#1

Silmari

Ansbach, Deutschland

Hallo,

 

meine Mutter hatte nach eine schwierigen Op leider mehrere kleine Schlaganfälle, und ist seitdem halbseitig gelähmt . Hinzu kommt eine sehr schwere Sprachstörung, man versteht sie quasi gar nicht . Manchmal vielleicht ein kleines Wort, aber da bin ich mir auch nicht so sicher .

Was sich halt verschlechtert hat ist ihr geistiger Zustand in Kombi mit der Sprachstörung . Sie sagt andauernd *Reha Reha Reha* hintereinander, oder jeder Satz von Ihr beinhaltet das Wort . Sie kommt mir dann auch so vor, als wäre sie geistig abwesend, und es ist schwer sie dann da rauszuholen .

Sie sollte eigentlich auf Reha gehen, aber das hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt . Habt Ihr einen Tipp für mich, wie ich am besten auf sie eingehen kann ? So dass sie auf mich auch reagiert ?

 

lg Silmari

#2

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Hallo Silmari,

ist Deine Mutter zu Hause? Falls ja, dann würde ich schnellst möglich versuchen Logopädie, Ergotherapie, Hirnleistungstraining und Physio (PNF oder Bobath) zu organisieren. Die kommen auch ins Haus (falls Deine Mutter nicht transportfähig sein sollte. Das muss nur der Arzt verordnen.

Das was Deine Mutter haben dürfte ist eine Perseveration

Unter dem Begriff der Perseveration versteht die Medizin das krankhafte Hängenbleiben an einem vorherigen Gedanken oder einer zuvor aktivierten sprachlichen Äußerung. Es können aber auch, besonders wenn es mit einer Aphasie verbunden ist, "Lieblingswörter" sein. Bei meinem Mann war das z.B. anfangs das Wort "Kind" und später kam noch die "Polizei" dazu. Niemand weiß weshalb ausgerechnet diese Worte. 

Tja, was kannst Du tun? Gab es denn schon Therapieansätze? Falls ja, was sagten die Therapeuten?

Hast du schon mal versucht Deine Mutter aus den "Abwesenheitsphasen" mit Musik heraus zu holen?

 

#3

Silmari

Ansbach, Deutschland

Hallo Amsel,

 

meine Mutter ist seit einer Woche im Pflegeheim, weil sie alleine nicht mehr in ihrer alten Wohnung leben kann . Ergotherapie, Logopädie und Kg hat sie schon aufgeschrieben bekommen, nur ist sie insgesamt sehr unruhig und versucht auch andauernd selbst aufzustehen . Was jetzt schon 3 Stürze zur Folge hatte, und sie sich beim letzten eine Gehirnerschütterung zugezogen hat .

 

Mit Musik hab ich es noch nicht probiert, wäre aber eine gute Idee . Die Therapeuten können noch nicht so viel sagen, da sie sie ja noch nicht so gut kennen, und erst 1 Woche da ist . Dazwischen kamen dann noch die Stürze, und sie ist auch so nicht immer sehr kooperativ .

#4

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Hallo Silmari,

wenn die Pfleger im Heim keine Lösungen finden um die Stürze zu vermeiden, dann sind das, mit Verlaub gesagt, Pappnasen. Mit solchen Ignoranten hatte ich es auch in der Reha meines Mannes zu tun. Später, als meine Mutter aufgrund eines ausgeprägten Delirs ebenfalls pflegebedürftig wurde, durfte ich dann erfahren, dass eigentlich simple Lösungen gibt die (eigentlich) dem Pflegepersonal bekannt sein müssten. 

In der Reha meines Mannes hat man es sich einfach gemacht. Er wurde fixiert - die hatten ernsthaft einen gerichtlichen "Freifahrtsschein", denn eigentlich braucht es für Fixierungen einen gerichtlichen Beschluss (läuft über das Amt das auch die Betreuer bestellt). Selbst für Bettgitter benötigen sie das - was in meinen Augen dann doch ein lächerliches Prozedere ist in Anbetracht der Verletzungsgefahr. Aber ein jeder hat in DE das Recht auf seine eigenen Verletzungen (Ironieoff)

Ich würde an Deiner Stelle - möglichst heute noch - darauf bestehen, dass Deine Mutter in ein Niederflurbett verlegt wird. 

Ein Niederflurbett ist ein Pflegebett mit der Besonderheit, dass es – im Gegensatz zu den regulären Pflegebetten – sehr weit nach unten auf den Boden abgesenkt werden kann. Je nach Ausführung kann es sogar bis auf ca. 10-15 cm heruntergefahren werden. Wenn dann davor noch eine Matratze gelegt wird, dann kann Deiner Mutter auch nichts passieren.

Diese Unruhe ist übrigens bei Schlaganfallpatienten normal (sagte man mir damals als mein Mann ebenfalls so hyperaktiv war). Ich vermute, dass Gehirn muss erst einmal begreifen, dass man nicht mehr gehen kann. Also, wie gesagt.. auf das Niederflurbett bestehen. Alternativ kannst Du das unsägliche Prozedere anstrengen und zumindest Bettgitter veranlassen. Das läuft dann über das Betreuungsgericht und dauert etwas. Ich halte allerdings die Bettgitter nicht für die sicherste Lösung (allenfalls bei Menschen, die sich wirklich kaum noch rühren können). Mein Mann hätte es nämlich trotz Halbseitenlähm geschafft, das Bein über das Gitter zu wuchten. Den Rest kannst Du Dir vorstellen.

Musik oder Massagen (mit duftendem Öl - nicht das Krankenhauspfefferminzzeugs 😉 - und massieren kann man auch Hände, Arme, Schulter, Beine, Füsse - nicht nur den Rücken), Du kannst versuchen mit ihr zu singen (auch Menschen mit ausgeprägter Aphasie können oft singen - sogar textsicher). An den Gliedmaßen die gelähmt sind mit Wärme/Kälte arbeiten, hart/weich, Igelball, Federn, Samt, Massagehandschuh, Eis, kleine Wärmflasche usw. Das stimuliert. 

Wenn Du sie besuchst kannst Du versuchen ihre Füsse, Beine, Arme und Hände zu bewegen. Beim Arm wäre es gut, wenn Du Dir vom Physiotherapeuten zeigen lassen würdest wie Du ihn anheben kannst/sollst. Das Bewegen der Schulter ist zwar wichtig, da andernfalls die Muskulatur in diesem Bereich so schnell abbaut (grundsätzlich bauen Muskeln sehr schnell ab wenn man sie nicht bewegt), dass mit der Zeit das Gelenk nicht mehr so sicher an der Stelle gehalten wird und heraus springen kann (alles laienhaft widergegeben, was mir damals der Physiotherapeut auf Nachfrage erklärt hat). Mit dem regelmässig bewegen arbeitet man dagegen und hilft auch die Nerven wieder zu aktivieren. 

Alles was mobilisiert hilft letztendlich auch im kognitiven Bereich und der ist wiederum (auch) wichtig für die Sprache. Schau doch mal hier rein: Übungen nach dem Schlaganfall: Physiotherapie für Zuhause (flintrehab.com) Das sind zwar Übungen zum selbst machen, aber davon kannst Du auch ableiten, was Du mit der Hand Deiner Mutter "anstellen" könntest. Bewegung und sensibilisieren (achte mal darauf was sie an Berührungen fühlen kann) ist auf jeden Fall positiv.

Falls sie ansprechbar ist und Dich versteht... hast Du schon mal Spiele getestet? Memory z.B.?

Wegen der Unruhe.. wurde schon getestet, ob sie auf beruhigende Musik reagiert und ruhiger wird? Diese Musik die gerne in Wellnessbereichen gespielt wird, wäre auf die Nacht hin evtl. ein Versuch wert. (Wiederholschleife). 

 

 

#5

Annin

Bayern, Deutschland

Bekommt sie Medikamente im Pflegeheim? Sie wirkt vielleicht deshalb abwesend?

 

Mein erster Gedanke war, dass sie lieber in der Reha als im Pflegeheim sein möchte.

#6

Silmari

Ansbach, Deutschland

Hallo,

 

die Pfleger haben das Bett schon bis ganz nach unten gesenkt, und Nachts kommt eine Matraze davor . Jedoch schafft sie es auch sich mit dem gesamten Rollstuhl umzustürzen, und es kann ja nicht jede Sekunde jemand bei Ihr sein . Der zuständige Arzt meinte auch, das Bettgitter bei Ihr nicht gut wären, da sie wahrscheinlich drüber klettern würde .

 

Sie hat jetzt erst ein neues Medikament bekommen, allerdings war dieser Zustand vorher schon so extrem . Das mit der Reha haben wir ja ewig versucht, sie lag insgesamt 13 Wochen im Krankenhaus, und es hat mich psychisch fast fertig gemacht . Sie ist gesundheitlich so schlecht drauf, dass keine Reha sie mehr nimmt . Und dann haben wir gesagt, wir suchen einen guten Platz für Sie .

Wer weiss, was Ihr im Krankenhaus noch erzählt wurde, dass sie bestimmt auf Reha kommen würde oder so etwas . So etwas was da abgelaufen ist, hab ich noch in meinen ganzen Leben nicht gesehen . Als Angehörige habe ich zig Rehakliniken abtelefoniert, die Plätze nachgefragt und sie hätten nur noch die Papiere hinfaxen müssen, und selbst das haben sie am Anfang nicht geschafft . Bis es dann zum Schluss gar nicht mehr ging .

 

lg Silmari

#7

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

Gut, dass ich Unrecht mit meiner Vermutung hatte und das Pflegeheim mit denkt. Wie gesagt, ich hatte das in der Reha meines Mannes auch anders erlebt. Selbstverständlich ist das leider nicht.

Versteh' mich bitte nicht falsch.. ich sehe die "Randaliererei" Deiner Mutter eher positiv. Sie hat noch einen Willen. Besser als Phlegma. Meinen Mann hatte anfangs diese Unruhe zur Mitarbeit beim Gehen/Physio motiviert. Er wollte raus. Später hatte er eher resigniert - da brachte er nur noch Energie dafür aus die Betreuer die ihn zur Therapie abholen wollten aus dem Zimmer zu jagen. (das soll jetzt ein Versuch sein Dich zu trösten 😉 )

Klar, sie macht es für keinen damit leicht, aber das kann man evtl. auch nutzen um sie zum Mitarbeiten bei den Therapien zu motivieren. Man müsste heraus finden was sie bezweckt, oder ob sie nur denkt, dass sie ja eigentlich gehen kann (also nicht realisiert hat, dass sie gelähmt ist).

Ist Deine Mutter in der Lage sinnhaft auf Fragen mit Ja oder Nein zu antworten? Falls ja, dann würde ich versuchen abzuklopfen, was sie mit ihren Aufstehversuchen bezweckt.

Wie oft sind die Therapien pro Woche? Ich hoffe, häufiger als 2x pro Therapieform. 

Was erhält denn Deine Mutter für Medikamente?

Ist sie ruhiger wenn Du da bist bzw. warst? Wie verhält sie sich in Deiner Anwesenheit? Wie läuft ein Besuch von Dir bei ihr ab? Wie oft kannst Du sie besuchen?

Wie sieht Ihr Boykott der Therapien aus?

Was Du über das Krankenhaus schreibst ist übel und leider keine Seltenheit. 13 Wochen im Krankenhaus... wurden dort wenigstens Therapien durchgeführt? 

Was bedeutet, sie ist gesundheitlich so schlecht drauf, dass sie keine Reha mehr nimmt? Woran hängt es?

Bitte fühle Dich nicht ausgefragt. Ich versuche nur heraus zu finden wo Du evtl. noch Handlungsansätze haben könntest. Zumindest so lange, bis eine Reha ansteht oder sogar kleine Verbesserungen einsetzen.

Ich möchte Dir auch Mut dazu machen, selbst aktiv zu werden. Ich wage zu behaupten, dass in einigen Bereichen mein Mann weniger Fortschritte gemacht hätte, wenn ich Übungen auf die Therapien hätte beruhen lassen. Ich musste allerdings recht schnell darauf achten, das nicht wie Übung, sondern eher wie Spiel oder Hilfe im Alltag aussehen zu lassen. Bei offensichtlichen Übungen mit mir wurde er bockig, war es als Spiel definiert war er dabei.

#8

Amsel

Main-Tauber-Kreis, Deutschland

PS: meinen Mann hat in der Unruhephase Entspannungsmusik (so etwas, was man in Wellnessbereichen, Sauna usw. meist hört). Google mal nach "wellness musik sauna" unter youtube findet man da einiges. 

Ich habe damals die Pfleger auch gebeten die Musik zum Einschlafen laufen zu lassen. Einfach in der Hoffnung, dass er damit einen entspannten Kopf mit in den Schlaf nimmt und dann nachts weniger unruhig träumt.

Eine Zeit lang hat es gewirkt... und ich kann auch berichten, dass mein Mann, je klarer er wurde, er auch immer ruhiger wurde. Er hatte diese Phase aber auch "nur" 2-3 Wochen lang und selbst das war für mich schon genug. Ich kann also gut nachvollziehen, dass Dich das fertig macht.

Ich war täglich vor Ort. In der Zeit habe ich in seinen Ruhephasen diese Musik ebenfalls laufen lassen und dabei seine Hand gehalten, ihn berührt und nicht gesprochen. Einfach in der Hoffnung, dass ihm das Geborgenheit gibt. Versuchs, mehr als nicht wirken kann das nicht.

 


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Amsel« (08.07.2022, 14:51)
#9

Snoopy69

Ansbach, Deutschland

Hallo,

In welchem Pflegeheim in Ansbach ist denn deine Mama ( ich komme auch aus Ansbach)?

Welche Medikamente bekam sie neu verordnet, denn aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass manche Medis einen absolut benommen machen, so dass du nichts mehr wahr nimmst und sogar Halluzinationen hast.

Vll erklärt, das den Zustand etwas.

 

LG Jasmin 

#10

Annin

Bayern, Deutschland

Liebe Silmari,

falls du noch mitliest.

Wie ist es denn bei euch weitergegangen?

Wie geht es deiner Mutter und dir?

Annin

 

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