#41

Christine

Koblenz, Deutschland

Hallo Christoph,

"Ich erklärte situativ, dass Fragen in Ordnung sind, wo (für mich als Betroffener) die Grenzen beginnen und wo ich auf Rücksicht hoffe. Das funktionierte ganz gut und manchmal ergeben sich daraus wertvolle Gespräche."

Für mich ist es so, dass ich jede Frage, und sei sie noch so taktlos, erstmal in Ordnung finde. Denn hinter Fragen steckt Interesse. Aber ich beobachte eher, dass kaum jemand Fragen stellt. Viel häufiger ist es so, dass Bens Krankheit mit irgendwas in Bezug gesetzt wird, was man aus dem eigenen Leben kennt: "Ich kenne auch jemanden, der einen Schlaganfall hatte, und dem merkt man gar nichts mehr an." Ich war letzte Woche auch krank, ich hatte Ohrenschmerzen." etc. Wohl ein Versuch, das Unbekannte zu kategorisieren, einzuordnen und auch zu relativieren. Manchmal wünsche ich mir, dass jemand einfach mal zuhört und sich auf das Gehörte einlässt ...

Liebe Grüße
Christine 

#42

Etcetera

Basel, Schweiz

Guten Tag Petra

"...wenn aber so absolut gar nichts mitgegeben wird..."
Klar, da bin ich komplett bei Dir, keine Frage. Das "alleine gelassen werden" ist übel und trotzdem offenbar üblich. Das Thema betrifft wohl die meisten, die Ihre schwer angeschlagenen Mitmenschen betreuen (nicht nur bei Hirnschäden). Dennoch ist dieses gravierende Problem der Angehörigen in der Gesellschaft und Politik nicht angekommen. So bleibt nur noch die Auswahl zwischen Heimplatz/Tagesbetreuung und/oder sich aufopfernden Angehörigen. Daher meine immer gleiche, hilflose Aussage: Selbsthilfegruppe, Forum, professionelle Hilfe (Therapeut), Sozialdienste zB. der Reha-Klinik, soziale Kontakte, sich Freiräume schaffen. Mehr kommt mir beim besten Willen nicht in den Sinn. Vielleicht hat jemand hier jemand eine gute Idee?

"...Langeweile..."
Ich hoffe, dass Dir die anstehende Altersrente etwas Erleichterung und Ruhe verschafft. Trotzdem, der Ruhestand hat auch seine Tücken.

Über Langeweile zu "orakeln" käme mir in dem Zusammenhang nicht in den Sinn. Es zeigt aber vielleicht exemplarisch, für wie unbedeutend die enorme Last wahrgenommen wird, die auf den betreuenden Angehörigen lasten kann - selbst in den Köpfen vieler Fachleute. Könnte er es vielleicht so gemeint haben: Nach Deiner Pensionierung hast Du womöglich "nur" noch ein Thema und bekommst keine "Ablenkung" mehr. Das kann Dich womöglich in ein Tief ziehen. (schlechte Formulierung, ich krig's nicht besser hin. Ist aber wertend gemeint)

"Man verändert sich einfach und passt dann nicht mehr dazu."
… auf den Punkt gebracht. So erlebte ich es auch - mit Hilfe meiner sich wandelnden Persönlichkeit.

"Trauer ... niemand wundert sich…"
Die betreuende Person müsste eigentlich viel Anerkennung und Mitgefühl "ernten", stösst aber oft nur auf Unverständnis! Das frustriert und belastet. Wir leben in einer sehr oberflächlichen Kultur.

"...und trafen da auf eine ehemalige Schülerin…"
Ohja, das war offensichtlich eine wichtige Begegnung und bleibt sicher eine wertvolle Erinnerung. Solche Komplimente muss man auch wahrnehmen können, schön. Davon gibt es bestimmt noch weitere - hoffe ich doch.

"...mit einem Aphasiker zusammenzuleben."
Wir haben Freunde mit einem Aphasiker (mit weiteren Gebrechen). Bis heute ist mir seine Welt ein Rätsel und ich habe es in Jahrzehnten kein bisschen geschafft, einen kleinen Einblick in seine Welt zu bekommen. Zwar kann ich nachvollziehen, dass seine Angehörigen schwer belastet sind, aber in der ganzen Tiefe werde ich ihre Not wohl nie nachvollziehen können.

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