennen Wahrscheinlichkeiten, aber das Ende bestimmt ein anderer.

Ich denke wie Du, dass die Möglichkeit sich verabschieden zu können ein Segen ist. Ja, auch das ist hart - aber anders. Und ich gehe davon aus, dass man als Angehöriger besser damit umgehen kann.

Das zur Sicht der Angehörigen.

Kennst Du Deinen Bruder, oder Deine Mutter ihren Sohn, so gut, dass ihr ziemlich sicher sagen könnt, was er für sich wünschen würde?

Ich selbst stelle mir den Tod als Erlösung und Befreiung vor. Nicht den Prozess bis es soweit ist, aber den Tod selbst. Frei sein von allem was Schwer ist .. losgelöst.

Und gleichgültig ob man an ein Leben nach dem Tod glaubst, wir werden frei sein. So oder so. Mh.. schwer zu beschreiben was ich damit meine.

Du beschreibst Deinen Bruder als einen kleinen Freigeist - möglicher Weise könnte er mit diesem Gedanken etwas anfangen.

Ganz liebe Grüße

Ich bin in Gedanken bei Euch

Amsel

#34
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Danke.

#35
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Unbekannt

Gelöscht

Heute wurde ein Luftröhrenschnitt gemacht. Die Ärztin meinte, nachdem durch das Senken der Sedierung der Hirndruck nicht wesentlich angestiegen sei und sein eigener Atem aber immer nicht zum Beatmungsgerät gepasst habe, wolle man mal sehen, wo er steht. Bzw wir können das entscheiden, man könne mit Intubierung den Sauerstoff ausschleichen und sein Ende abwarten oder eben erst schauen, was denn ohne Sedierung passiert.

Man, das sind Entscheidungen und Tage des Bangens und sehr wenig Hoffens. Ich denke, da ist nicht mehr viel, aber die Chance, dies zu zeigen, bekommt er. Und auch de Gedanke, dass er, wenn es sinnlos erscheint, noch etwas zu unterstützen, den Zeitpunkt seines letzten Atemzuges selbst entscheiden kann. Hat etwas "humanes" und wenig maschinelles.

Es ist auf jeden Fall eine krass fordernde Zeit.

Liebe Amsel, wie geht es dir heute?

#36

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Liebe Hermana,

ja, das sind Entscheidungen die einfach überfordern.

Habt ihr abklären können wie es mit Schmerzen aussieht wenn die Sedierung abgesetzt wird?

Ich halte es für eine weise Entscheidung für alle Beteiligten, das Ende der Natur - soweit das möglich ist - zu überlassen und nicht den Maschinen. Sofern das schmerzfrei, ohne Qual möglich ist und würde es vermutlich so ähnlich sehen wie ihr. Ich vermute, dass man sich als Angehöriger leichter mit der Akzeptanz des Endes tut. Wobei für mich auch wichtig wäre so zu entscheiden wie es vermutlich der Kranke wollen würde. Habt ihr euch darüber ebenfalls ausgetauscht?

Wenn ich Dich so lese, dann war meine Entscheidung Anfang September Pillepalle dagegen. Die einzige Chance für meinen Mann die man noch sah war eine OP mit 10% Blutungsrisiko im Gehirn - Konsequenz entweder Schwerstpflegefall oder der Tot. Und ob sie glücken würde und was dann noch dadurch gerettet werden konnte, wusste man damals auch noch nicht. Im Vergleich zu dem was ihr entscheiden müsst war das fast schon eine leichte .. und trotzdem schwer .. ich stand damit fast alleine, telefonisch unterstützt durch den Sohn meines Mannes, und ich erlebte mit wie mein Mann eine Woche lang immer mehr abbaute weil die gängigen Mittel bei Schlaganfall bei ihm keine Wirkung zeigten. Damals habe ich wie ein Zombie agiert.

Die OP ist geglückt, er wurde in die Reha überführt und dann begannen die nächsten Probleme. Die Geschichte in der Reha würde schon nach den wenigen Wochen ein kleines Taschenbuch füllen. Problem war nicht der Schlaganfall, es war der Harnweg-Katheder (der sass nachgewiesener Maßen 4x falsch - zum Schluss in der Prostata - kein Wunder dass er Blut im Urin hatte und hohes Fieber). Ich möchte mir gar nicht ausmalen was da gelaufen wäre, wenn ich nicht penetrant gewesen wäre. Es lief sowieso viel zu lange - gute 3 Wochen lang (die Details lasse ich hier mal weg - das würde ein halber Roman werden) Er hat jetzt den Katheder los weil ich in der Klinik in der er wegen der Blutung zum Schluss lag darauf bestand, dass der Katheder gezogen wird (natürlich unter Beachtung von Restharn usw.). Die Reha war nur bedingt begeistert, die Klinik ebenfalls nicht - aber er hat keine Blutungen mehr und kein Fieber und die Entzündungswerte im Blut gehen zurück. Hurra könnte man jetzt sagen - tja, wenn mein Mann nicht jetzt seine Prinzessinnenader entdecken würde, teilweise die Therapie boykottiert (wenn er die Ansätze zu kindisch findet) und zu gefährlichen Aktionen neigen würde (z.B. aufstehen ohne Stütze obwohl er noch nicht stabil ist) und sich sowieso von mir nicht helfen lassen möchte (Begründung: (durch Nachfragen erfahren weil mein Mann kaum sprechen kann .. weil ich seine Frau bin *ommmm*) und schon gar nichts sagen. Wenn seine Mitarbeit und seine Ergebnisse nicht die Länge der Reha beeinflussen würden, könnte man das ja noch belächeln .. aber so?

Kurz und knapp (nachdem ich doch einen halben Roman geschrieben habe) - nachdem das Medizinische nun nach über 6 Wochen endlich einen geregelten Lauf gehen kann, fängt mein Mann mit den Spielchen an - und ich bin schrappe mit meinen Nerven am Boden herum und hätte ihn heute Abend am liebsten mit den Ohren an die Wand genagelt (na ja, vielleicht ist Zorn auch eine gesunde Regung *Ironieoff*). Dennoch bin ich morgen wieder dort, schon alleine deshalb, weil andernfalls noch nicht einmal ein regelmässiger Windelwechsel gewährleistet wäre. (und das kann man bei der Personaldecke auf der Station schon fast wieder nachvollziehen)

Aber.. Hermana.. aber ganz ehrlich. Vor dem Hintergrund dessen was ihr erleben müsst, ist das alles .. Nichts. Da wird sich vieles regeln - vielleicht auch normalisieren.

Fühl' Dich von mir in den Arm genommen und fest gedrückt. Ich hoffe, Du kannst schlafen.

Liebe Grüße

Amsel

 

#37

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Liebe Hermana,

ich hoffe sehr, dass Du einfach nur keine Zeit hast und es Dir den Umständen entsprechend gut geht.

In Gedanken umarme ich Dich...

Amsel

 

#38
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Unbekannt

Gelöscht

Hallo liebe Amsel,

danke für deine liebe Nachfrage! Ja, es ist nichts weiter passiert - was auch gut so ist. Wir erleben gerade eine Art Verschnaufpause, Ärzte und Pfleger meinen übereinstimmend, dass nun erst mal nichts geschieht. Die Narkose ist ausgeschalten und er ist einfach im Tiefschlaf/in der Ohnmacht. Meine Mutter fährt sogar eine Nacht in ihr Zuhause (100km von München weg), da gerade "nichts passiert".

Ich habe wieder gearbeitet und da verrinnt dann die Zeit so.
Ich melde mich heute Abend wieder ausführlicher. Selbst fahre ich Dienstag wieder hin.

Es ist schön, von dir zu lesen. Ich wünsche dir viel Kraft und gute Menschen um die rum!!

#39
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Gelöscht

...gute Menschen um DICH rum!

#40
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Unbekannt

Gelöscht

Hab´s gestern nicht mehr geschafft, aber es gibt dem eigentlich über uns gerade nichts hinzuzufügen.

 

Deine Situation klingt aber nicht wirklich leichter. Diese Entscheidung zur OP war ja eine ähnliche wie unsere, also wenn man das jetzt mal vom "normalen Leben" aus betrachtet, wo man solche Sorgen nicht hat. Musst du das alles alleine stemmen? Hast du nur telefonischen Kontakt zu diesem Sohn und sonst keine Hilfe? Das ist ja der Wahnsinn!! Du führst, wenn ich das richtig gelesen habe, gerade kein eigenes Leben mehr. Was sagen denn die Ärzte zu deinem Mann? Hast du Zei, jeden Tag ausführlich hin zu gehen oder gehst du noch zur Arbeit nebenher?

Ich wäre zZ gerne von der Arbeit befreit, um mal einen klaren Gedanken fassen zu können. Noch eine Woche Schule, dann haben wir hier in Bayern 1 Woche Herbstferien, da kann ich dann endlich mal öfter ins KH. Die Ironie ist, dass sein Herz super schlägt, Ironie deswegen, weil alle Vorfahren dieser Reihe am Herzinfarkt gestorben sind, aber seines hält nun tapfer durch.

Es ist einfach furchtbar traurig.

Ich wünsch dir alles Gute, achte auf dich und alle andren Amseln!

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