#1
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Wie kann ich als Angehöriger helfen? Was muss ich bedenken?

Guten Morgen

ich habe mich gestern in diesem Forum angemeldet, um Hilfe zu finden, um zu verstehen, um Kraft zu tanken?

Ich erzähle euch kurz die Geschichte, die mich mit dem Thema Schlaganfall schmerzlich vertraut machte.

Montag, 20.07.15 bekam ich einen Anruf von meiner Tante: "Oma liegt im Krankenhaus - Schlaganfall. Aber alles halb so wild, es ist ein Wunder". Natürlich sind mein Mann und ich sofort ins Krankenhaus. Da lag sie im Bett. Lächelte uns an und sagte: "Ich hatte so viel Glück. 86 Jahre alt, ein Schlaganfall und keine Folgen". Sie hatte den Schlaganfall beim Friseur und die haben sofort reagiert. Eine Lyse wurde durchgeführt und hatte den Propfen aufgelöst.
Dienstag, 21.07.15, sind wir ins Krankenhaus und haben die Spielkarten mitgenommen, damit Oma sich nicht so langweilt. Ich kam ins Zimmer und mich traf der Schlag. Erneuter Schlaganfall, diesmal nicht so glücklich. Die ganze rechte Seite gelähmt. Ich habe meine Oma, die meine Trautzeugin war und die immer für mich ein starkes Vorbild war, meine Freundin, nicht wieder erkannt. Es war so grausam. Nicht zu beschreiben. Über meinen Schock, mein Entsetzen hinweg, tat ich so als ob dass nur ein kleiner Rückschlag wäre und wir das auch wieder hinbekommen können. Auf dem Flur der Stroke Unit Abteilung brach ich zusammen und heulte mir die Augen aus. Angst lähmte mich wie Oma der Schlaganfall. Was sollten wir tun, was passiert jetzt?

Ich habe die ganze Familie alarmiert und aus ganz Deutschland zusammen getrommelt. Wir brauchen jetzt Mut, Kraft, Hoffnung und Durchhaltevermögen. So mein Plan. Denn eigentlich sieht es für einen Schlaganfall doch noch recht gut aus. Sie kann sprechen, klar formulieren. Ihre Sprache ist vielleicht schleppend, aber das bekommt man bestimmt mit viel Übung hin. Der rechte Arm hat Gefühl, sie kann Kitzeln und Kratzen unterscheiden - sie kann die Hand nicht bewegen, den Arm nicht heben. Das Bein kann sie strecken und zwar mit richtig viel Kraft. Das ist doch toll oder nicht? Das kann man doch trainieren. Problematisch ist wohl, dass der Hirninfarkt am Stammhirn war. Nicht groß, aber in einer wichtigen Schaltzentrale des Gehirns.

Das Schlimmste ist, dass Oma sich aufgeben will, sich den Tod wünscht. Teilweise merkt man aber, dass sie das so nicht wollte und das Leben noch bejat. Die Angst und der Schock sitzen bei ihr sehr tief. Sie nimmt unseren Optimismus nicht an. Klar, sie lebte bis jetzt selbstständig und selbstbestimmend. Sie ist verdammt klug, weise und mehr als liebenswert. Sie hat den Tod ihres Sohnes verkraftet und das machte uns zu besten Freunden. Ich brauche sie und das habe ich ihr auch gesagt. Ich will, dass sie es wenigstens versucht. Denn wenn sie Pech hat und sich hängen lässt, dann lebt sie noch 10 Jahre ans Bett gefesselt und etwas schrecklicheres gibt es wohl nicht. Ich versuche schöne Bilder zu erzeugen. Wie wir wieder jeden Sonntag essen gehen und gemeinsam Karten spielen und ich ihr von meinen kleinen Alltagsproblemchen erzählen und sie lächelnd sagt: "Schlimmer darf es aber nicht werden".

Leider verstehe ich nicht ganz, was jetzt mit ihr passiert. Sie bleibt wohl noch bis Freitag auf der Stroke Unit und sie suchen nach der Ursache. Danach soll sie 2 Wochen auf die REHA im selben Gebäude. Nur zwei Wochen REHA? Damit kann sie ja nicht mal verarbeiten, was passiert ist geschweigedenn irgendetwas wieder erlernen. Ich habe mich nach guten REHA-Kliniken in unserer Nähe umgeschaut. In Soltau soll es eine sehr gute Einrichtung geben. Zum Glück mangelt es auch nicht am Geld, sprich, wenn sie Pflege braucht im Alltag und für zu Hause (wenn es denn wieder möglich ist zu Hause zu wohnen), dann können wir uns das leisten. Die Ärzte haben uns nicht erklärt, was nach diesen zwei Wochen passieren soll und das muss man abwarten, gleichzeitig betonen sie, dass REHA-Plätze begrenzt sind. Was sollen wir denn machen? Zwei Wochen abwarten, damit sie dann noch drei Wochen auf eine weiterführende REHA warten muss? Macht doch so gar keinen Sinn. Schmeißen sie Oma nach den zwei Wochen REHA einfach raus? Und warum halten sich die Ärzte so bedeckt und halten alles schwammig? Uns ist klar, dass es noch einen Schlaganfall geben könnte. Aber wenn wir darauf warten und nichts unternehmen, hätten sie Oma gar nicht erst helfen brauchen. Was ist jetzt der Ablauf? Was passiert in der REHA?

Kann ich die Ärzte nach einer psychologischen Hilfe für Oma fragen? Denn wenn sie im Kopf aufgegeben hat, dann bringt jede Hoffnung nichts.

Ich habe Angst, wie es weiter gehen soll, wenn mein Mann und ich nächste Woche wieder arbeiten müssen. Dann kann ich nicht jeden Tag ins Krankenhaus. Ich weiß, dass ich auch ein eigenes Leben habe, aber das steht jetzt irgendwie hinten an. Ich fürchte mich vor dieser Verantwortung. Ich bin einfach irgendwie noch nicht bereit so viel Verantwortung zu tragen. Aber wenn nicht ich, wer soll es dann tun? Meine Tante muss irgendwann nach Bayern zurück, meine Mutter muss auch wieder nach Hause. Es bleiben zwar noch viele Bekannte und Freunde von Oma übrig, aber wie soll ich das alles koordinieren?
Sie soll doch keinen Tag alleine sein und sie will Gesellschaft, das hat sie ausdrücklich gesagt.

Was soll ich bloß tun?

Danke für eure Hilfe,

Kleiner Rabe

#2
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Unbekannt

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Wenn es an Geld nicht mangelt, dann stelle ein Kraft ein, die sie in diese Phase begleitet und aufpasst. Ich überlege es mir gerade auch. Das Pflegepersonal und Ärzte sind wirklich nicht das Gelbe vom Ei und ich fahre auch jeden Tag hin, was nicht immer viel bringt, weil wenn man weg ist, geht es mit den alten Trott weiter. Dann lieber jemanden der so viel wie möglich präsent ist. Ich weiss nicht wie oft ich mich wiederholt habe, bei der Wechsel in den nächsten Klinik. Die schreiben zwar meine Information auf aber lesen müssen die Pflegekräfte ja auch. Kommunikation und Austausch war wirklich sehr schlecht daher lieber Kontrolle und Präsenz. 

Wir hatten erst 3 Wochen Frühreha mit Verlägerung. Dann Reha wieder 3 Wochen mit Verlängerung. Die Verlängerung ist möglich wenn man Fortschritte beobachtet bzw wenn der Arzt es gut begrundet.


Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal bearbeitet, zuletzt von »Samsara« (23.07.2015, 12:47)
#3

jup11

Quarnbek, Deutschland

Hallo Kleiner Rabe,

normalerweise kümmern sich die Ärzte im Krankenhaus um eine Reha Einrichtung, da muss man oft das nehmen, wo gerade was frei ist.

Später kümmern sich die Ärzte der Reha Einrichtung um eine  Verlängerung der Reha, wichtig ist, das Oma bei den Therapien gut mitarbeitet, wenn weitere Fortschritte zu erwarten sind, wird die Reha auch verlängert. Möglichst mit den Ärzten sprechen, wenn die die Reha nicht verlängern wollen. Die Reha Einrichtungen haben eine Sozialstation, die einen dabei hilft, wie es denn nachher weiter gehen kann.

siehe auch:

http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/praevention/article/888846/praeventionskongress-reha-lohnt-bis-tod.html?sh=1&h=-1958787434

Es ist schon mal gut, dass Oma schlucken und sprechen kann. Wenn keine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht vorhanden ist, solltest ihr das jetzt machen.

Jürgen

http://www.schlaganfall-info.de/com/Drei_Jahre_danach.pdf

#4
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Unbekannt

Gelöscht

Danke für die schnellen, hilfreichen Antworten.

Oma ist jetzt in die Frühreha/Akutreha verlegt worden. Ihre mentale Verfassung wird besser, langsam, aber stetig. Sie will, dass es wieder funktioniert. Ihr sprechen wird immer voller und klangstärker. Sie kann schon wieder lächeln und macht auch Witze. Manchmal rutschen ihre Gedanken ins Negative. Bis jetzt wurden ihr nur wenige Übungen gezeigt, die macht sie aber fleißig. Das linke Knie kann sie (ab und zu?!) anwinkeln. Das macht ihr natürlich Mut. Der linke Arm baumelt noch vor sich hin. Sie hat ihren Appetitt wieder und bekommt manchmal schon richtige Kartoffeln und bissfestes Gemüse. Kann sie hervorragend zu sich nehmen.

Und wurde jetzt mitgeteilt, dass sie in diesen zwei Wochen Fortschritte machen muss. Was für Fortschritte wurde uns nicht gesagt. Aber ich finde für eine 86-jährige Frau mit halbseitiger Lähmung macht sie gute Fortschritte. Was passiert jetzt während dieser Reha? Setzen sie sie auch mal auf und wird sie dann auch mal anständig angezogen? Oma hat zwar noch einen Katheter, kann aber selbstständig Urin ablassen. Leider ist ihre Verdauung ins stocken geraten. Was passiert in der Akutreha? Wird sie richtig gefördert oder werden ihr nur weitere Übungen gezeigt und dann wird sie wieder sich selbst überlassen?

Ich werde morgen den Sozialdienst kontaktieren. Was passiert, wenn Omas Fortschritte nur sehr klein sind? Wird sie dann einfach entlassen? Keine Reha mehr? Ich habe mich schon um eine Kurzzeitpflege gekümmert, falls Omas mit Wartezeiten zu rechnen hat. Ich kann mich leider nicht um sie kümmern - sowohl beruflich als auch mental schaffe ich es nicht.

Was sind denn Fortschritte in einer Reha? Zählt dazu auch, dass sie wieder besser sprechen kann und ihr Knie anwinkeln kann und das nach zwei Tagen auf der Rehastation?

Liebe Grüße,

Kleiner Rabe

#5

jup11

Quarnbek, Deutschland

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