Mir fällt auf, dass man hier immer wieder über Fehler von Ärzten lesen kann. Ärzte machen mit Sicherheit ihre Fehler, doch sollte man nicht erst bei den Fehlern bei ihnen anfangen, sondern bei sich selbst und in seinem Umfeld.
Sind wir doch einmal ehrlich, haben wir nicht auch Fehler gemacht? 50 % aller Schlaganfälle könnten verhindert werden, wenn "wir" diverse Risikofaktoren und Vorboten ernster genommen hätten. Bei meinen bundesweiten Reisen bekomme ich immer wieder zu hören, dass oftmals erhebliche Risikofaktoren vorhanden sind, die aber nicht ernst genommen werden. Und wie das Schicksal nun mal so spielt, trifft es dann doch meist Personen aus den Risikogruppen.
Oftmals wird dann aus Unwissenheit und auch Falscheinschätzung nicht gleich richtig gehandelt. Es erfolgt ein Anruf beim Hausarzt, nimmt auch einen Termin Stunden oder Tage später in Kauf und schätzt die Situation völlig verkehrt ein. Es werden also schon eigene Fehler gemacht! Wird der Notdienst gerufen, so können wiederum Fehler gemacht werden. Das Rettungspersonal schätzt die Beschwerden und Symptome nicht so richtig ein und man kommt in eine Klinik die für einen Schlaganfall nicht die richtige Adresse ist. Wie der Zufall es dann meist noch so vorsieht, ereignet sich eine TIA bzw. Schlaganfall noch zu einem ungünstigen Zeitpunkt (Wochenende, Feiertage).
Ich selbst hatte meinen ersten Schlaganfall in einer Silvesternacht. Der Notdienst und auch der diensthabende Arzt in der Klinik hatten sich schon ihr Urteil gebildet bevor sie mich sahen. Also wieder ein Fehler. Ich muss eingestehen, dass in meinem Umfeld beim Schlaganfall (Ehefrau, Sohn, Freunde) keiner auf die Idee kam, dass ich einen Schlaganfall hätte. Mir war schon klar, dass im Gehirn was passiert ist, doch wie sollte ich es ihnen und dem Arzt in der Klinik mitteilen, wenn man völlig sprachlos ist? So wurde ich behandelt wie ein "Silvester-Alkohol-Opfer".
Wenn ich immer wieder im Forum lese, die Ärzte haben etwas nicht erkannt, haben Fehler gemacht und v.a. so kann ich mich mit den Aussagen nicht so richtig anfreunden. Ich musste z.B. wegen einer anderen Erkrankung neurochirurgisch Notoperiert werden. Mein Pech war, dass es sich um den Vatertag handelte und in dem Uniklinikum sich die Notarztwagen förmlich stauten. Ich musste lange auf meine OP warten, war aber dann froh dass endlich was unternommen wurde. Leider nicht zu meiner und zur Zufriedenheit meiner behandelnden Ärzte. Es wurden Fehler bei der OP gemacht, doch ich muss sagen, ich habe Verständnis dafür. Der Neurochirurg hatte OP-Dienst (alleine) von morgens 7 Uhr bis zum nächsten Tag 7 Uhr, also 24 Stunden. Und der
gute Mann hatte wegen dem Vatertag (auch Alkoholbedingt) eine Menge Arbeit. Wer kann einem solch gestressten Arzt einen Vorwurf machen, wenn er nach 20 Stunden Dienst im OP (oftmals mit Mikroskop), mal einen Fehler macht? Ich kann es ehrlich gesagt nicht.
Wenn man nach Fehlern sucht, dann sollte man m.E. bei den eigenen anfangen. Und wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, haben viele von uns auch ihre Fehler gemacht. Die Ärzte versuchen in der Regel schon das beste, nur ist es nicht immer leicht, innerhalb Sekunden oder Minuten die richtige Entscheidung zu treffen bzw. die Lage richtig einzuschätzen. Könnten sie das immer, wären sie wirkliche "Halbgötter" in weiß. Was mir auch noch aufgefallen ist eine öfters genannte Aussage von Betroffenen oder Angehörigen, der Arzt hätte das nicht erkannt. Dazu sollte man wissen, dass die technischen Voraussetzungen in den Kliniken nicht immer gleich sind. So gibt es leider erhebliche Unterschiede z.B. in der bildgebenden Diagnostik, wie älteren und neuesten CT´s und MRT´s.
Meine Zeilen sollen nun nicht den Eindruck erwecken, dass ich generell Fehler von Ärzten akzeptiere. Doch wer in diesem Beruf oftmals unter ungewöhnlichen Stresssituationen arbeiten muss, dem sollte man auch einen Fehler verzeihen, auch wenn meist die Folgen für den einzelnen oftmals sehr fatal sind.
Beste Grüße
Willi Daniels