Hallo zusammen,
ich verstehe jeden einzelnen von euch. Erstens als selber betroffene. Ich konnte allerdings wieder am alltäglichen Dorfleben teilnehmen. Obwohl ich mir damals gesagt habe: "der nächste der sagt, man merkt dir gar nichts mehr an" kriegt eins auf die Schnauze. Sie wissen nicht, dass ich alles wieder vergessen habe, wenn kein großes Ereignis stattfand, dass ich nicht weiß, ob etwas 2 Wochen oder 2 Jahre her ist. Ich mich um 8 Kinder kümmern musste, nicht alleine, mit meinem Mann. Meine 2 sind in Pflegefamilien gekommen, da war ich im Dorf schon untendurch. Seine 2 sind wieder zur Mutter zurückgegangen. Noch tiefer untendurch. Aber kein einziger hat gefragt, warum?
Als Angehörige. Während Corona. Da stand ich wirklich alleine da, mit allem. Als nicht geimpfte Familie im Dorf. "dein Mann hat es nicht anders verdient" und "du spielst mit dem Leben deiner Kinder" Zum Glück ist bei ihm kaum was zurückgeblieben.
Ich habe sehr gute Nachbarn, einer ist untendurch seit dem Tod seiner Frau, der andere hat eine Entzugstherapie gemacht, auch untendurch. Wirklich gute Nachbarn, die könnte ich vermutlich darum bitten, mit uns nach Timbuktu auszuwandern. Die hören sich meine Geschichte zum 3. Mal an, ohne mich zu unterbrechen "das habe ich schon gehört" meist merke ich das selber.
Solche Leute, die auch einiges mitgemacht haben, die von der Gesellschaft ausgeschlossen wurden, das sind meiner Meinung nach, die,die uns am meisten zuhören und froh sind, wenn ich ihnen zuhöre. Nur muss man sie finden.
Mein Hausarzt, mein Neurologe und mein Orthopäde gehen zum Glück auf mich ein, die kennen mich schon seit Jahren und wissen, wenn ich komme, dann ist es ernst. Meist fragen sie nach meinem Mann, er kommt noch seltener. Ich habe da ganz großes Glück gehabt.
Man selbst lernt noch nach Jahren dazu. Manchmal sind es die kleinen Dinge, man bekommt es vielleicht nicht so mit, aber sie lösen doch einiges in uns aus. Wir merken ab und zu, wie wir doch festgefahren sind. Bei mir sind es die Kinder, 13, 17 und 18, da habe ich gemerkt wie sehr ich an ihnen und meinem Mann festhalte, mit 53 habe ich lernen müssen, sie nicht zu ersticken. Vor allem bei meinem Mann, jedes kleine Hüsterchen, jedes Räuspern, ich bin im Dreieck gesprungen. Vielleicht mal darüber nachdenken? Bestimmt nicht "du musst auch an dich denken...", aber es ist wichtig. Ich habe meinen Garten. Was macht ihr nur für euch? Spazieren gehen? Tee trinken und lesen? Sport?